Impulse

 

Wenn wir als Hörer antworten, wird es keinen letzten Atemzug für die Erzählung geben.

Wenn wir nicht antworten, stirbt die Geschichte!

Diese Tage sind gefüllt mit ebenso vielen erschütternden wie zugleich ermutigenden Nachrichten.

Aufgeschreckt sind viele Menschen über die offenkundigen Absichten einer deutschen Partei, ganz rechts.

Aufgeschreckt durch die unverhohlenen Absichten als stärkste Partei Deutschland wieder dorthin zu bringen, wo wir vor über 90 Jahren hin „geschlittert“ sind. Den Preis dafür haben damals Millionen Menschen mit ihrem Leben bezahlt.

Die Absichten dieser Partei sind ein Deutschland ohne Ausländer, ein Deutschland ohne Europa, ein Deutschland ohne Demokratie, ein Deutschland OHNE … vieles andere, was uns wahrhaft kostbar und teuer ist. Das kann nur eine Regierung hinbekommen, die OHNE Respekt und OHNE Menschenwürde die Macht für sich beansprucht.

In diesen Tagen lassen sich zugleich Menschen berühren und bewegen, die genau DAS nicht wollen. Wir stehen auf, tun uns zusammen, werden auf unseren Straßen sichtbar, um zu sagen, das wir ein solches Deutschland nicht wollen. In diesen Tagen gehen tausende Menschen in ganz Deutschland auf die Straßen und bekennen sich gemeinsam zur Würde des Menschen und dazu, das sie unantastbar ist.

Margot Friedländer, heute im Alter von 102 Jahren, ist eine der noch wenigen Zeitzeuginnen des 2. Weltkrieges. Sie sagt uns mit klaren Worten:

Es gibt kein christliches, kein muslimisches, kein jüdisches Blut, es gibt nur menschliches Blut! Es gibt nur MENSCHEN!

Die Geschichten der Vergangenheit wollen gehört werden, sie dürfen nicht verstummen, sie brauchen MENSCHEN, die nicht müde werden sie weiter zu- erzählen. Wenn wir wahrhaft Hörende sind, wenn wir die Geschichten wahrnehmen, aufnehmen und mitnehmen, werden sie weiterleben.

Sie müssen weiterleben, dürfen nicht verstummen, damit wir als Menschen das Leben schützen, es gestalten und uns nicht – aus welchen Gründen auch immer – dem Tod überlassen.

Wenn wir die Vergangenheit wortlos zurück lassen, wenn wir uns keine Geschichten mehr erzählen, werden wir keine Zukunft haben. Das kennen wir aus unseren unzähligen Familiengeschichten und wir kennen es von den Erzählungen Gottes, die seid Jahrtausenden weitergegeben werden. Wir leben heute von dem, was Generationen vor uns gelebt, gestaltet, erfunden, entdeckt, erlitten, an Freude und Glück erfahren haben.

Wenn wir sagen: „Gott schuf die Erde“, so sagen wir damit, das Gott schuf, schafft und schaffen wird. Das Gestern, Heute und Morgen, sie gehören untrennbar zusammen. Es gibt nur diese eine Zeit, auch wenn wir sie in verschiedenen Formen benennen.

Durch uns Menschen erfährt die Schöpfung, erfahren wir selbst, das, was hinter uns liegt, das, was gegenwärtig ist und das, was morgen sein wird.

Sind wir nicht leichtsinnig, leben wir nicht an der Oberfläche, sondern hören wir genau hin was uns erzählt wird und unterscheiden wir gut, wovon wir Leben gestalten können und wovon nicht.

Und nehmen wir uns das Wort aus dem Buch Deuteronomium zu Herzen – legen wir uns das Wort auf´s Herz, das Gott zu uns spricht:

Das Leben und den Tod habe ich dir vorgelegt,

den Segen und den Fluch!

So wähle das Leben, auf dass du lebst,

du und deine Nachkommen!“

Dtn 30,19

Sr.M. Josefa op

29. Januar 2024

 

 

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Die leisen Stimmen

Die leisen Stimmen

Wer kennt das nicht? Erster Januar, ein neues Jahr geht an den Start und mit ihm unsere Wünsche und Hoffnung auf eine bessere Zukunft, ebenso wie unsere Sorgen und Ängste vor all dem, was wir nicht in Händen haben und uns überraschen wird. Und da sind noch unsere guten Vorsätze, die wir im Laufe der nächsten Wochen und Monate erfahrungsgemäß wieder aus dem Blick verlieren werden oder auf die Zukunft verschieben.

All das ist mir vertraut, ist ein Teil von mir, jedoch ist es mir bisher nicht gelungen, damit meine Gegenwart und nahe Zukunft zu gestalten, weder zum 1. Januar noch zu einem späteren Zeitpunkt.

Doch es gibt etwas, was mich jeden Augenblick – besonders wenn ich nicht darauf eingestellt bin – sehr zu überraschen vermag: eine leise Stimme, die sich meldet, leicht zu überhören und dennoch hartnäckig wiederkehrend.

So eine lautlose Stimme, eine Einladung innezuhalten und genauer hinzuhören kann ich leicht ignorieren und vernachlässigen. Meine Erfahrung: sie ist ausdauernder und geduldiger, als mein angeblicher Widerstand sie zu überhören.

Es gibt auch die leisen Stimmen, die nur diesen einen gegenwärtigen Augenblick meinen. Wenn wir ihn verpassen, ist er endgültig vorbei und verloren. Dann bleibt uns das Bedauern über die Möglichkeit, die so nicht wiederkehrt. Jedoch liegt auch noch darin die Einladung, wenn wir das nächste Mal die leise Stimme in uns vernehmen, den Augenblick wahrzunehmen und zu tun, wozu wir uns gerufen fühlen.

Gott hört unser Rufen, unser Schreien, unsere Flüstern ebenso wie unsere wortlosen Gebete. Das haben nicht nur die Israeliten in der Sklaverei in Ägypten erfahren. Diese Erfahrung zieht sich durch die Jahrtausende unserer Geschichte. Doch auch Gott ruft, schreit und flüstert und spricht zu uns mit seiner leisen Stimme. Und so, wie wir uns danach sehnen das Gott uns hört und zuhört, so sehnt sich Gott danach von uns wahrgenommen zu werden.

Hören bedeutet Wahrnehmen, das Wahrgenommene aufnehmen und es mitnehmen. Es bringt noch kein neues Leben hervor, wenn ich es dabei belasse die leise Stimme wahrzunehmen, wenn ich nicht bereit bin, sie auch aufzunehmen und sie in einem letzten Schritt mitzunehmen. Das bedeutet, sie ins Leben hineinzuholen, ihr Leben einzuhauchen und Leben daraus zu gestalten, neues Leben!

Darum übe ich mich darin der leisen Stimme Raum und Zeit zu schenken. Ich will so lange hinhören, bis ich wahrnehme, was sie mir sagen will. Und ich bin entschieden die ersten Schritte zu gehen, damit ins Leben kommt, was Gottes leise Stimme Wirklichkeit werden lassen möchte. So habe ich Lust Zukunft zu gestalten, ganz unabhängig vom Beginn eines neuen Jahres.

1. Januar 2023                                                                                                                                    Sr. M. Josefa

 

 

 

 

 

 

Der Friede Gottes

Der Friede Gottes halte unseren Verstand wach und unsere Hoffnung groß und stärke unsere Liebe

Gerade in einer Zeit, in der wir von endlosen schlechten Nachrichten überflutet werden,

will uns der Advent aufmerksamer werden lassen für die Botschaft Gottes.

Wenn der Lärm der Welt auch noch so mächtig auf uns eindringt, so können wir die Tage des Advents dazu nutzen, für die leisen Stimmen des Himmels hellhöriger zu werden.

Viele Menschen sind heute voller Sorge angesichts der wirtschaftlichen Ungewissheiten,

die Kriege im Heiligen Land, Russland und die Ukraine, die Energiekrise, und noch viele weitere Krisenherde, die es auf der Welt gibt. All dieses bringt Elend, Leid, Trauer und Angst über die Menschen.

Der Frieden hat seinen Ursprung im Weihnachtsfest. Es ist das Fest des Friedens.

Doch wie finden wir zum Frieden?

Keinen Tag soll es geben, da du sagen musst: Niemand ist da, der mich mit Kraft erfüllt. Keinen Tag soll es geben, da du sagen musst: Niemand ist da, der mir die Hoffnung stärkt. / Und der Friede Gottes, der höher ist als unsre Vernunft, der halte unsren Verstand wach und unsre Hoffnung groß und stärke unsre Liebe.

Im Refrain dieses Liedes zitiert der Textautor Uwe Seidel die Bibel. Im ersten Brief an die Philipper heißt es: „Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, wird eure Herzen und Sinne in Christus Jesus bewahren.“ Ein Frieden, der über alle Vernunft hinausgeht. Wie das geht? Ich weiß, wie brüchig jeder Frieden ist, den ich selbst mache: mit mir, mit anderen. Und ich erlebe, dass auch der Frieden in der Welt brüchig ist: Trotz der langen Friedenszeit hier bei uns in Deutschland. Der Friede, den Menschen machen, der muss sich ziemlich heftig gegen alle Unvernunft zur Wehr setzen. Gottes Friede ist da eine Chiffre: Für einen Frieden, den ich ersehne, obwohl ich weiß, dass niemand in der Lage ist, ihn zu machen.

Weihnachten 2023 Frieden auf Erden! Die Engel singen das heute nicht wie damals,

bei offenem und hell erleuchtetem Himmel. Aber ihr Gesang ist in der Welt und die große Botschaft des Friedens für alle Menschen. Wir können es machen wie die Hirten:

Hingehen und schauen und vom Kind in der Krippe und der Friedensbotschaft Gottes erzählen.

Oder besser noch: Das Lied vom Frieden selbst singen. Die Engel würden sich freuen. Gott sowieso. Und natürlich das Kind in der Krippe.

15.12.23  Sr. M. Andrea op

 

 

 

 

 

 

 

Advent, das ist ...

Advent – das ist Bahnhof

Ja, sie hören richtig. Advent hat etwas mit Bahnhof zu tun. Und falls Sie in diesen Tagen eine halbe Stunde Zeit übrig haben, dann gehen Sie einfach mal an einen etwas größeren Bahnhof – und schauen und hören sie hin:

Menschen, die warten – dass ein Zug ankommt, ein Zug abfährt, manche ungeduldig, andere ganz gelassen.

Da steht einer, der sich auf das Wiedersehen mit einem Freund freut;

eine andere, müde und abgeschafft, will nur noch heim.

Da wird Abschied genommen – und willkommen geheißen. Da bricht einer auf, und da kommt eine nach Hause.

Das ist Advent.

Warten. Ungeduldig oder gelassen – je nach Typ.

Aber warten.

Auf die Abfahrt des Zuges – oder auf die Ankunft.

Aber warten.

Ankommen oder abfahren.

Advent heißt: Da kommt was. Da ist uns was zugesagt.

Da wird was geschehen.

Advent heißt: die Sehnsucht wachsen lassen – die Sehnsucht aufzubrechen und die Sehnsucht anzukommen.

Ja, Sehnsucht kann wehtun. Warten, hoffen, vertrauen.

Das ist Advent.

Wie sonst soll ich die Kraft bekommen, mein Leben zu gestalten, wenn ich falle wieder aufzustehen und weiterzugehen?

Advent – das ist der kahle Zweig

Es kommt wohl nicht von ungefähr, dass man am 4. Dezember, am Gedenktag der heiligen Barbara, Zweige schneidet und sie ins warme Wasser stellt, damit sie an Weihnachten blühen.

Das ist Advent.

Das ist die Hoffnung wider alle Hoffnungslosigkeit, das Vertrauen in die Kraft des Lebens.

Selten sieht ein Baum „toter“ aus als gerade im Winter, zumal wenn er vielleicht noch unter Schneebergen begraben, mit Eiszapfen verziert ist.

Und doch lebt in ihm das Leben, ist in ihm der Frühling und der Sommer verborgen. Da, wo wir Tod sehen, lebt das Leben.

Da, wo wir nichts mehr erwarten, wartet eine Knospe darauf zu erblühen.

Da, wo wir keinen Pfifferling mehr geben würden für das Leben, sammeln sich die Kräfte – um dann explosionsartig die Welt zu verzaubern und bunt anzumalen.

Das ist Advent.

In den Wurzeln die Kraft sammeln, um neu blühen zu können.

Advent heißt: sich auf die Wurzeln zurückbesinnen, um neu leben zu können.

Advent heißt: mich vom Außen ins Innen zurückziehen – damit Blüten blühen können, wenn es an der Zeit ist.

Das ist Advent.

Advent – das ist Leuchtturm

Leuchttürme wirken ausgesprochen beruhigend. In steter Regelmäßigkeit blinken sie ihr Licht in das Dunkel hinaus.

Wer unterwegs ist, kann seine Position bestimmen – und wer zu Hause ist, weiß, dass da einer wacht.

Das ist Advent.

Mich am Licht neu auszurichten – und gewiss sein, dass einer da ist.

Aber ein Leuchtturm ist kein Hafen. Das Licht, das mir den Weg weist, das mir die Zusage gibt, dass da einer wacht, will nicht mein Angekommen – Sein, sondern meinen Aufbruch, mein Weitergehen.

Das ist Advent.

Ein Licht im Dunkel, das mir den Weg weist, das mir sagt, da gibt es einen, der Wache hält. Weihnachten heißt nicht, angekommen zu sein, sondern neu aufzubrechen – weil es ein Licht gibt, das mir den Weg weist.

Das ist Advent –

Dieses Licht und seine Botschaft wahrzunehmen. Und sich für den Aufbruch bereit zu machen. Wohin möchten Sie gehen?

Viel

Leicht

Eine Verheißung

in den Ohren

einen Stern

vor Augen

meine Gaben

in den Händen

mache ich mich auf

den Weg

und weiß nicht

wo ich ankommen werde

Advent 2023

Andrea Schwarz

 

 

 

 

 

 

Die Sehnsucht hört nicht auf

Die Sehnsucht hört nicht auf

Warum ich einen Monat lang einen Weg gehe, der mit dem Zug (Salamanca – Santiago de Compostela) 6-8 Stunden dauert?

Warum gehe ich ihn bereits zum vierten Mal? Fragen, die mir gestellt werden und ich gerne Antwort darauf geben möchte.

Die Antworten sind vielschichtig und kein Weg gleicht dem anderen. Aber eines ist bei allen Wegen gleichgeblieben, es sind die Erfahrungen, die ich auf diesem Weg mache: unterwegs mit einem Rucksack und dem nötigsten, Herbergen suchen, Grenzerfahrungen machen, körperlich ausgebremst werden, Begegnungen mit anderen Pilgern und Pilgerinnen, Wetterbedingungen annehmen und ankommen….

Sich auf den Weg machen bedeutet immer wieder, aus dem Alltag aussteigen, loslassen. Einen neuen Weg wagen. Dabei auf mich selbst zurückgeworfen werden, auf meine Stärken und Schwächen, meine Bedürfnisse, Ängste und Möglichkeiten. Strapazen, Einsamkeit, Unvorhergesehenes fordert mich heraus.Ich lerne mir selber wieder auf die Spur zu kommen, werde aufmerksam für Neues, für die Schöpfung, werde offen für Gott.

Ein Reiz des Weges auf der Via de la Plata ist die Ruhe und Stille der Natur, in der ich als Pilgerin aufgehen kann, mich mit ihr verbinden. Hier kann ich dem Pilger- Boom entkommen und dem Trubel und spüre trotz allem das Erhabene, das über die alten Römerbrücken und davon gibt es viele, schon vor über hunderten von Jahren Menschen gepilgert sind. Hier entdecke ich noch das ursprüngliche des Pilgerns: Ruhe und Zeit für Innenkehr, wenig Pilger und wenig Kommerz, viel Natur und wenig Ablenkung vom Wesentlichen.

Was diesen Weg vor allen Dingen ausmacht, ist die große Weite am Horizont. Die weitestgehend ursprüngliche Natur und herausfordernden Wege. Dabei vereint der Jakobsweg die alte Via de la Plata, für uns von Salamanca, bis Granja de Moreruela sowie einen Teil des alten Camino Mozarabe, der von dort über Ourense nach Santiago führt.

Es ist der Reiz der Strecke, die vielen alten Römerstraßen und – brücken, die uns verbinden mit den Menschen früherer Zeiten. Bis auf die funktionale Kleidung und die bequemeren Schuhe, die besseren Unterkünfte hat sich seitdem nicht viel verändert. Tagsüber ist man der Sonne ausgeliefert und manchmal launischen Winden und tiefem Nebel, durchlebt die gleichen Höhen und Tiefen, kämpft mit trüben Gedanken, ist euphorisch oder leidet und kommt nur Schritt für Schritt voran. Die Fremde, was das Wort „pilgern“ eigentlich bedeutet, tut ihr übriges. Hier beginnt dann das, was man für das Leben lernen kann. Die Faszination der Weite erlebt man nicht nur auf dem Camino, sondern auch im Alltag, im täglichen Leben. Neue Lebensabschnitte, das Älterwerden zwingen uns dazu kreativ mit ungewohnten Situationen umzugehen, manchmal Pläne zu ändern, sich mit Einschränkungen auseinanderzusetzen. Wahrzunehmen, welche Lektionen der Lebensweg noch für mich bereit hält.

Nein, ich bin nicht fertig mit dem Camino. Er bewegt und begleitet mich. Ich bin nicht am Ziel und ich bin nicht fertig, eben immer noch „unterwegs“ und über eines bin ich mir auch sicher und hier teile ich die Meinung von Andrea Schwarz:

Die Sehnsucht ist nicht nur größer,

sondern geht auch weiter – und hört eben nicht

mit dem Ankommen in Santiago auf…

Sr.M. Andrea op                                                                                                                     

05. November 2023

 

 

 

 

 

 

Verklärung jesu und hl. Dominikus
Das Gemeinsame der Verklärung Jesu und dem hl. Dominikus  (Matthäus 17,1-9)

Sechs Tage danach nahm Jesus Petrus, Jakobus und dessen Bruder Johannes beiseite und führte sie auf einen hohen Berg. Und er wurde vor ihnen verwandelt; sein Gesicht leuchtete wie die Sonne und seine Kleider wurden weiß wie das Licht. Und siehe, es erschienen ihnen Mose und Elíja und redeten mit Jesus. Und Petrus antwortete und sagte zu Jesus: Herr, es ist gut, dass wir hier sind. Wenn du willst, werde ich hier drei Hütten bauen, eine für dich, eine für Mose und eine für Elíja. Noch während er redete, siehe, eine leuchtende Wolke überschattete sie und siehe, eine Stimme erscholl aus der Wolke: Dieser ist mein geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen gefunden habe; auf ihn sollt ihr hören. Als die Jünger das hörten, warfen sie sich mit dem Gesicht zu Boden und fürchteten sich sehr. Da trat Jesus zu ihnen, fasste sie an und sagte: Steht auf und fürchtet euch nicht! Und als sie aufblickten, sahen sie niemanden außer Jesus allein. Während sie den Berg hinabstiegen, gebot ihnen Jesus: Erzählt niemandem von dem, was ihr gesehen habt, bis der Menschensohn von den Toten auferstanden ist!

Dieses Evangelium ist uns sehr vertraut, jede von uns hat es schon einmal gehört. Das erste, was geschieht, ist, dass unser Auge auf das verwandelnde Licht gelenkt wird, das Jesus umhüllt. Die Geschichte lenkt unseren Blick auf die Herrlichkeit. Doch unser Ohr wird von der Stimme aus der Wolke angezogen. Die Klänge und der Anblick dieser Geschichte bewegen uns in sehr unterschiedliche Richtungen. Denn in dem Moment, in dem die Stimme unser Ohr erreicht, lenkt ihre Botschaft unseren Blick zurück auf die Person Jesu. Außerdem betont die Stimme, was sie in Jesus sieht und liebt, und das ist weder das Licht noch die Herrlichkeit.

Es ist das Geliebtsein.

Deshalb möchte ich Ihren Blick weg von der Mitte der Bühne lenke. Stattdessen möchte ich Ihre Aufmerksamkeit auf die andere Seite der Geschichte lenken, wo Petrus, Jakobus und Johannes zusammengekauert sind, fasziniert und verwirrt zugleich. Das ist unsere Seite der Geschichte. Denn es ist eine Geschichte zweier Verklärungen. Gegenüber dem Trio von Jesus, Mose und Elija gibt es eine Gruppe von drei Personen, die ebenfalls allmählich verklärt werden durch das, was sie sehen und hören. Und aus ihrer Mitte heraus spricht Petrus einen wichtigen Satz aus: »Rabbi, es ist gut, dass wir hier sind«.

Diese Geschichte erzählt uns recht anschaulich, wie Petrus, Jakobus und Johannes zu diesem verwandelnden Moment kamen:

Sechs Tage danach nahm Jesus Petrus, Jakobus und Johannes beiseite und führte sie auf einen hohen Berg.

Sie stiegen also mit Jesus auf den Berg und bewegten sich aus der alltäglichen Erfahrung heraus zu einem privilegierteren Moment auf dem Berggipfel, wo man einen größeren Überblick über das Leben und die Welt hat und ein wenig isolierter von der Hektik der Täler und Ebenen ist. Aber jeder der schon einmal auf einen Berg gestiegen ist weiß, das geht nicht ohne Anstrengung.

Und er wurde vor ihnen verwandelt; sein Gesicht leuchtete wie die Sonne und seine Kleider wurden weiß wie das Licht. Und siehe, es erschienen ihnen Mose und Elíja und redeten mit Jesus

Plötzlich erscheint der ihnen so vertraute Jesus in einem ganz anderen Licht. Seine ganze Erscheinung verändert sich, und sie sehen ihn von einer Seite, die sie noch nie erlebt haben. Mose und Elija erscheinen prächtig neben ihm, und zum ersten Mal erkennen die Jünger die weite Welt seiner Beziehungen, eine Welt, die deutlich größer ist als die, in der sie bisher mit ihm gewandert und gesprochen und das Brot gebrochen haben. Wie alle verwandelnden Erfahrungen lässt auch diese sie alte Dinge mit neuen Augen sehen, alte Beziehungen in einem neuen Licht.

Und Petrus antwortete und sagte zu Jesus: Herr, es ist gut, dass wir hier sind. Wenn du willst, werde ich hier drei Hütten bauen, eine für dich, eine für Mose und eine für Elíja.

Petrus übernimmt hier das Reden, aber er spricht im Namen seiner Gefährten und, auch für uns. Wer möchte einen solchen Moment hinter sich lassen? Wir sind uns der Bedeutung solcher Stunden sehr bewusst, dass wir wissen, es gibt hier mehr, als wir auf einmal erfassen und aufnehmen können. Wir brauchen Zeit. Wir müssen ein wenig verweilen. Petrus will drei Hütten bauen, weil er in dieser Erfahrung verweilen und diesen Moment festhalten will.

Immer wieder wird Petrus von Predigern für diese Haltung heftig kritisiert. Ich werde mich ihnen nicht anschließen. Schließlich bin ich genau wie er. Jeder Ort, der mich jemals »in seinen Bann gezogen« hat, hat mich dazu gebracht, drei Hütten bauen zu wollen, zu bleiben, zu genießen und auszukosten. An jedem Ort, bei jeder Gelegenheit und in jedem Moment, der mich in seinen Bann gezogen hat, habe ich nicht ein einziges Mal den Drang verspürt, wegzugehen.

Ich bezweifle ernsthaft, dass es die Aufgabe dieses Moments ist, gehen zu wollen. Die Frage könnte deshalb heißen: Was werden wir tun, wenn dieser Moment endet?

Ist es nicht möglich, nachdem wir gesehen haben, was wir gesehen haben, und gehört haben, was wir gehört haben, an andere Orte zu gehen, die weniger aufregend und kaum so überwältigend sind, und dennoch das Geliebtsein Christi zu suchen und zu sehen und zu benennen, so deutlich wie die Stimme, die aus den Wolken dröhnt? Ist es möglich, dass wir anderswohin gehen und trotzdem von den weniger überragenden Momenten und weniger dramatischen Orten des Lebens sagen: »Rabbi, es ist gut, dass wir hier sind«?

Ich mag diesen Petrus. Er ist uns so ähnlich. Sein Instinkt ist unser Instinkt, und unser Instinkt in diesen Momenten der Herrlichkeit ist es, zu versuchen, die Erfahrung einzufangen. Gleichzeitig wissen wir aber auch, dass wir diesen Moment nicht wirklich festhalten können, und wenn wir es versuchen ist es nie das gleiche. So bringen wir Wein aus dem Urlaub mit, aber er schmeckt zu Hause einfach nicht so gut. Wir bringen das Rezept für das Essen, das uns begeistert hat, mit nach Hause und kochen es in unserer eigenen Küche, aber es ist nie wirklich dasselbe. Warum eigentlich nicht?

Weil echte Momente der Verwandlung sich immer unseren Einkerkerungsversuchen entziehen. Wir können sie nicht festhalten.

Es funktioniert nicht in den Welten unserer Erinnerungen und nicht in unseren Videoclips, Selfies und Facebook-Posts. Welche Hütten wir auch immer bauen, sie können den reinsten, tiefsten Teil der verwandelnden Erfahrung nicht festhalten.

Wir müssen uns also an die verwandelnden Momente unseres Lebens erinnern und etwas genauer darüber nachdenken. Erinnern Sie sich an die Momente, in denen Berge zu Augenblicken des Geheimnisses und nicht nur Steinhaufen waren, in denen Frühlingsblüten zu uns von Gott sprachen, in denen das erste Wort eines Kindes so bewegend und bedeutsam war wie die zehn Worte vom Sinai, und ein Blick über den Frühstückstisch auf den Partner und Gefährten zu einem Fest der Offenbarung wurde?

Verweilen Sie dort, so lange Sie können. Verschwenden Sie Ihre Zeit nicht mit dem Bau von Hütten, sondern saugen Sie den Moment mit Augen und Ohren in sich ein. Werden Sie still vor Dankbarkeit. Dies sind Momente, die denen nicht unähnlich sind, die Petrus, Jakobus und Johannes erlebten. Und darin liegt die tiefe Wahrheit, der Hinweis, der das Geheimnis lüftet: Verklärungen finden nicht auf Bergen statt. Sie finden auch nicht in Parks oder an Straßenecken statt. Sie geschehen in uns.

Ich saß vor Jahren am Sterbebett einer Mitschwester, die ein letztes Mal ihre Augen öffnete und sagte: Danke, dass du mich nicht allein gelassen hast! Es war traurig, schmerzhaft und wehmütig. Wenn ich mich an diesen Moment erinnere, spüre ich, wie er mich immer noch verwandelt. Und ich kann immer noch sagen: Rabbi, es ist gut, dass ich hier bin.

Wie unsere biblischen Gefährten werden auch wir den Berg hinunterkommen und über eine Frage nachdenken: »was das sei: von den Toten auferstehen?« Verwandelnde Berggipfel-Augenblicke des Lebens tun das für uns und lassen uns mit Fragen zurück, die uns immer wieder aus dem Schlummer aufwecken, der unseren Geist zu erdrücken droht.

»Was kann dieses Auferstehen von den Toten bedeuten?« ist eine Frage, die uns aus Passivität, Gleichgültigkeit und Erstarrung gegenüber dem Leben, der Liebe und dem Mysterium aufwecken kann. Was kann diese Auferstehung von den Toten bedeuten, wenn wir wieder auf den gewohnten Wegen des Lebens wandeln und wieder unter so vertrauten Gesichtern und an so bekannten Orten verweilen?

Werden wir zulassen, dass diese Momente eine tiefe Leidenschaft, ein verzehrendes Feuer in uns wecken, das uns sie in einem neuen Licht sehen lässt?

Werden wir zulassen, dass eine Stimme aus der Wolke uns auf das Geliebtsein in der Welt hinweist, jenseits der Alltäglichkeit, die uns abstumpfen kann, so wie sie uns aufgerufen hat, das Geliebtsein zu sehen, jenseits der Herrlichkeit, die uns blenden kann?

Nikos Kazantzakis hat einmal geschrieben: »Gott ist nicht in Klöstern zu finden, sondern in unseren Häusern! Wo immer man Ehemann und Ehefrau findet, dort findet man Gott; wo Kinder und Kleinkram und Kochen und Streit und Versöhnung sind, dort ist auch Gott. Der Gott, von dem ich erzähle, der häusliche, nicht der klösterliche, das ist der wahre Gott.« (Die letzte Versuchung, Seite 70)

Das war auch die Erfahrung des heiligen Dominikus in Osma, jene kleine spanische Stadt, wo er als Kanoniker lebte. Man könnte sagen, auf dem Berg. Er ist dort Subprior des dortigen Domkapitels, von seinem Bischof und seinen Mitbrüdern geschätzt und geliebt. Er ist Wissenschaftler, Theologe und hat alle Möglichkeiten, sich in Ruhe seiner Arbeit zu widmen. Er hat sogar große Chancen einmal Bischof von Osma zu werden. Doch er spürt, auch wenn es gut ist hier zu sein, baut er keine Hütten, er steigt hinunter vom Berg, er verlässt seine wohlgeordnete Welt.

Denn eine große Sorge bewegt ihn, die ihn unaufhörlich in seinem Gebet beschäftigt hat: O Gott, meine Barmherzigkeit, was soll aus den Menschen werden? Was soll aus denen werden, die das Evangelium nicht kennen? Das Mitleid mit all jenen, die ohne die frohe Botschaft leben müssen, drängt ihn zum Abstieg in die Ebene des alltäglichen Lebens der Menschen. Er spürt in sich die Möglichkeit selbst etwas zu tun. Mein Gebet, mag es noch so brennend sein und aus tiefstem Herzen kommen, es kann zur Farce werden, wenn ich nicht selbst den entscheidenden Schritt tue. Es steht in meiner Hand aufzubrechen und die frohe Botschaft den Menschen in ihrem Alltag zu verkünden.

Die Sorge um das Heil der Menschen treibt ihn zu diesem Schritt. Die Betrachtung der Barmherzigkeit Gottes hat Dominikus zu einem barmherzigen Menschen gemacht. So steigt er hinab im Rückblick auf die Nähe Gottes und einem erneuerten Blick auf die Menschen. Mit dem Blick in die Herrlichkeit und einem verwandelten Anblick der Realität der Menschen.

Er sieht Gott im Angesicht von Männern, Frauen und Kindern, im Brot und im Wein das sie miteinander teilen, in einer Hütte die ihm Unterkunft gewährt und in einem warmen Gewand. Und mit Nicos Kasanzakis könnte Dominikus auch sagen:

„Ich habe dich gesehen, mein Gott. Ich verneige mich und bete dein geliebtes, Viel-Gesichter Gesicht an, mein Gott!“

Sr.M. Andrea op                                                                                                                           05. August 2023

 

 

 

 

 

 

 

Sommerabend an der Mosel

Sommerabend an der Mosel

Der Duft der Linden erfüllt die Luft des warmen Abends Ende Juni. Die Arbeit des Tages ist erledigt und wir haben uns mit einem Glas Wein in den Garten zurückgezogen. Durch das Babyfon ist das Brabbeln der Großnichte zu hören, die auch noch nicht ans Schlafen denkt. Vom Grundstück nebenan klingt leise Musik. Ein Winzer hat dort eine sommerliche Gartenwirtschaft eingerichtet, die unzählige Radler zum Verweilen einlädt. Kinderlachen und Gespräche begleiten das Gebrabbel des Babyfons.

Dann machen wir uns auf und verschwinden durch die Hecke zum Nachbarn; die Geselligkeit nebenan ist zu verlockend.

Es ist das erste Mal, das ich dieses Grundstück betrete; in meinen Kindertagen war es tabu. Um so einladender ist das, was ich jetzt erblicke: gemütliche Sitzgelegenheiten und Liegestühle, eine Schiefermauer wie in den Weinbergen, mit Sitzkissen und Tischen aus Weinfässern. Dahinter wachsen jede Menge Reben. Es gibt Spielmöglichkeiten für Kinder, und die zwei handgefertigten Schaukeln an einem uralten Kirschbaum, ähneln der Schaukel, die mein Vater mir vor 60 Jahren an unserem Kirschbaum angebracht hat. Dieser Garten hier wirkt in seiner Natürlichkeit wie ein Stück aus dem Garten Eden.

Mittendrin steht ein professioneller Weinstand und lädt zum Verweilen ein. Der Mann, der uns willkommen heißt, strahlt eine Freundlichkeit aus, die mich tief beeindruckt. Sein Akzent verrät mir, das er nicht an der Mosel aufgewachsen ist.

Dann entdecke ich die Weinkarte mit ausgefallenen Namen, neben den vertrauten einheimischen Rieslingsorten: „Heart Rosé“, „Würzgarten Vermounth“, „Pinot Noir Paradise“.

Was ist das? Meine Neugier ist geweckt!

Wir kommen ins Gespräch und meine „Kräuterseele“ begegnet einer anderen „Kräuterseele“ und ihrer Leidenschaft, Wein und Kräuter kreativ zu kreieren. Er strahlt Leidenschaft aus, für das, was er lebt. Hinter seiner freundlichen Gelassenheit glüht ein Feuer, das nur der Schöpfer selbst in ihn hineingelegt haben kann. Das ist es, was dieser Gastgeber ausstrahlt: Liebe und Leidenschaft zur Natur und ihren Gaben, verbunden mit einem weiten, freien und großzügigem Herzen. Wir probiere den „Würzgarten Vermounth“ und kosten „Wiesgraben Apéro“ und durch ihren feinen Geschmack hindurch fühle ich mich wie auf einer sommerliche Wiese, deren Duft mir den Gaumen entlanggleitet.

Der natürlich angelegte Garten von Philippe Grandbois, die Note der ausdrucksstarken, selbst kreierten Weine und seine persönliche Präsens sind wie ein Spiegelbild der Schöpfung.

Spät in der Nacht – wir haben seine Gastfreundschaft weit über die offizielle Öffnungszeit beansprucht – schlüpfen wir beschwingt durch die Hecke zurück auf unser Grundstück. Mein Herz ist erfüllt vom Wohlgeschmack einer beglückenden Begegnung und nur sehr langsam finde ich in dieser besonderen Sommernacht in den Schlaf.

Es gibt nur eines, was ich an diesem Abend bedaure: Gerne hätte ich auch seine Frau und die beiden Kinder kennengelernt; ein Grund wieder einmal in der Gartenwirtschaft einzukehren.

Später lese ich im Internet:

Unsere Philosophie ist es, die Natur unser Führer sein zu lassen. Wir verstehen, dass große Weinherstellung Zeit braucht. Wir arbeiten zusammen und kreieren Weine, die eine Geschichte erzählen.“                                                                                                                                 Tanja und Philippe Grandbois

Tanja und Philippe Grandbois lernten sich in den Weinbergen des Okanagan Valley in British Columbia, Kanada, kennen. Tanja ist eine erfahrene deutsche Köchin, Vermarkterin und Weinfachfrau. Philippe ist ein versierter kanadischer Gastronom, Sommelier, Barkeeper und auch ein hervorragender Vermarkter von Flüssigkeiten.“

27. Juni 2023

Sr. M. Josefa Bölinger op

 

 

 

 

 

Die Liebe seines Lebens

Die Liebe seines Lebens

„Es ist ein wohlig warmer, sonniger Nachmittag und Gott wandelt unter den Schatten spendenden Bäumen seines Gartens. Gerne erinnert er sich an den Anfang dieses paradiesischen Ortes. Es war die Zeit, als die ersten Samen zu lebendigen Pflanzen heran wuchsen und die Bäume fruchtbar wurden; damals, als das Lamm neben dem Löwen weidete und das Land von Frieden erfüllt war. —

In den ersten schöpferischen Tagen, als er in seiner Kreativität den Himmel und die Erde gemacht hatte, den Tag und die Sonne und die Nacht mit dem Mond und den Sternen, Licht und Dunkelheit, sah er, wie gut sie ihm geglückt waren. Und Lust erfüllte ihn sein Werk zu erweitern.

Er erinnerte sich an das trockene Land und das Meer und all die Lebendigkeit, die aus ihnen hervorkam. Einen großen Strom hatte er aufquellen lassen, aus dem vier kleinere Ströme durch den herrlichen Garten flossen und die Tiere tränkten und die Pflanzen bewässerten.

Gut war ihm sein Werk gelungen. Und Freude hatte ihn erfüllt.

Hier, in diesem Garten war er von Kreativität und schöpferischer Lust so erfüllt, das er sich in die Erde gekniet und „die Liebe seines Lebens“ geschaffen und ihr seinen göttlichen Atem eingehaucht hatte.

Sooo gerne erinnerte er sich an diesen besonderen, diesen heiligen Augenblick.

Und es war ihm eine unbeschreibliche Freude, ihr „der Liebe seines Lebens“, eine Partnerin zu gestalten, damit Seine göttliche Liebe sich vermehre und ständig weiter wachsen konnte.

Wie in einem Spiegel konnte er sich in ihren Gesichtern betrachten und die Freude darüber genießen.

Diesen beiden Menschen vertraute er sein Lebenswerk an, damit sie es behüten, bebauen und hegen und pflegen; damit es für alle Lebewesen fruchtbar bleiben würde.

Hier, in diesem Garten voller Lebendigkeit, voller Wärme, Gesang, Duft und Liebe waren sie miteinander spazieren gegangen und hatten aneinander grenzenlose Freude und tiefen Frieden empfunden.

Als Gott sich an diese Zeit zurück erinnerte, warf die Sonne einen Schatten auf sein Angesicht.

So sehr liebe er noch immer „die Liebe seines Lebens“ – die inzwischen zu ungezählten Menschenkindern herangewachsen war – dass neben der großen Liebe immerfort ein tiefer Schmerz sein Herz heimsuchte.

Es war sein Herzensanliegen, dass seine Menschen ihr Leben selbständig gestalten, ihre eigenen Entscheidungen treffen und jede ihren persönlichen Wege suchen, finden und gehen würde.

Er begegnet ihnen – bis heute – mit Ehrfurcht und Respekt, weil er sie liebt und während jedem Spaziergang durch seinen Garten

segnete er ihre Würde.“

Sr. M. Josefa op                                                                                                                                20. Juni 2023

 
 

 

 

 

Sommer-Café im Klostergarten

Sommer-Café im Klostergarten

Manchmal springt ein Funke über. So war es wohl auch, als ich von meiner langjährigen Idee erzählte, im Garten ein Café zu eröffnen. Bislang habe ich mich zurückgehalten, weil es doch auch mit etwas Auswand, viel Präsenz und jede Menge Unwägbarkeiten verbunden ist.
Mein Zuhörer jedoch war gleich „Feuer und Flamme“. Und so ist aus einem Gedanken, einem Gespräch mit einem aufmerksamen Zuhörer, etwas entstanden, was Menschen zusammen bringen kann, etwas was Gemeinschaft ermöglicht und der Einsamkeit mancher Menschen entgegen zu wirken vermag.
Was mich besonders freut, ist das Engagement mit dem ein Team von 9 Frauen und Männern es geschafft hat ein tragfähiges Angebot zu entwickelt, mit dem niemand überfordert ist.
Und so starten wir am Sonntag, den 21. Mai mit unserem ersten Sommer-Café im Klostergarten und freuen uns auf spontanen Besuch, auf nette Begegnungen, gute Gespräche an der frischen Luft – in der Sonne oder im Schatten – und auf eine erholsame Zeit im Klostergarten.
12. Mai 2023                                                                                                                                                          Sr.M. Josefa
 
 

 

 

 

Aus der Zeit gefallen

Aus der Zeit gefallen?

Früher wurde die Weihnachtszeit am 2. Februar beendet. In unserer Zeit, die so schnell unterwegs ist, können wir uns das kaum noch vorstellen. Da manche Tannenbäume ja auch schon mit dem 1. Advent in die Wohnung einziehen, rieseln die Nadeln auch zeitiger. Es braucht wenig Phantasie um sich vorzustellen, wie der Tannenbaum dann am 2. Februar aussehen würde.

Der 2. Februar ist dennoch etwas Besonderes. Dieser Tag ist zwei Menschen gewidmet, die aus der Zeit gefallen zu sein scheinen, zwei alten Menschen.

Da ist der alte Simeon, oder Hugo, Erik, … den die Sehnsucht nicht loslässt. Er ist einer von jenen, die wohl nie aufgeben, einer von denen, die immerzu warten und hoffen, die Ausschau halten und in ihrem Suchen ihre Müdigkeit überwinden. Erstaunlich, wenn man bedenkt, das durch diese Adern nicht das frische Blut eines jungen lebenshungrigen Mannes fließt. Gerecht wird er genannt, das will doch sagen, das er ein Gespür dafür hat, was dem Leben dient, was ihm und den Menschen in seinem Leben dienlich ist. Wohlwollend und Friede suchend stelle ich ihn mir vor. Und da ist noch etwas, was ihm nachgesagt wird: Ein von heiligem Geist Erfüllter soll er gewesen sein, einer von jenen, die erfahren haben, das es mehr gibt zwischen Himmel und Erde, als wir mit bloßem Auge sehen können. Ganz nah dran, mit dem Herzen, ist er seinem Gott.

Seine Sehnsucht treibt ihn Tag für Tag aus dem Haus, durch die Straßen der Stadt und hinauf zum Tempel. Er kann es nicht lassen, will es auch nicht; er ist auch ein Getriebener.

Und da ist das Wort in seinem Ohr, jenes Große, das ihm zusagt, das ER kommt, jener, der dem Volk verheißen ist. Auf ihn zu warten – seit Jahrhunderten – ist das eine; die Zusage im Herzen, ihn zu sehen bevor der Tod ihn mitnimmt, ist etwas anderes. Verheißungen sind langfristig angelegt, sie erfordern Geduld, unsere Bereitschaft die Sehnsucht nicht abzuschreiben und wach zu bleiben. Nicht für ein paar Monate oder einige Jahre, nein, es kann ein ganzes Leben kosten, nicht aufzugeben.

Und dann ist er da! Jener ersehnte Augenblick wird Wirklichkeit. Der alt gewordene weise Mann, Simeon, …… sieht ihn auf sich zukommen und erkennt in dem Kind auf den Armen seiner Mutter, JENEN, der uns allen als Licht verheißen wurde. Seine alten Hände können nicht anders, als dieses Kind in die Arme zu schließen, es an sein Herz zu legen und Gott zu loben für sein staunenswertes Tun.

Und da ist die Frau, ebenso hochbetagt und voller Sehnsucht, wie der Mann. Prophetin wird sie genannt, aus priesterlichem Haus. Ihr waren nur wenige Jahre in ehelicher Gemeinschaft vergönnt. Hanna ist ihr Namen, oder Elisabeth, Margret, Hedwig ……!

Im Vorhof der Frauen ist sie eine ständig Gegenwärtige. Auch sie kann und will es so und nicht anders. Gebet ist ihr Leben, der Tempel ihre Bleibe!

Wen wunderts, das auch sie IHN wahrnimmt? Sie weiß um IHN und kommt herbei. Und nun, da ER gekommen ist, hält sie sich nicht zurück. Es will aus ihr heraus, das Wort der Verkündigung; ganz und gar erfüllt ist sie davon. Und all jene, die den Verheißenen erwarten, mit ihren Vorfahren seid Jahrhunderten warten, all jene die voller Sehnsucht und Hoffnung unterwegs sind, lässt sie hören, wen ihre Augen sehen und ihr Herz erspürt, IHN, der ihnen verheißen wurde.

Zwei alte Menschen, wirklich aus der Zeit gefallen? Oder doch wohl viel tiefer in der Zeit als vorstellbar. Ihre Augen sehen was ihre Herzen ein Leben lang gesucht haben, das Kind, das die Zeit erfüllt und Licht der Welt genannt wird.

2. Februar 2023 Sr.M. Josefa op

 

 

Was wir von den Sterndeuet lernen können

Was wir von den Sterndeutern lernen können

Wir glauben an einen Gott, der sich weigert, uns der Dunkelheit und der Verzweiflung zu überlassen. Ist dem wirklich so?
Was wir derzeit im Land und in der Welt erleben, raubt uns Lebensfreude, Kraft und Mut, macht Angst und lässt nicht wenige Menschen verzweifeln. Die gesellschaftlich-politische Lage könnte uns umhauen, wenn da nicht die uralte Erzählung von den Sterndeutern wäre.
Sie sind längst auf dem Weg, bevor das Kind zur Welt kommt, weil sie ein Zeichen am Himmel gedeutet haben. Sie greifen nicht nach den Sternen, sondern forschen nach der Bedeutung der Lichtzeichen, lassen sich von ihnen in Bewegung bringen. Sie lassen sich auf neue Erfahrungen ein und behalten die Hoffnung, als sie den Wegweiser-Stern aus dem Blick verloren haben.
Kennen wir das nicht auch, dass wir uns manchmal im Kreis drehen und nach der Richtung suchen, die uns zum Lebensziel führt?
Als die Sterndeuter der biblischen Geschichte ihren Stern aus dem Blick verloren hatten, waren sie sich nicht zu schade, bei Fremden anzuklopfen und um Hilfe zu bitten. Und das, was sie hörten, brachte sie wieder auf den Weg, wobei sie sorgsam die Lüge von der Wahrheit unterscheiden mussten.
Mich erinnert ihre Erfahrung an Menschen unserer Tage, die sich nicht zu schade sind, bei Fremden anzuklopfen und ihre Hilfe in Anspruch zu nehmen. Und an die vielen offenen Türen und Herzen, die sich unermüdlich auftun und Hilfe ermöglichen. Ich sehe uns dabei auf dem Weg hin zum Kind, das wir in der Armut des Stalls und unseres Herzens finden werden.
Wir jammern viel über „schlechte Zeiten“. Ja, wir stehen vor großen Herausforderungen; Veränderungen kündigen sich an, die unseren Mut, unser Engagement, unser Umdenken und Handeln, die das Beste in uns wachrütteln und aus uns herauslocken möchten. Wenn wir auf dem Weg bleiben, der uns vom Himmel gewiesen wird, werden wir – wie die Sterndeuter – das „Lebens-Kind“ schon finden.
18. Dezember 2022
Sr. M. Josefa op

 

 

Auf dem Weg nach Weihnachten

Auf dem Weg nach Weihnachten

Ich gewinne in den letzten Jahren immer mehr den Eindruck das wir moderne Menschen, nicht über ein sentimentales Verständnis von Weihnachten, als „warten aufs Christkind“ hinauskommen.

Doch die Botschaft von der Menschwerdung Gottes in Jesus Christus richtet sich an Erwachsene und ist von großer Bedeutung. Denn in der Menschwerdung liegt Erlösung, weil Gott schon mit der Geburt Jesu deutlich macht: Er ist auf unserer Seite und es ist gut ein Mensch zu sein.

Es wird mir immer bewusster, wie sehr diese Erde ein erwachsenes Christentum und die tatsächliche Botschaft Jesu braucht und wie wenig wir es zulassen dürfen, dass Weihnachten und die Adventszeit als Vorbereitung auf dieses großartige Fest in irgendeiner Weise verharmlost und verwässert werden.

Jesus selbst verstand den Inhalt seiner Botschaft als Anbruch dessen, was er das „Reich Gottes“ nannte. Wir dagegen geben uns vielfach mit der Botschaft zufrieden, ein süßes Kind sei gekommen. Eine Botschaft die uns wenig abverlangt an Hingabe, Begegnung, oder Studium der biblischen Schriften.

Sentimentalität im Sinne von Rührseligkeit kann eine Form davon sein, dass wir eine wirkliche Beziehung vermeiden oder sie durch Emotionalität ersetzen. Das kennen wir auch in unseren zwischenmenschlichen Beziehungen.

Das Wort Gottes führt uns die Wirklichkeit vor Augen, weist uns den Weg zur Umkehr und schenkt uns Stärkung und Trost – und zwar in dieser Reihenfolge. Die Herausforderungen durch Leid, Ungerechtigkeit, Krieg und Zerstörung des Planeten sind derzeit so gewaltig, dass wir es uns einfach nicht länger erlauben können, uns mit einer Botschaft für die Kinderstube oder einem harmlosen Christkind zufriedenzugeben. Genau genommen war das schon immer so.

Wahrhaft gelebter Advent lädt uns ein, wieder innerliche Menschen zu werden. Der Beter des Psalm 63 spricht: „Gott, du mein Gott, dich suche ich, meine Seele dürstet nach dir.“ Der Advent ist die Zeit der Hoffnung auf das wahre Heil das kommen wird und dies wird tiefer und weiter sein als Wohlfühl-Stimmung.

Doch wie halten wir die Hoffnung hoch und wo können wir das Göttliche, ja Gott selbst finden?

Diese Frage lege ich uns allen in dieser Adventszeit ans Herz und schenke Ihnen eine Antwort von Reinhold Stecher:

Gott landet leise.

In allen Religionen der Erde ist Stille und Schweigen der Ort,

wo der Mensch dem Göttlichen begegnet.

Das Unsagbare taucht in der Seele erst auf,

wenn alles Laute, Oberflächliche, Vordergründige,

Belanglose, Unwichtige zurück tritt.

Gott landet leise.

Nicht nur in der Krippe, auch in unseren Herzen.

In diesem Sinne wünsche ich Euch und Ihnen einen gesegneten Advent.

Sr. M. Andrea

 

Klima und Wandel

Das Klima wandelt sich – und wir Menschen?

Derweil ich hier sitze und schreibe – es ist Freitagabend und die Arbeit der Woche (fast) geschafft – fallen die letzten Sonnenstrahlen über die Wiese und lassen die Bäume in einem warmen Licht durchsichtig erscheinen. Es ist Spätsommer und die Hitze des Sommers ist einer milden wohltuenden Wärme gewischen. Regen läßt die vertrockneten Wiesen wieder grünen und die Regentonnen im Garten sind wieder zum überlaufen voll. Gerade erscheint die Welt als wäre sie heil und gesund; vergessen die Nöte der Trockenheit und des Wassermangels der letzten Monate. Der Altweibersommer erscheint in seinem schönsten Gewand.
Dennoch: Auch wenn wir die Trockenheit dieses Sommers zurücklassen, so kann uns doch nichts darüber hinwegtäuschen, das unsere Welt sich wandelt. Das Klima wandelt sich nicht erst seit diesem Sommer und um die Folgen wissen wir schon seit Jahrzehnten.
Es gibt noch ein anderes Klima, das im Wandel zu sein scheint. In unserer Gesellschaft sieht es auch nach einem Klimawandel aus. Die Nachrichten verschweigen uns (fast) nichts. Es ist rauher geworden und zugleich hitziger, weniger Wärme und mehr Stürme fegen über die Erde. Politisch, wirtschaftlich, gesellschaftlich und auch kirchlich können wir Veränderungen des Klimas wahrnehmen.
Da drängst sich mir die Frage auf: Was kann ich dagegen tun?
Überlasse ich es all denen, die ja „offiziell“ Verantwortung übernommen haben für die Gesellschaft und die Kirche?          Oder gilt immer noch das Bild von dem kleinen Stein, der ins Wasser fällt und weite Kreise zieht? Bin ich als einzelner Mensch nicht auch verantwortlich für das, was um mich herum geschieht?
Gemessen an der großen weiten Welt mit all ihren „Mächtigen“ mag es hoffnunsglos erscheinen, als Einzelne einen entscheidenden Beitrag am Klima und seinem Wandel leisten zu können. Trotzdem gebe ich nicht auf. Wenn ich nur an die großen Ereignisse der vergangenen zwei Jahre denke – an den Ausbruch der Pandemie und an die Flutkatastrophe letzen Sommer – dann kann ich sagen, dass meine Hoffnung noch lebendig ist. „Ströme“ helfender Hände wurden (bis heute) nicht müde Hilfe zu ermöglichen. Wenn es drauf ankommt sind wir füreinander da!
Das erlebe ich auch im Alltäglichen! Familien, die sich gegenseitig unterstüzten und in der Not zusammen halten, Nachbarn, die aufeinander acht geben, Ehrenamtliche, die für Kinder Schulbrote machen, Engagierte, die für Alte und Einsame Begegnungen organisieren usw…. Und es sind all die kleinen – oft unscheinbaren – Dinge, die unsere Klima verändern wie das Zuhören, das gute Wort im richtigen Moment, ein Lächeln, eine Ermutigung, das Verzeihen einer Schuld, der Besuch eines kranken Menschen, ein wenig verschenkte Zeit….
Ich möchte all das nicht aus dem Blick verlieren, denn Menschen die so leben sind es, die mir Hoffnung und Vertrauen schenken.
Es ist an uns das Klima zu wandeln – wir können es, wenn wir wollen!
17. September 2022
Sr. M. Josefa op
 

 

 

 

 

Gartenfest und Jubiläum
Kloster-Garten-Fest und 10 Jahre Leben in St. Dominikus Meckinghoven

Am 15. August feiern wir Mariä Himmelfahrt. Dem Glauben nach ist Maria an diesem Tag mit Leib und Seele in den Himmel aufgenommen worden. 

Es ist Brauch, an Mariä Himmelfahrt Sträuße aus Blumen und bis zu 77 Kräutern zu segnen. Traditionell besteht der Kraut-Wisch aus sieben Hauptkräutern: Wermut, Kamille, Johanniskraut, Salbei, Königskerze, Spitzwegerich und Arnika.

Diese werden getrocknet, zu Hause aufgehängt und sollen die Gläubigen vor Unglück, Krankheit, Gewitter und Feuer schützen. Jede Pflanze hat dabei eine Bedeutung und einen symbolischen Charakter: Salbei beispielsweise steht für Wohlstand und Erfolg, Kamille für Glück und Liebe, die Rose für Maria, die Mutter Jesu.

Auch wir haben traditionsgemäß im Garten von St. Dominikus Kräutersträuße gesegnet. Zahlreich waren die Besucherinnen und Besucher, die unsere Einladung angenommen haben und aus den unterschiedlichsten Orten gekommen waren.

Verbunden haben wir dieses Fest mit einem kleinen Jubiläum. Wir können es selbst kaum glauben, aber wir sind bereits 10 Jahre in Meckinghoven.

Im Dezember 2011 sind wir hierhergekommen, ohne genau zu wissen was uns hier erwartet. Unser Anliegen war es – und das ist bis heute so geblieben – mit Menschen den Glauben zu leben und für ihre Bedürfnisse offen zu sein. Zuerst waren es die 3 Orte unserer Pfarrei, in denen wir den Menschen begegneten, doch schon sehr bald erweiterte sich der Kreis.

2016 haben wir Lebensquell ins Leben gerufen. Wir glauben, dass Gott uns, seinen Menschen, Wert, Würde und Sinn schenkt, dass er uns liebt und uns von Anbeginn an gewollt hat. Dessen wollen wir uns immer wieder in unterschiedlichen Angeboten bewusst werden.

Ausgehend von unserer eigenen tiefen Sehnsucht nach Leben, nach Begegnung und nah an den Menschen, suchen wir die Geschichten Gottes mit unseren eigenen Geschichten zu verweben.

Dazu machen wir Angebote wie die Abendgedanken in der Advent- und Fastenzeit, Bibel-Café, Meditationstage, Aschermittwoch der Frauen, Wort&Weise, aber auch Malen für die Seele, Brunnentage, Bibliodrama und die Angebote im Klostergarten.

Wir sind allen sehr dankbar, die uns ermöglicht habt „das Volk zu sammeln, die Geschichten zu erzählen und das Brot zu brechen.“

Wir sind schon oft gefragt worden, warum tut ihr das?

Unsere Antwort ist relativ einfach: Wir tun es, weil wir die Geschichten Gottes erzählen wollen! Die Geschichten Gottes liegen uns so sehr am Herzen, das wir ihretwegen all die Mühen auf uns nehmen.

Mit einer Geschichte von John Shea möchte ich diese Frage beantworten:

„Dies ist eine der Geschichten, die mir erzählt worden sind:

Wenn ihr alle Wälder, die es je gab, abholzen, würdet

und ihr alle Bäume all der Wälder, die es je gab, nehmen würdet

und sie in Papier verwandeln würdet,

und ihr dann alle Tinte, die es je gab, nehmen würdet

und alle Federn, die es je gab nehmen würdet

und sie eintauchen würdet in all der Tinte, die es je gab,

und sie in die Hände aller Schreiber, die je geschrieben haben, legen würdet, sie könnten nicht alle Dinge niederschreiben, die Jesus von Nazareth tat und sagte, als er unter uns im Fleisch lebte.

Aber ich erzähle euch diese Geschichten, damit wir leben können.

Ich habe ihn nie gesehen,

ich habe ihn nie gehört.

Ich habe ihn nie berührt.

Aber es gab diejenigen, die dabei waren,

die ihn sahen und hörten und berührten.

Und sie erzählten anderen.

Und andere erzählten anderen.

Und andere erzählten wieder anderen.

Bis endlich jemand mir erzählte,

und nun erzähle ich euch,

damit auch ihr anderen erzählen könnt.

Seht ihr, deshalb wird es nie ein Ende geben.“

Josefa und ich werden die Geschichten weiterhin mit und für Euch erzählen, damit wir Leben in Fülle haben können.

Le`chaim! Auf das Leben!

August 2022                                                                                                                         Sr. M. Josefa op

 

 

Rhythmisch leben

Rhythmisch leben

Jeder Mensch braucht ein Stück Natur, wie klein es auch immer sein mag, so dass er in Kontakt mit der Erde und deshalb mit etwas Tieferem in ihm selbst bleibt.“ (C.G. Jung)

So wie in diesem Jahr habe ich es in meinen über sechs Lebensjahrzehnten noch nie gespürt: Der Rhythmus der Natur vermag den Rhythmus der Seele zu spiegeln.

Es war mitten im Winter – zu Beginn des neuen Jahres, gleich Anfang Januar – als mich ziemlich unvorbereitet seine Kälte heimsuchte. Ja, es fühlte sich wie eine Heimsuchung an. Ich war unvorbereitet, unangenehm überrascht und fühlte mich maßlos überfordert. Wie konnte das sein, das mich Etwas, was ich nicht in Worte zu kleiden vermochte, so hart traf und mich aus der Bahn zu schleudern drohte.

Nein, um es ehrlich zu sagen, „ES“ schleuderte mich aus der Bahn und in der dunkelsten Jahreszeit, mit dem wenigsten Sonnenlicht und der meisten Kälte spürte ich tief in mir Dunkelheit und Leere und fror.

Im Garten hielt sich die Erde bedeckt, auch ohne glitzernde Schneedecke, oder gerade weil es nicht glitzerte, sah er trist und öde aus.

Es vergingen dunkle Wochen der Irritation, von innerer Schwere und Unlust, bevor ich damit begann genauer hinzuschauen, um herauszufinden, wie ich diesen unangenehmen Zustand überwinden könnte. Ich buchte ein Online Seminar, ein Wochenende im Februar, eine Lebensentdeckungsreise, bei der es um Lichtungen ging und darum, die Schwelle zwischen dem Winter und dem Frühling wahrzunehmen und zu gestalten. Die ersten Schritte führten uns in die Kälte und Dunkelheit der Nacht. Nein, es war nicht unangenehm, nicht beängstigend. Wie einen Schutzraum habe ich den dunklen Garten empfunden.

Am anderen Tag sollten wir – mitten im Winter – die ersten Spuren neuen Lebens entdecken. Und tatsächlich, es gab sie! Zartes, wachsendem Leben im nasskalten Februar und wärmende Sonnenstrahlen weckten in mir die leise Hoffnung, dass auch mein Zustand etwas Neues hervorbringen könnte.

Und tatsächlich, durch eine einfache Übung entdecke ich, was mir das Herz so schwer hat werden lassen. Doch das erste Anzeichen von neuem Leben brauchte noch meine Aufmerksamkeit, Wärme und Pflege, damit das Neue wachsen konnte.

Und Jede, die einen Garten hegt und pflegt, kennt die Langsamkeit, mit der wir Wachstum wahrnehmen. Wir sehen nicht alles, was geschieht, denn obwohl es gedeiht, wächst es zunächst im Verborgenen.

So habe auch ich es in mir selbst erlebt, tief innerlich in meiner Seele. Tage, Wochen, ja Monate gingen ins Land, bis ich eine neue Lebendigkeit spüren konnte. Beinah hatte ich sie schon nicht mehr erwartet, da zeigte sie sich. Im Verborgenen war sie gewachsen und erblüht. Und es waren die ersten Wochen im Juni – während der länger werdenden Tage und den kurzen der Dunkelheit – als mich ein Freund darauf aufmerksam machte, was in den beharrlichen Monaten des Frühjahres und ganz besonders im blühenden Mai an Wandlung geschehen war.

Wie sich Gärten und Wälder, Landschaften und Seen vom kalten Winter bis zum Frühsommer entfalten und ihre blühende Schönheit offenbaren, so durfte ich in diesem ersten Halbjahr mich selbst erleben. Dabei habe ich meine Grenzen gespürt, die frostigen Nächte ebenso wie die unverhoffte Hitze des Aprils und die Trockenheit im Juni. Der Monat März war in diesem Jahr besonders schmerzhaft und von Verlust gekennzeichnet. Diese Erfahrung bleibt wohl noch lange meine stille Begleiterin.

In mir ist in den vergangenen Wochen eine Ahnung gewachsen, wie sehr besonders die Erfahrungen, die uns aus der Bahn zu werfen scheinen, Wachstumsprozesse fördern und in ihrer steten Begleitung uns tief hinein zu führen vermögen, zu unserem innersten Wesen, zum Kern unseres Selbst.

Das Hochbeet im Gewächshaus beherbergt Tomaten- und Kürbispflanzen und ihr prächtiger Wuchs verdanken sie in erster Linie dem Pferdemist, der ihr erstes Wachstum förderte.

Mein Blick zurück an den Anfang dieses Jahres erfüllt mich – hier in der Mitte stehend – mit Dankbarkeit und Demut. Es ist die Demut, geführt worden zu sein, dorthin, wo ich aus eigener Kraft wohl niemals hätte hin finden können. Diese Fülle und Schönheit können wir nicht machen, uns nicht erarbeiten; wir können uns jedoch führen und beschenken lassen.

Das Jahr ist noch nicht zu Ende und ich gestehe, das ich eine Erwartung in mir hege. Die Früchte sind noch nicht reif, Wachstum noch nicht vollendet, der Herbst will sich noch zeigen. Gerade in der Hitze des Sommers ist Pflanzenschutz angesagt und wir brauchen einen achtsamen Blick auf das, was Früchte hervorgebracht hat, damit sie reifen können.

Ausdauer und Geduld fordern mich dran zu bleiben und nicht frühzeitig die Hände in den Schoß zu legen. Zugleich brauche ich einen veränderten Rhythmus, da die Hitze des vollen Tages mich müde macht und mich nötigt anzuhalten. Die Frische des Morgens und der sommerlich warme Abend ermöglichen mir Bewegung und sorgsamen Umgang mit anderen und mir selbst.

Ja, es ist und bleibt eine Herausforderung, hineinzuhören was die Stunde braucht. Und zugleich blüht meine Seele auf im Wechsel der Jahreszeiten, im geordneten Rhythmus von Nacht und Tag, Schaffen und Ruhen.

Eng ist die innere Verbindung der Natur, der Schöpfung mit mir als Geschöpf. Wir gehören untrennbar zusammen, haben wir doch den gleichen Schöpfer.

30. Juni 2022                                                                                                                         Sr. M. Josefa op

 

 

...Wir aber hatten gehofft...
„…wir aber hatten gehofft…“
so lesen wir es im Lukasevangelium im 24. Kapitel von den beiden Jüngern auf dem Weg von Jerusalem nach Emmaus. Alle Hoffnung war weg, was sollten sie jetzt noch in Jerusalem?
Diese Situation kennen viele Menschen, heute besonders die Menschen in der Ukraine.
Wir leben in einer Zeit, in der wir uns von Krisen überrollt fühlen. Unser Vertrauen in die Zukunft ist erschüttert, zwei Jahre Pandemie, wir sind geschockt vom Krieg in der Ukraine und besorgt wegen des Klimas und unserer Erde, so haben wir Ostern 2022 gefeiert.
Wie können wir da zu neuem Leben finden, zum Aufatmen?
Auf der Suche wie die Ostersonne aufgehen kann in unserem Dunkel, hören wir ein Osterevangelium, indem der Auferstandene erst Mal nicht erkannt wird. Der, um den es geht, ist ein Fremder.
Lukas beschreibt, wie zwei der Jünger sich enttäuscht von Jerusalem abwenden. Sie gehen weg vom Ort ihr Enttäuschung. Sie möchten die Vergangenheit hinter sich lassen. Aber sie sprechen noch miteinander. Sie tauschen sich aus über all das was sich ereignet hat, man könnte auch sagen, sie versuchen zu verarbeiten was sie gesehen und gehört haben. Weil sie nicht einfach verstummt sind und die Augen nicht vor dem verschließen, was geschehen ist, kann Jesus dazu kommen und im mit gehen, in ihr Gespräch eingreifen und es in eine andere Richtung führen.
Wenn wir zusammen durch eine Krisenzeit gehen, und uns manchmal in die falsche Richtung bewegen – wie die Jünger, die sich vom Ort der Auferstehung weg bewegen – erachten wir vieles für bedeutungsvoll und wichtig: Krisenmanagement, Planung, Kompetenz, Entscheidungsfähigkeit und Lösungen. Ich glaube, dass sie nötig sind für einen Krieg oder eine Pandemie, aber wird das reichen?
Die biblische Erzählung sagt uns: Hier sind zwei Jünger, schwer getroffen von einer Krise, und sie besitzen nichts von alledem. Das beschreibt wohl auch die überwiegende Mehrheit von uns zurzeit. Wir sind nicht alle Ärzte, Virologen, Generäle oder Politiker. Wer einen Weg des Lichtes gehen will, der muss etwas lernen, was gerade in diesen Tagen besonders wichtig ist, aber meistens nicht auf der Liste der Krisenbewältigung steht: die Kunst des gegenseitigen Erzählens.
Diese Kunst ist lebenswichtig und lebensnotwendig. »Sie sprachen miteinander über all das, was sich ereignet hatte«. Es geht um das Gespräch, das wir brauchen, wenn das Leben uns nicht gelingt, wenn alles dunkel ist, wenn alle Hoffnung verloren scheint, wenn nichts mehr geht und wir nicht mehr weiter wissen, obwohl wir gezwungen sind, weiter zu gehen.
Jesus kommt als Fremder dazu, er hört den beiden erst einmal zu. Denn egal wie schlimm, dunkel, hart und niederschmetternd die Erfahrungen waren, das gegenseitige Erzählen ist so wichtig. Sonst kann eine Auferstehung zum neuen Leben nicht stattfinden. Jesus kommt dazu, aber er kommt als ein neuer Hörer dazu, damit es keine bloße Wiederholung der Vergangenheit, ein ständiges Aufzählen des Alten wird. Als Mann mit frischen Ohren möchte er verhindern, dass das, was vom Leben noch in uns übrig geblieben ist, nicht erstickt wird.
Erzählt einander vom Zustand eurer Herzen. Dieses Gespräch ist der Ort, wo wir weinen, schreien, und erzählen müssen von allem, was unser Leben ausmachte, damit wir das finden, was uns heute im Tod gefangen hält.
Jesus hört sich alles an, was seine Menschen ihm erzählen wollen. Jesus unterbricht sie nicht. Er widerspricht kein einziges Mal. Er korrigiert kein Wort. Erst als die Jünger fertig sind, fängt er an, ihnen auszulegen von Mose und allen Propheten und was in der gesamten Schrift über ihn geschrieben steht…
Später werden die Jünger sagen:
„Haben sich unsere Herzen nicht allmählich erwärmt…“
Allmählichkeit, ist etwas, das niemand wählt in unserer Zeit. Aber alle inneren Prozesse brauchen Allmählichkeit. Nicht alles kann man beschleunigen, das Herz ist nicht so schnell. Gott ist bereit jede Motivation anzunehmen die einen Menschen in Bewegung, in Wandlung bringt.
Allmählichkeit muss nicht vollkommen sein. Wir modernen Menschen suchen keine Allmählichkeit, sondern eher sofortige Befriedigung.
Aber die Reihenfolge ist: erst die Erfahrung, dann die Erklärung. Darum ist es allmählich.
Und: Alles Miteinander beruht darauf, in das Chaos des anderen einzusteigen. So macht es Jesus. Er ist bereit in das Chaos der beiden Jünger einzusteigen.
Allmählichkeit ist unser Freund wenn wir sie brauchen, sie wird unser Feind wenn es schnell gehen soll.
Jesus eröffnet den beiden Jüngern allmählich eine neue Perspektive. Es ist keine Korrektur, sondern ein Erweiterung. Jesus nimmt die Erfahrungen der Jünger ernst. Durch Mose und die Propheten ergänzt er in ihnen, was sie in ihrer eigenen Erfahrung noch nicht wahrgenommen haben. Hier weckt Jesus neues Leben in den Jüngern. Aus den Erlebnissen und Erfahrungen, die nur Tod bedeuteten, holt er neues Leben heraus.
„Erinnert euch an das, was er euch gesagt hat, als er noch in Galiläa war,“ sagen die Frauen den Jünger. Die Erinnerungen ins Leben geholt lassen die Ostersonne allmählich aufgehen.
Denn, das ist Ostern und das ist Auferstehung: wenn einer mitten im Dunkel dem Leben traut, den Schritt wagt und den Grenzübergang riskiert; manchmal ganz alleine, mitten ins Ungewisse hinein. Wenn einer den Ruf hört, aufsteht und losgeht….
Das ist Ostern und das ist Auferstehung: wenn im Dunkel der Nacht plötzlich ein Funke aufglimmt, wenn sich Menschen frierend und ein wenig verloren an einem Feuer in der Nacht treffen, wenn Worte erinnern und berühren, wenn man sich hineinnehmen lässt in das Geheimnis der Verwandlung.
Ostern geschieht immer dann und dort, wo ein Mensch es wagt, dem Leben mehr zu trauen als dem Tod, den entscheidenden Schritt zu tun, die Grenze zu überschreiten, aus dem Grab herauszukommen, den Stein weg zu wälzen, der Versuchung zu widerstehen, liegen zu bleiben.
Und das geschieht oft mitten in der Nacht, ganz allein, mit viel Mut. Und es geschieht ohne öffentliches Halleluja, ohne Kirchenchor und ohne Festpredigt.
Ostern muss in mir geschehen – oder es wird nicht geschehen.
Das ist Ostern. Leise, manchmal fast nicht wahrzunehmen – aber doch unwiderstehlich…

Sr. Andrea Pütz

Ostern 2022

Ein Aufleuchten der Gegenwart Gottes

Mit dem heutigen Sonntag der Taufe Jesu beschließen wir den Weihnachtsfestkreis.

Sowohl das Fest der Heiligen drei Könige als auch die Taufe Jesu sind ein Epiphaniegeschehen:

ein Aufleuchten der sich offenbarenden Gegenwart Gottes.

Ich möchte noch einen Blick auf die Heiligen drei Könige, besser Sterndeuter werfen und dann auf die Taufe Jesu eingehen.

In der Erzählung der Sterndeuter gibt es eine kleine Szene, die bei uns fast immer untergeht. Die Sterndeuter haben den Stern für eine kurze Zeit aus dem Blick verloren. In Jerusalem erzählen sie Herodes: Wir haben seinen Stern aufgehen sehen. Der Stern hat sie bis Jerusalem geführt. Und jetzt haben sie ihn aus dem Blick verloren. Das wird uns bewusst, wenn wir lesen, dass sie diesen Stern wiedersehen und wie sie das mit sehr großer Freude erfüllt. Dieser Schritt ist für mich ungemein tröstlich. In meinem Leben bin ich immer wieder irritiert gewesen, wenn ich das Wichtige aus dem Blick verloren habe. Manchmal aber gab es Situationen oder Menschen die mir geholfen haben, das Wesentliche wieder in den Blick zu nehmen.

Sie waren mein Stern in diesem Augenblick. Sie erinnerten mich wieder, warum ich all das tue, was mich bewegt. Warum ich Herzblut vergieße und wofür. Durch die Herausforderungen des Alltags und den Stress kann der Stern, dass, was mein Herz und Leben leitet und begleitet, aus den Augen verloren gehen. Aber ich habe es oft wiedergefunden und konnte ihm wieder folgen. Diese Sterndeuter sind wunderbare Gefährten dieser Reise. Manchmal schenken sie uns kleine Augenblicke als Hilfen.

Auch die Taufe Jesu ist so ein Augenblick wo das Wesentliche in den Blick fällt, ein Aufleuchten der Gegenwart Gottes in unsere Welt.

Welche Bedeutung aber hat diese Erzählung für uns Menschen?

Das Anliegen dieser Erzählung von der Taufe Jesu ist, das der Mensch seine Identität findet.

Wer seine Identität nicht findet lebt unter seinen Möglichkeiten.

Wenn ein Mensch von sich selbst sagt, „ich bin dumm“, mindert er seine Identität, er schlägt damit einen Weg ein, was andere über ihn sagen oder er über sich selbst sagt. Er geht nicht über seine Minderwertigkeit hinaus.

Die Biblische Identität fragt immer: „Wohin gehst du?“ Identität im biblischen Sinne bedeutet, der Mensch lebt nach seinen Möglichkeiten und es tun sich Wege auf.

In der katholischen Sprache bekommen wir oft zu hören: „Du musst Christus in deinem Nächsten sehen.“ Diese Aussage ist zu kurz gegriffen, im biblischen Verständnis geht es darum, Christus in mir zu sehen und zu lieben, dann erst kann ich ihn im Nächsten erkennen.

In einer Geschichte des Talmud lesen wir: „Wenn ich dich anschaue sehe ich Gott.“ Das kann ich nur wenn ich Gott in mir entdeckt habe.

Wir sehen die Dinge oft nicht wie sie sind. Wir sehen die Dinge wie wir sind. Das ist eine Urbiblische Wahrheit. Wenn ich z.B. schlecht gelaunt bin, sehe und fühle ich alles grau. Wenn ich guter Dinge bin sind die Dinge um mich herum gut!

Jesus sieht den Menschen wie er ist. Was Jesus in sich selbst sah und liebte, sah und liebte er in seinen Menschen.

Wir haben den Sinn verstellt. Lange waren wir überzeugt Selbsterkenntnis ist das Mittel um die eigene Identität zu finden und zu wahren. Selbsterkenntnis hat biblisch aber keine Bedeutung wenn die Selbstliebe fehlt.

Sehen und lieben, Erkenntnis und Liebe gehören für Jesus unabdingbar zusammen. Jesus reicht nie nur die Selbsterkenntnis. Seine Frage ist immer kannst du es auch lieben?

In der heutigen Botschaft entdeckt Jesus wer er ist und eine seiner Grundfrage an uns ist: „WER BIST DU?“

Lukas wird zwar definieren, wer Jesus wirklich ist, aber darum geht es nicht wirklich. Es geht vielmehr darum, dass ich Teilhabe an Jesu Identität. Christsein ist Teilhabe an seiner Identität.

Das ganze Volk, nicht das ganze Volk wird getauft, aber es hat Bedeutung für das ganze Volk!

Das ganze Volk ist angesprochen, jeder ist angesprochen. Das hat Bedeutung für jeden Menschen, für die Identität eines jeden Menschen. Es wird kein Unterschied gemacht, was du in Jesus siehst und liebst, reicht nur wenn du es auch in dir siehst und liebst.

Johannes war der Vorläufer, er war die Lampe nicht das Licht. Das geht wie ein roter Faden durch die ganze Geschichte des Täufers. Die Aufgabe des Johannes wird niemals geschmälert, genauso wenig wie wenn Jesus sagt, kein Mensch der je geboren wurde aus einer Frau ist größer als Johannes der Täufer, und dann kommt der Nebensatz, aber der Geringste im Reich Gottes ist größer als er. Was Jesus sagen will, nach menschlichen Maßstäben gehört Johannes zu den ganz Großen. Aber auch er muss lernen wenn er ins das Reich Gottes hineinwachsen will. Was er lehrt ist bedeutend, aber nicht ausreichend. Er fordert den Bussweg, der Mensch muss eine Leistung erbringen, so hatte er es gelernt. Jesus dagegen, fordert etwas viel grundlegenderes, während er in der Haltung des Gebetes verweilt und der Himmel sich öffnete, das Göttliche sich öffnete. Den Mann/ die Frau die ich jeden Morgen im Spiegel sehe, offenbart die Identität, kannst du ihn/sie lieben?

Jesus versteht die Botschaft als, du bist…

nicht du musst es machen, nicht schaffen, sondern du bist geliebt.

Es ist in uns angelegt, es ist in der Schöpfung angelegt.

Du hast WERT und WÜRDE, dein Leben hat SINN, du bist GELIEBT und du bist GEWOLLT.

Die Urangst des Menschen ist, ungeliebt und ungewollt zu sein.

Nur für Leistung geliebt zu werden. Nicht erschaffen, zurückerobern müssen wir es.

Wir sind nach seinem Bild und Gleichnis geschaffen voll Güte, Licht und Leben, Selig seid ihr. Selig seid ihr, es gibt keinen Augenblick wo Jesus das nicht predigt.

Und es gibt keinen Augenblick wo Johannes es tut. Da brauchen wir das Licht und nicht die Lampe.

Jesus sagt nicht, wenn du das oder das tust bist wirst du selig sein. Nein, das ist Johannes. Wir rutschen schnell dahinter zurück und glauben wir wären Mangelware.

Aber Jesus sagt es uns: „Selig bist du, ohne Wenn und Aber! Selig seid ihr, die Armen, die Lahmen, die Blinden, die Verlorenen.

Das ist die klassische Spiritualität Jesu. Es ist Seligkeit in euch, tief verankert und ursprünglich, verdeckt unter Krankheit, Blindheit und Armut aber Selig bist du, Salz der Erde, Licht in der Welt. Es ist schon alles in euch. Das Reich Gottes ist nicht nur unter euch, das Reich Gottes ist in euch!

Gott findet Gefallen an dem was er sieht. Was Jesus im Menschen sieht, sieht er in sich: Selig; Licht; Salz der Erde. Seien sie vorsichtig, was sie über sich selbst glauben.

Selig bist du – geliebt bist du! Du bist mein Geliebtes Kind an dem ich Gefallen gefunden habe.

So beginnt es, so kommt Leben aus dem Licht. Johannes war die Lampe aber ich gönne Ihnen das Licht!

Sr. Andrea Pütz
Januar 2022

 

 

Ein heiliger Kuss aus einer anderen Welt

Ein heiliger Kuss aus einer anderen Welt

Wenn mir alles zu viel wird, ziehe ich mich an einen Ort zurück, den andere selten aufsuchen. Manchmal verschwinde ich auf das Dach oder ich mach mich auf den Weg, einfach querfeldein. Das habe ich schon so gemacht, als ich noch recht jung war. Meistens streifte ich durch die Gegend und versteckte mich in einer Höhle.

Ich muss einfach raus, sonst fällt mir die Decke auf den Kopf. Gerade ist es auch wieder so. Es kommen in diesen Tagen so unerwartet viele Menschen in unser Dorf, jeden Tag mehr. Das hat mit der Regierung zu tun, und mit ihrer Vorstellung von Besitz.

Meine Mutter hat immer gesagt: „Herrscher kommen und gehen – wir bleiben!“ Ich denke, die Menschen die jetzt kommen würden vermutlich auch lieber dort geblieben sein wo sie sonst leben. Sie haben aber keine Wahl; sie müssen sich registrieren lassen, dort wo sie geboren wurden.

Geboren werden, ja, damit habe ich fast jeden Tag zu tun. Ich habe den Beruf von meiner Mutter gelernt, sie war eine beliebte Hebamme in unserem Dorf. Als ich ein bisschen älter war, hat sie mich oft mitgenommen, damit ich ihr zur Hand gehen konnte: Wasser holen, Tücher ausbreiten oder die anderen Kinder der Familie ablenken und beschäftigen.

Jedes Mal wenn der Augenblick der Geburt geschieht, und das Kind soeben erst in diese Welt aufgenommen wird, überkommt mich ein besonders warmes Gefühl. Dieser Augenblick ist wie ein heiliger Kuss aus einer anderen Welt. Ein Geheimnis tritt in unsere Welt ein und ich halte den Atem an, bis sein erster Schrei die Luft zerreißt.

In jedem Kind kann ich das Mysterium sehen, als ob es direkt aus dem Heiligtum unseres Gottes kommen würde. Und mit jedem Menschenkind spürte ich, dass Gott selbst ganz neu in seine Schöpfung eintritt.

Ja, wir warten seit Jahrhunderten auf jenes Kind, von dem die Propheten sagen: Es wird kommen und es wird ein Nachkomme von König David sein. Dieses Kind wird kommen und uns alle retten und befreien.

Heute denke ich, wenn dieses Kind kommt und uns vor den Römern rettet, werden nach den Römern andere kommen und über uns herrschen wollen, so wie vor den Römern andere Herrscher da waren und Menschen für ihre Zwecke benutzt haben. Das war doch schon immer so und wird vermutlich auch so bleiben. Daran wird doch das Kind nichts ändern.

Inzwischen habe ich selbst ungezählten Kindern meine offenen Hände hingehalten, habe sie gehalten, wenn sie sich den Weg in diese Welt gebahnt haben. Jedes von ihnen habe ich in unserer Welt innig willkommen geheißen und es mit Aarons Segen gesegnet.

Der HERR segne dich und behüte dich. Der HERR lasse sein Angesicht leuchten über dich und sei dir gnädig. Der HERR wende sein Angesicht dir zu und schenke dir Frieden.“

Darüber bin ich eine alte Frau geworden, und manchmal spüre ich Müdigkeit in meinen Knochen. Doch wenn ich gerufen werde einer Frau und ihrem noch ungeborenen Kind zu helfen, schlägt mein Herz ein bisschen schneller und nichts kann mich abhalten zu ihnen zu laufen.

In den letzten Tagen habe ich auch einige schwangere Frauen unter denen gesehen, die von außerhalb in unser Dorf gekommen sind. Sie sind bei den Gastwirten offensichtlich nicht beliebt. Sie aufzunehmen bedeutet zusätzliche Arbeit.

Dieses Gedränge im Dorf, die vielen Fremden, sie machen meine kleine Welt noch kleiner. Eigentlich sollte meine Welt mit jedem Gast, der kommt, an Weite gewinnen. Doch ich merke, das ich mich für die andern nicht öffnen kann, wenn ich nicht ausreichend Raum & Zeit für mich habe.

Für heute ist es genug. Morgen will ich wieder für sie da sein.

Es ist spät geworden und bald wird es dunkel sein. Dennoch hänge ich mir den kleinen Wasserschlauch und den Beutel um, binde die Matte daran und stecke noch ein Stück Brot hinein bevor ich mich auf den Weg mache.

Ein schneidender Wind bläst mir ins Gesicht. Mit schnellem Schritt eile ich davon und durchstreife die menschenleeren Felder. Unverhofft fallen mir die Grotten ein, in denen manchmal die Hirten mit ihren Schafen übernachten. Wenn sie heute nicht da sind, könnte ich mich dorthin zurückziehen. Tief atme ich die kalte Luft ein und marschiere zielstrebig zu den Hirtenfeldern.

Rundum ist nichts zu hören und zu sehen. Ich habe Glück, die Schafe und ihre Hirten sind nicht hier. Erschöpft setzte ich mich auf den Boden, sehe durch eine Lücke die ersten Sterne am Himmel leuchten… und schlafe ich ein.

Müde Schritte und ein Flüstern dringen an mein Ohr. Nein, die Schafe und ihre Hirten können das nicht sein. Das hört sich viel lauter an.

Plötzlich bin ich hellwach und überlege, ob ich im Schutz der Höhle noch sicher bin. Im Schein einer schwachen Laterne kommen zwei Menschen näher. Mich friert und ich weiß gerade nicht, ob ich aufspringen und davon laufen oder mich tiefer in die Höhle zurückziehen soll.

Bevor ich mich entscheiden kann, sehe ich sie. Ein junger Mann führt einen Esel. Die anderen Hand hält er schützend um eine hochschwangere Frau.

Da hält es mich nicht länger auf meinem Platz. Eilig laufe ich zu der Frau und helfe ihr vorsichtig von dem Esel herunter. Ich sehe es ihren Gesichtern an, sie haben sich beide furchtbar erschrocken, als ich so unerwartet aus dem Dunkeln auftauche.

Ich murmle eine Entschuldigung, doch zu mehr reicht es nicht. Die Schwangere ist sichtlich am Ende, ihr leises Stöhnen verrät mir, das die Zeit gekommen ist. Es kann nicht mehr all zulange dauern bis das Kind kommen wird.

In der Stille der Nacht scheint das Mysterium einer Geburt noch geheimnisvoller. Ich habe es wenige Male miterlebt. Es ist, als ob Gott seine Sterne leuchten ließe und selbst dabei wäre, um den Eintritt des Kindes in diese Welt zu begrüßen.

Ich wundere mich, wie hell es in der Höhle ist. Durch die Lücke in der Decke strahlt es übermächtig.

Der junge Mann holt das wenige Gepäck, das der Esel getragen hat und packt es aus. Die beiden haben für die Geburt gut vorgesorgt: Tücher, Windeln, frische Kleider für die Frau. Nur zum Essen haben sie nichts mehr dabei; ein Schlauch mit Wasser, das ist alles, was vom Reiseproviant übrig geblieben ist. Ich hole das Brot aus meinem Beutel und reiche es ihnen.

„Es gibt im Dorf kein freies Zimmer mehr, alles belegt“, flüstert der Mann. „Ein Wirt hat uns hierher geschickt, vielleicht hätten wir Glück, sagte er.“ Es scheint so zu sein, mit dem Glück. Ich sage der Frau, das ich bleiben will bis das Kind da ist, sage ihr, das ich Hebamme bin.

Da sehe ich ein zartes Leuchten in ihren Augen, und ihr Mund formt ein wortloses „Danke“. Eine kleine Träne rollt ihr über die Wangen, vor Freude oder wegen der Not, ich vermag es nicht zu deuten.

„Ich bin Josef, der Sohn Jakobs, hier aus Bethlehem und das ist Maria, meine Frau.

Es ist wegen der Steuerlisten, wir kommen aus Nazaret.“ Ich nicke und meine Gedanken wandern zu Jakob. Seine Familiengeschichte reicht zurück bis zu König David. Ich kenne ihn, war früher öfter in seinem Haus und habe seiner Frau geholfen, wenn ein Kind zur Welt kommen wollte.

Jedes von ihnen habe ich mit dem Segen Aarons willkommen geheißen. Ja, und einen ihrer Söhne nannten sie Josef, jetzt fällt es mir wieder ein.

Nun wird er selber Vater in einer merkwürdigen Situation. Aber die kann man sich halt nicht aussuchen; so etwas geschieht uns und nur Gott weiß warum.

Unverhofft schreit Maria auf. Ich werde aus meinen Gedanken gerissen und weiß sogleich: es ist soweit. Das Kind kündet sich an. Immer noch fällt ein auffällig helles Licht durch die Lücke in der Decke. Merkwürdig!

Im nächsten Augenblick habe ich alle Hände voll zu tun. Gut das Josef da ist und Maria hält. Ich warte auf das Kind, halte die Hände bereit es zu empfangen und spüre meinen Herzschlag, der dem Kind erwartungsvoll entgegenschlägt.

Und das Mysterium wiederholt sich.

Auch mit diesem Kind tritt ein Geheimnis in unsere Welt ein. Auch dieser Augenblick ist

wie bei deiner Geburt

ein heiliger Kuss aus einer anderen Welt.

Ich halte den Atem an, bis endlich sein Schrei die Luft zerreißt.

Mein Herz wird warm und weit. Meine Augen sehen es: dieses Kind kommt direkt aus dem Heiligtum Gottes. Gott selbst tritt gerade ganz neu in seine Schöpfung ein.

Maria liegt erschöpft und dennoch sehr glücklich auf meiner Matte. Behutsam und ohne Worte übergebe ich ihren Sohn.

Und dann spreche ich den alt-ehrwürdigen Segen Aarons über das neue Kind:

Der HERR segne dich und behüte dich. Der HERR lasse sein Angesicht leuchten über dich und sei dir gnädig. Der HERR wende sein Angesicht dir zu und schenke dir Frieden.“ Num 6,24-26

Sr. Josefa op

21.12.2021

 

Wir sagen der Dunkelheit, wir sind anderer Ansicht

Wir sagen der Dunkelheit, wir sind anderer Ansicht

Auf, werde Licht! Ist das nicht ein Wunsch, der tief in uns wohnt?

Dass es hell wird, wo es dunkel ist, dass Licht dorthin fällt, wo Schatten ist, dass Licht uns umgibt statt Finsternis – außen und wohl auch in unseren Herzen, dass es sich in unseren Augen spiegelt und unseren Gesichtern seinen Glanz verleiht!

Auf werde Licht! Das ist die Einladung des Advents, weil uns verheißen ist, dass Gott selbst sich auf den Weg zu uns macht.

Eine tiefe Wahrheit ist, wir fürchten uns vor der Dunkelheit. Das ist kaum überraschend, denn wer weiß schon, welche Schrecken uns in der Dunkelheit erwarten? Die Dunkelheit spricht von unserer kahlen und kalten Einsamkeit. Wir fürchten die Dunkelheit weil wir sie nicht kontrollieren können. Wir können ihr keinen Einhalt gebieten. Unsere Macht kann sie nicht zwingen, flotter vorbeizugehen oder schneller ein Ende zu nehmen.

Der Prophet Jesaja in der Bibel beschreibt es so: „Das Volk, das im Dunkel lebt….“ Aber nicht einmal ein Prophet Jesaja kann die Schneide dieser Hilflosigkeit mildern. Wir spüren die kalte Grimmigkeit der Dunkelheit, wenn Krankheit unsere geliebten Menschen heimsucht. Es herrscht eine Dunkelheit, die den Geringverdienenden erdrückt, den Rentner, die Rentnerin die ein Leben lang gearbeitet haben und im Alter nicht von ihrer Rente leben können. Diese Dunkelheit hat Macht über uns, denn wir entkommen nicht ihrer langen, unnachgiebigen Reichweite.

Zu Weihnachten tragen wir dann die Schutzwälle aus Lichterketten, Tannenbäumen und Weihnachtsmärkten aber sie halten den Stachel der Dunkelheit von unserem Herzen nicht fern. Auch das gewaltige Geschenkeausmaß kann die Schatten nicht aufhalten.

Dann kommt Gott und ändert alles mit einer wahren Alternative.

Auf einer Mauer in einer großen Stadt stand ein Graffiti mit folgenden Worten:

Wenn wir eine Kerze

um Mitternacht anzünden

sagen wir der Dunkelheit

wir sind anderer Ansicht

Genau das feiern wir! In die mitternächtliche Dunkelheit der Menschheit spähend, entzündet Gott ein Licht in Jesus. Als er es tat, sagte Gott der Dunkelheit: Ich bin anderer Ansicht.

Aber was für ein Licht hält er in unsere Nacht? Es ist ein Licht aus menschlichem Leben und Verletzbarkeit. Er schickt uns ein gütiges Licht, um uns nach Hause zu führen, ein Licht, das uns erkennen lässt, dass unsere Beheimatung die Umarmung Gottes ist: „Das Volk, das im Dunkel lebt, sieht ein helles Licht, über denen, die im Land der Finsternis wohnen, strahlt ein Licht auf.“

3. Advent  Sr.M. Andrea

 

 

 

Was ist Weihnachten?

Was ist Weihnachten?

Was ist Weihnachten, diese Frage hörten wir in der Lesung und eine mögliche Antwort; Weihnachten ist, wenn ich froh bin. Doch dafür braucht es eine Vorbereitung, damit es nicht nur eine Oberflächliche Freude ist.

In der Adventszeit, in den Erzählungen Gottes, die sie begleiten, gibt es diese kuriose Mischung von Gegenwart und Zukunft, Anwesenheit und Abwesenheit, von Besitz und Erwartung. Im Evangelium beschreibt Jesus eine Welt, die dabei ist auseinanderzufallen und er verschreibt lediglich Wachen und Beten als Gegenmittel.

Diese kuriose Mischung spiegelt sich auch in unseren Herzen die wir uns an der Schwelle des Advents versammelt haben. In unserer Mitte gibt es Herzen, die Freude haben an den glänzenden Augen ihrer Kinder wenn sie mit Begeisterung die Adventszeit gestalten. In unserer Mitte gibt es aber auch Herzen, die die Gegenwart Gott suchen nach dem Abschiednehmen von geliebten Menschen, die ihre Lebensreise abgeschlossen haben. Es gibt Herzen, die von Wunder und Wunde, Anfrage und Aufbruch berührt sind.

Advent wendet sich all diesen Herzen zu. Advent ist dort, wo Menschen wachsam sind für Gott, die Wachsamkeit zur Übung machen und die Begegnung mit Gott zu einer lebendigen Möglichkeit wird.

Nach einem Jahr das für uns alle eine große Herausforderung war und ist, aber nicht unbedingt sehr erfüllend, müssen wir die Wachsamkeit üben um die Begegnung mit Gott wahrnehmen zu können.

Die Wachsamkeit, die Gott uns als Übung ans Herz legt in und durch die Adventszeit, lehrt uns, die Augen offen zu halten für die Begegnung mit Gott, für die Zeichen der Gnade und der Güte, oft klein und unscheinbar in unserem Leben verstreut. Wir müssen wachsam sein in einer turbulenten, chaotischen und verwirrenden Welt.

Wir müssen wachsam sein um des Herzens willen, das eingestimmt ist auf das Geheimnis Gottes. Ein solches Herz vermeidet die Fallgruben der Resignation, in dem es zwei Grundhaltungen annimmt.

Erstens müssen wir ein zärtliches Gefühl der Hoffnung nähren. Ein solches Gefühl erwartet mehr zu hören als was gesagt worden ist, und deshalb hört es noch zu. Es hat die Hoffnung, noch überrascht zu werden und deshalb sucht es mehr als das, was es schon erlebt hat. Es hält fest an der Hoffnung, dass es mehr sehen wird als das, was schon offenbar geworden ist und darum schenkt es dem Leben einen zweiten Blick.

Zweitens, das Herz, das im Geheimnis eingetaucht ist, versucht nicht, das Geheimnis zu erklären. Die verwelkten und verhärteten Herzen versuchen zu oft, das Geheimnis, das sie suchen, zu erklären. Wie ein Kunde, der im Katalog die Größe, Qualität, Farbe und Stil festlegt. Und natürlich das Lieferdatum. Wir suchen sehr oft das Endresultat, die Lösung zu unserem Problem, das fertige Produkt. Sehr oft aber gibt es keine permanente Lösung für Krisen und Herausforderungen. Aber nur weil wir noch nicht die definitive Lösung gefunden haben, heißt es nicht, dass wir keine Quelle des Lebens gefunden haben. Der Mensch lebt nicht allein vom Brot und das Leben lebt nicht nur von permanenten Lösungen allein. Im Reich Gottes zählt die lebenslange Reise, nicht nur die Ankunft am Ziel!

Wachsamkeit müssen wir üben und zwar oft. Wir müssen wachsam bleiben, damit wir immer über die Selbstverständlichkeit hinaus schauen, mit der wir unsere Familien, Freunde, Mitbürger betrachten, sowie alles, was sie für uns tun und uns bedeuten. Und wir müssen wachsam bleiben, damit wir nicht zu leichten und billigen Lösungen greifen, während wir uns der Erzählung Gottes widmen sollten, die sich in uns und in der Welt entfaltet.

Wir halten nicht die große Wache, damit wir die kommende Gnade Gottes begreifen können.

Wir halten die große Wache, damit wir die Augenblicke nicht versäumen, in der wir von Gott ergriffen werden.

Sr. M. Andrea op

30. November 2021

 

 

 

Die Botschaft der Wildgänse

Die Botschaft der Wildgänse

In diesen Wochen habe ich häufig ihr Schreien vernommen und jedes Mal suchte ich den Himmel nach ihnen ab – sie ziehen nach Süden, suchen die Wärme und einen Ort, an dem sich´s leben lässt.

Andrea Schwarz beschreibt es in ihrem Buch „Frei!“ so:

Wildgänse leben das, was jetzt zu leben ist,

sie nehmen die Zeichen wahr,

hören auf die Botschaften des Lebens.

Und sie ziehen jeweils dahin,

wo für sie mehr Leben möglich ist.“

Wildgänse sind gemeinsam unterwegs, sind miteinander verbunden, sie übernehmen Verantwortung, sind unterwegs mit leichtem Gepäck, suchen Rastplätze auf und haben das Ziel vor Augen.

Sie ziehen am Tag und bei Nacht, geben sich dem Wind hin und wissen sich von den Sternen begleitet.

Wildgänse sind getragen und gehalten und doch wild und ungezähmt. Sie sind Zugvögel.

Dazu schreibt Andrea Schwarz in ihrem Buch:

Der Ruf der Wildgänse erinnert mich

Ruf – Sehnsucht – Bestimmung –

vielleicht Heimat und doch wieder Aufbruch

miteinander und doch allein

der Erde verbunden, mit dem Himmel vertraut

mich dem Wind geben – das Dunkel als Freund

um eines Tages vielleicht anzukommen

an der Krippe

am Kreuz

oder irgendwo auf dem Weg

dem zu begegnen

der mich ruft“

Was wir vermutlich beim Schrei der Wildgänse selten bedenken ist, dass es auch für sie eine Zeit gibt, in der sie nicht fliegen können, weil sich ihre Federn erneuern müssen. Nach Tausenden von Kilometern und dem permanenten Windwiderstand sind ihre Federn zerfetzt und abgenutzt. Um weiterfliegen zu können, müssen sich ihre Federn erneuern. So werfen sie zeitgleich alle Schwungfedern ab und sind etwa vier Wochen lang flugunfähig.

Kennen wir das nicht auch? Wir werden aus den Gepflogenheiten des Alltags heraus-gekickt oder gar durch eine extreme Erfahrung herausgeworfen und finden uns in einem persönlichen „Lockdown“ wieder. Mit gesellschaftlichen Lockdown´s haben wir ja mittlerweile reichlich Erfahrung. Und die ganz persönlichen sind uns wahrscheinlich auch nicht fremd.

Trauer um erkrankte geliebte Menschen, unterschiedliche Verlusterfahrungen, eine zerbrochene Beziehung, eine Stimmungen die mich lähmt, fehlende Möglichkeiten eine negative Situation wieder lebendiger zu gestalten, eine körperliche oder seelische Verletzung die mich „ausbremst“…. Solche und ähnliche Ereignisse können mich „flugunfähig “ machen.

Das ist wie ein „Zwischenland“ in dem wir uns befinden. Wir „hängen“ sozusagen zwischen den Welten und es ist mühsam und schwer diesen Zustand auszuhalten, ihn so lange zu halten, bis wir wieder in Bewegung kommen. Halten meint hier nicht festhalten oder gar klammern. Es geht darum, ihn mit der Haltung der Geduld und des langen Atems aus-zu-halten, um vielleicht auch die Erfahrung zu machen, das ich gehalten werde, von einer größeren Kraft, von jemandem „über“ mir.

Solche Zeiten im „Zwischenland“ sind Übergänge, sie gehen vorüber. Wir kennen das von unseren menschlichen Entwicklungsphasen: Kindheit, Pubertät, Erwachsen sein, Berufsleben gestalten, Beginn der Rente… . In wesentlich kleineren und unauffälligeren Phasen begegnen wir dem „Zwischenland“ jedoch auch im Alltag.

Zwischenland und Übergänge erfordern unseren Mut, leben von unserer Geduld und ermöglichen, das etwas Neues in uns wachsen kann. Sie wollen Chancen sein, neu hinzuschauen was mir wichtig ist und wie ich mein Leben gestalten will. Was möchte ich am Ende gelebt haben?

Diese Frage müssen wir heute stellen, damit wir uns selbst die Chance geben unser Leben hier und heute zu gestalten – mit dem dazugehörenden „Zwischenland“.

Übergang

zwischen gestern und morgen

hier und da

traum und wirklichkeit

leben hier und jetzt

Andrea Schwarz

Sr. M. Josefa op

7. November 2021

 

 

 

Es gibt mehr als eine Quelle

Es gibt mehr als eine Quelle

Es war mitten in der Ferienzeit des Sommers als ich mehr und mehr spürte, wie meine Kreativität, meine Freude an der Arbeit und mein ansonsten gut organisierter Alltag einer langanhaltenden, lähmenden Müdigkeit Platz machte. Zwar gelangen mir noch immer einige Angebote, die ich ausgeschrieben hatte, doch darüber hinaus war ich zu müde um mich gar bei einem Spaziergang in der Natur erholen zu können. War meine Quelle, aus der ich Lebenskraft, und Lebensfreude schöpfe am versiegen? Das es so sein könnte erschreckte mich.

Der geplante Urlaub am Bodensee sollte mir helfen meine inneren und äußeren Kräfte wiederzufinden und in der Tat fanden wir in diesen Tagen einen guten Rhythmus. Entweder zu Fuß, mit dem Rad, dem Zug und dem Schiff waren wir jeden Tag unterwegs und genossen die wärmenden Sonnenstrahlen, den lichtblauen Himmel und eine wohltuende Landschaft – Kraftquellen der Erholung die uns erfreuten und aus denen wir schöpften.

Es waren vor allem einige wenige Erlebnisse, die meine Seele in besonderer Weise berührten: Das Geschenk einer ausgiebigen Schifffahrt, die Tafel eines Restaurant und die Überraschung, die sich dahinter verbarg, die außergewöhnlich liebenswürdige Mitarbeiterin in einem Bio-Bistro, die Entdeckung eines vielversprechendes Buch, das wir spontan erwarben. Gleich zu Beginn verspürte ich beim Lesen wie mich die Geschichte hineinzog und innerlich weitete. Die Natur, Begegnungen mit Menschen, Geschichten und einiges mehr können zu Quellen der Ermutigung, der Inspiration und der Weite werden.

Da war der gewaltig brausende Rheinfall in Schaffhausen, wie der uralte Mammutbaum auf der Insel Mainau, die wohl unzählige Geschichten erzählen könnten, wenn sie zu uns sprechen würden. Und da waren die Apfelbaumplantagen mit ihren prallgefüllten Ästen „lachend“ roter, kerngesunder Äpfel und die Weinberge auf der Insel Reichenau. All das waren wunderbare Quellen die mein Herz wärmten und mich mit Dank an den Schöpfer erfüllten.

Doch auch die schweißtreibenden Radtouren, die uns auf und ab führten und mich körperliche Anstrengung kosteten, der mitten auf der Strecke liegengebliebene Zug, der mir viel Geduld abverlangte, Gruppen dicht gedrängter Menschen, die sich unangenehm anfühlten… auch diese Erlebnisse entpuppten sich als Quellen, durch die ich mich neu dem Leben zuwenden konnte. Fülle erleben meint nicht nur die schönen Dinge, es schließt alle Erfahrungen mit ein.

Den Tagen am Bodensee schloss sich das Herdfeuer von Siebenquell an. Wir trafen uns als Gruppe im Schwarzwald auf dem Feldberg auf 1000 m Höhe in einem sehr schönen Haus der Diözese Freiburg. Im Sinne der keltischen Tradition des Herdfeuers versammelten wir uns um die Geschichten, die wir selbst mitbrachten, die Erzählungen die wir voneinander hörten, erlebten die Schöpfung und ihre Erzählungen und vertieften uns narrativ in biblische Geschichten. Wir versammelten uns um den Altar im Gotteshaus, an den Tischen im Speisesaal, an den Vormittagen in den Begegnungen mit dem Wort Gottes, dem nachmittäglichen Unterwegssein in der Natur und um das abendliche Herdfeuer eines alten Märchenerzählers. Wir freuten uns am Wiedersehen mit Freunden und Bekannten und lernten Menschen kennen, die mit einer ähnlichen Sehnsucht unterwegs sind wie wir selbst. Ich genoss es sehr wahrzunehmen, dass diese Begegnungen mich beleben wie eine Quelle trockenes Land neu zu beleben vermag.

In diesen Tagen habe ich wieder spüren können wie sehr das Teilen von Brot und Wort mir zu einer verlässlichen Quelle geworden sind – vom Siebenquell – zum Lebensquell.

September 2021                                                                                                                                                                   Sr. M. Josefa op

 

 

Dieses Evangelium ist die Mitte einer großen Erzählung und man kann diesen Teil nicht in Gänze erfassen, wenn man den Rahmen der Geschichte weglässt. Ich lese jetzt nicht das ganze 6 Kapitel aus Markus, nur einige Hinweise, um das ganze Bild vor uns zu haben:
Im ersten Teil ist Jesus nach Hause zurück gekehrt in seine Heimat Nazareth, dort erfährt er Ablehnung, weil er dort als ganz gewöhnlicher Zimmermann gesehen wird. Wie kann so jemand in der Synagoge uns das Wort Gottes auslegen?

So zieht er weiter in die benachbarten Dörfer, wir haben letzte Woche gehört, dass er den Jüngern rät, wenn sie euch nicht aufnehmen dann schüttelt sogar den Staub von euren Füßen. Er lebt es ihnen vor. Er sendet seine Jünger aus und gab ihnen Vollmacht das zu tun, was er auch tun würden, dorthin zu gehen wohin auch er gehen würde.

Im weiteren Verlauf der Geschichte folgt die Gefangennahmen und Tötung Johannes des Täufers. Es folgt die Rückkehr der Jünger und die Speisung der 5000 Menschen, der Gang Jesu auf dem Wasser und am Ende dieses langen Kapitels erzählt uns Markus das Jesus am See viele Kranke heilte, all dies erzählt der Evangelist in einem Kapitel.

Heute nun die Rückkehr der 12 Jünger!
Und jetzt dürfen wir das Ende dieses Kapitels nicht außer Acht lassen, denn das Ende dieser Geschichte, ist die erste Brotgeschichte, 5000 Menschen werden satt und es bleiben 12 Körbe übrig. Eine Geschichte der Fülle.

Soweit das ganze Kapitel von Markus. Das Thema des heutigen Evangeliums gewinnt an Tiefe und Bedeutung, wenn wir das alles vor Augen haben wird deutlich, es gibt viel zu tun für Jesus und seine Jünger.

Um so bedeutender ist die heutige Erzählung. Es geht in diesem Teil der Geschichte um eine tiefe Erfahrung die Menschen machen können, Würdigung!

Die Jünger sind von ihrer Reise und ihrem Auftrag zurückgekehrt und Jesus lädt sie ein, mit ihm an einen einsamen Ort zu fahren. Die Jünger sind voll von dem was sie erfahren und erlebt haben und reden gleich darauf los. Jesus aber möchte nicht so zwischen Tür und Angel davon hören, er schenkt ihnen Raum und Zeit. Sie sollen in Ruhe erzählen und er möchte ihnen seine Aufmerksamkeit schenken. Das geht nicht, wenn Menschenmassen um sie herum sind.
Die Jünger sollen Zeit und Raum für ihren eigenen Hunger bekommen. Denn für ihren Hunger gab es keine Zeit, sie waren mit zu vielen Menschen beschäftigt und sie hatten keinen Ort, keinen Raum für sich.

Jesus aber nimmt das sehr ernst. Er nimmt sie erstmal beiseite, schenkt ihnen Ruhe und einen Ort und er schenkt ihnen das wichtigste: Würdigung.

Würdigt das was ihr erfahren, getan und erlebt habt, würdigt euren eigenen Hunger. Nicht nur den körperlichen. Würdigt eure Sehnsucht.

Jesus sagt seinen Jüngern, ihr habt gut gesorgt, für den Hunger der Menschen, aber jetzt seid ihr dran, ruht euch aus, jetzt sorgt für euer eigenes.

Wenn Menschen das nicht tun, dann werden sie ihr eigenes entwürdigen, nicht wertschätzen. Dann gibt es Äußerungen, die wir alle kennen, „ach das war doch nicht der Rede wert“, oder „ich habe doch gar nichts getan, ich hab dir doch nur zugehört!“ Genau das gilt es zu würdigen und zu teilen, ich würdige mein Tun, den Raum, die Zeit und Teile den Hunger.

Ein weiterer Teil der Geschichte nimmt die vielen Menschen in den Blick.
„Als Jesus (…) die vielen Menschen sah, hatte er Mitleid mit ihnen, denn sie waren wie Schafe, die keinen Hirten haben. Und er lehrte sie lange.“
Das Bild vom Hirten gibt uns im Evangelium den Schlüssel. Der Hirte teilt sein Leben mit seinen Schafen. Wenige Menschen, besonders wir modernen Menschen, verbinden keine persönliche Erfahrung mehr mit einem Hirten.

Als Jesus sagte „(…) sie sind wie Schafe, die keinen Hirten haben“, da waren die Herden bedroht von Wind und Wetter, Raubtieren und Räubern. Der Hirte hielt die Herde nicht nur zusammen, sondern setzte sein Leben aufs Spiel im Kampf mit den Gefahren. Deshalb wählt die Bibel früh das Bild des guten Hirten.

Jesus wird zum Hirten für diese Menschen. Sie folgen ihm, ja verfolgen ihn geradezu, weil sie gemerkt haben: Der hat gute Nahrung für uns, der hat Worte, die unsern Hunger stillen. Sie sind keine dummen Schafe, die jedem hinterherlaufen, sondern sie wissen ganz genau, wer ein guter Hirte ist.  Dieses Bild war den Menschen damals sehr vertraut.

Jesus lehrte sie lange, er gibt ihnen Lebensunterweisung. Hier müssen wir auf das schauen was das Anliegen Jesus war. Er weist auf Gott hin: schaut auf Gott, den Menschen und das Zusammenleben. Unser menschliches Leben ist das Thema! Jesus hat nicht viel von sich gesprochen, weil es um mehr geht. Die Frohe Botschaft will nicht Identifizierung mit Jesus – unser menschliches Leben ist sein Anliegen. So spricht Jesus in das alltägliche Leben der Menschen hinein und über das was die Menschen kennen. Er würdigt den Hunger dieser Menschen. Er würdigt ihre Sehnsucht, weil sie sich auf den Weg gemacht haben, aufgebrochen sind, sie sind berührt und bewegt.

Was sind wir bereit für unsere Sehnsucht, unser Leben zu tun?
Womit und wie wollen wir unseren Hunger stillen?

Das Wort Gottes stellt diese Fragen und will uns helfen sie zu beantworten. Helfen, nicht abnehmen. Wenn Gott uns alles abnehmen würde, alle unsere Probleme lösen würde, wäre er ein Gott der uns Menschen entwürdigt, im Sinn von diese Menschen sind zu dumm, zu hilflos, sie können es nicht selber, die brauchen einen großen Papa, der es richtet. Das aber ist nicht der Umgang Gottes mit seinen geliebten Menschen und es ist auch nicht der Umgang Jesu mit seinen Menschen.

Gottes Anliegen und das Anliegen Jesu ist, dass wir unser Potential freilegen, das wir uns einbringen mit all unseren Fähigkeiten, Talenten und Möglichkeiten, dass wir Kräfte entwickeln, um unser Leben zu gestalten und unserer Sehnsucht trauen.

Jesus würdigt den Hunger der Jünger, er hat sie gelehrt was er kann und vertraut es ihnen an.
Gott würdigt unsere Sehnsucht und er vertraut uns das wir Leben gestalten können.
Wir sind eben keine dummen Schafe, aber Gott möchte wie ein Hirte an unserer Seite sein, besonders dann, wenn es durchs dunkle Tal geht, wie wir es in den letzten Wochen und Monaten vielfältig in der Pandemie erfahren haben und wie es die Menschen in den letzten Tagen erleben, wo Wassermassen ihre ganze Existenz weggerissen haben und vielen sogar das Leben.
Es ist meine Hoffnung, dass wir das Beste, das diese Zeit in uns hervorgebracht hat, würdigen und eine tiefe biblische Wahrheit erkennen mögen: Wo Leben ist, da ist auch Hoffnung!

18. Juli 2021
Sr.M. Andrea

„Kommt und ruht ein wenig aus!“ Eine Predigt zu Markus 6,30-34

Dieses Evangelium ist die Mitte einer großen Erzählung und man kann diesen Teil nicht in Gänze erfassen, wenn man den Rahmen der Geschichte weglässt. Ich lese jetzt nicht das ganze 6 Kapitel aus Markus, nur einige Hinweise, um das ganze Bild vor uns zu haben:
Im ersten Teil ist Jesus nach Hause zurück gekehrt in seine Heimat Nazareth, dort erfährt er Ablehnung, weil er dort als ganz gewöhnlicher Zimmermann gesehen wird. Wie kann so jemand in der Synagoge uns das Wort Gottes auslegen?

So zieht er weiter in die benachbarten Dörfer, wir haben letzte Woche gehört, dass er den Jüngern rät, wenn sie euch nicht aufnehmen dann schüttelt sogar den Staub von euren Füßen. Er lebt es ihnen vor. Er sendet seine Jünger aus und gab ihnen Vollmacht das zu tun, was er auch tun würden, dorthin zu gehen wohin auch er gehen würde.

Im weiteren Verlauf der Geschichte folgt die Gefangennahmen und Tötung Johannes des Täufers. Es folgt die Rückkehr der Jünger und die Speisung der 5000 Menschen, der Gang Jesu auf dem Wasser und am Ende dieses langen Kapitels erzählt uns Markus das Jesus am See viele Kranke heilte, all dies erzählt der Evangelist in einem Kapitel.

Heute nun die Rückkehr der 12 Jünger!
Und jetzt dürfen wir das Ende dieses Kapitels nicht außer Acht lassen, denn das Ende dieser Geschichte, ist die erste Brotgeschichte, 5000 Menschen werden satt und es bleiben 12 Körbe übrig. Eine Geschichte der Fülle.

Soweit das ganze Kapitel von Markus. Das Thema des heutigen Evangeliums gewinnt an Tiefe und Bedeutung, wenn wir das alles vor Augen haben wird deutlich, es gibt viel zu tun für Jesus und seine Jünger.

Um so bedeutender ist die heutige Erzählung. Es geht in diesem Teil der Geschichte um eine tiefe Erfahrung die Menschen machen können, Würdigung!

Die Jünger sind von ihrer Reise und ihrem Auftrag zurückgekehrt und Jesus lädt sie ein, mit ihm an einen einsamen Ort zu fahren. Die Jünger sind voll von dem was sie erfahren und erlebt haben und reden gleich darauf los. Jesus aber möchte nicht so zwischen Tür und Angel davon hören, er schenkt ihnen Raum und Zeit. Sie sollen in Ruhe erzählen und er möchte ihnen seine Aufmerksamkeit schenken. Das geht nicht, wenn Menschenmassen um sie herum sind.
Die Jünger sollen Zeit und Raum für ihren eigenen Hunger bekommen. Denn für ihren Hunger gab es keine Zeit, sie waren mit zu vielen Menschen beschäftigt und sie hatten keinen Ort, keinen Raum für sich.

Jesus aber nimmt das sehr ernst. Er nimmt sie erstmal beiseite, schenkt ihnen Ruhe und einen Ort und er schenkt ihnen das wichtigste: Würdigung.

Würdigt das was ihr erfahren, getan und erlebt habt, würdigt euren eigenen Hunger. Nicht nur den körperlichen. Würdigt eure Sehnsucht.

Jesus sagt seinen Jüngern, ihr habt gut gesorgt, für den Hunger der Menschen, aber jetzt seid ihr dran, ruht euch aus, jetzt sorgt für euer eigenes.

Wenn Menschen das nicht tun, dann werden sie ihr eigenes entwürdigen, nicht wertschätzen. Dann gibt es Äußerungen, die wir alle kennen, „ach das war doch nicht der Rede wert“, oder „ich habe doch gar nichts getan, ich hab dir doch nur zugehört!“ Genau das gilt es zu würdigen und zu teilen, ich würdige mein Tun, den Raum, die Zeit und Teile den Hunger.

Ein weiterer Teil der Geschichte nimmt die vielen Menschen in den Blick.
„Als Jesus (…) die vielen Menschen sah, hatte er Mitleid mit ihnen, denn sie waren wie Schafe, die keinen Hirten haben. Und er lehrte sie lange.“
Das Bild vom Hirten gibt uns im Evangelium den Schlüssel. Der Hirte teilt sein Leben mit seinen Schafen. Wenige Menschen, besonders wir modernen Menschen, verbinden keine persönliche Erfahrung mehr mit einem Hirten.

Als Jesus sagte „(…) sie sind wie Schafe, die keinen Hirten haben“, da waren die Herden bedroht von Wind und Wetter, Raubtieren und Räubern. Der Hirte hielt die Herde nicht nur zusammen, sondern setzte sein Leben aufs Spiel im Kampf mit den Gefahren. Deshalb wählt die Bibel früh das Bild des guten Hirten.

Jesus wird zum Hirten für diese Menschen. Sie folgen ihm, ja verfolgen ihn geradezu, weil sie gemerkt haben: Der hat gute Nahrung für uns, der hat Worte, die unsern Hunger stillen. Sie sind keine dummen Schafe, die jedem hinterherlaufen, sondern sie wissen ganz genau, wer ein guter Hirte ist.  Dieses Bild war den Menschen damals sehr vertraut.

Jesus lehrte sie lange, er gibt ihnen Lebensunterweisung. Hier müssen wir auf das schauen was das Anliegen Jesus war. Er weist auf Gott hin: schaut auf Gott, den Menschen und das Zusammenleben. Unser menschliches Leben ist das Thema! Jesus hat nicht viel von sich gesprochen, weil es um mehr geht. Die Frohe Botschaft will nicht Identifizierung mit Jesus – unser menschliches Leben ist sein Anliegen. So spricht Jesus in das alltägliche Leben der Menschen hinein und über das was die Menschen kennen. Er würdigt den Hunger dieser Menschen. Er würdigt ihre Sehnsucht, weil sie sich auf den Weg gemacht haben, aufgebrochen sind, sie sind berührt und bewegt.

Was sind wir bereit für unsere Sehnsucht, unser Leben zu tun?
Womit und wie wollen wir unseren Hunger stillen?

Das Wort Gottes stellt diese Fragen und will uns helfen sie zu beantworten. Helfen, nicht abnehmen. Wenn Gott uns alles abnehmen würde, alle unsere Probleme lösen würde, wäre er ein Gott der uns Menschen entwürdigt, im Sinn von diese Menschen sind zu dumm, zu hilflos, sie können es nicht selber, die brauchen einen großen Papa, der es richtet. Das aber ist nicht der Umgang Gottes mit seinen geliebten Menschen und es ist auch nicht der Umgang Jesu mit seinen Menschen.

Gottes Anliegen und das Anliegen Jesu ist, dass wir unser Potential freilegen, das wir uns einbringen mit all unseren Fähigkeiten, Talenten und Möglichkeiten, dass wir Kräfte entwickeln, um unser Leben zu gestalten und unserer Sehnsucht trauen.

Jesus würdigt den Hunger der Jünger, er hat sie gelehrt was er kann und vertraut es ihnen an.
Gott würdigt unsere Sehnsucht und er vertraut uns das wir Leben gestalten können.
Wir sind eben keine dummen Schafe, aber Gott möchte wie ein Hirte an unserer Seite sein, besonders dann, wenn es durchs dunkle Tal geht, wie wir es in den letzten Wochen und Monaten vielfältig in der Pandemie erfahren haben und wie es die Menschen in den letzten Tagen erleben, wo Wassermassen ihre ganze Existenz weggerissen haben und vielen sogar das Leben.
Es ist meine Hoffnung, dass wir das Beste, das diese Zeit in uns hervorgebracht hat, würdigen und eine tiefe biblische Wahrheit erkennen mögen: Wo Leben ist, da ist auch Hoffnung!

18. Juli 2021
Sr.M. Andrea

Dankbarkeit

Der Duft des Sommers weht mir in die Nase und wohltuend empfinde ich den Bauern, der mit seinem Traktor ungezählte Male gleichmäßig vorüberfährt und das Heu auf seiner Wiese wendet. Davor blühen die Lindenbäume und verströmen ihren lieblichen Duft.

Meine Gedanken wandern rückwärts – mehr als 50 Jahre – in eine Zeit, als meine Eltern neben den Weinbergen einen kleinen Bauernhof bewirtschafteten. In den Ferien durfte ich früh am Morgen, wenn alle andern noch schliefen, neben meinem Vater auf dem Traktor sitzend, das taufrische Gras mit ihm mähen. Wir nahmen es mit nach Hause um damit die Kühe im Stall zu füttern.

An die Nachmittagszeit habe ich keine solch wohltuende Erinnerung. Da hatte ich keine Wahl, wir mussten alle mit aufs Feld und das Heu wenden und ernten.

Der Bauer auf seinem Traktor fährt vorüber und er arbeitet alleine. Seine Maschine erledigt das, was wir damals mit der ganzen Familie mit der Hand bewerkstelligt haben. Ich erinnere mich an die Blasen und Schwielen, die der Holzrechen auf meinen Händen hinterließ. Und noch heute meine ich das Piksen und Stechen zu spüren, wenn das Heu auf den Wagen gehoben wurde und ich es oben einigermaßen gleichmäßig verteilen musste. Ich schwitzte in der Hitze des Sommers und die Spreu klebte mir an der nackten, empfindlichen Haut. Meine Klagen brachten weder Erleichterung, noch schafften sie Abhilfe.

Am Abend und am Morgen steigt mir der Duft des frischen Heus in die Nase, verbindet sich mit den jahrzehntealten Erinnerungen und weckt in mir Dankbarkeit. Dankbarkeit wofür? Für die arbeitsreiche Heuernte in den Sommerferien, für das Arbeiten in schier unerträglicher Hitze oder bei der Traubenlese in den Steillagen der Mosel, egal wie kalt oder nass es war?

Es ist die Dankbarkeit für den Genuss der Natur und dafür, das meine Eltern mir nichts vorenthalten haben, weder die erfrischenden, genussvollen Morgenstunden, noch das Arbeiten bei Hitze und Kälte im Sommer und Herbst.

Ich erinnere mich an meine Mutter, die sich beklagte, dass ich nicht wiederkam, wenn sie mir die Salatreste in die Hand drückte um sie zu den Hühner zu bringen. Ich nutzte so gut wie jede Gelegenheit um draußen zu bleiben und dabei entfernte ich mich weit genug, um die Rufe meiner Mutter nicht zu hören.

Die Natur ist mein zu Hause. Grün ist eine meiner Lieblingsfarben. Der Duft von frischem Heu, von Holunder – und Lindenblüten erfüllt mich mit Dankbarkeit!

Juni 2021

 

 

 

 

 

 

 

 

Wiedergewonnenes Leben

Wiedergewonnenes Leben

Das österliches Leben viele Facetten in sich trägt habe ich in diesem Jahr besonders deutlich erfahren.

In der Zeit der aktuellen Pandemie mit ihrer Flut von politischen, wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Informationen, mit menschlichen Ansprüchen, politischen Verheißungen und Verunsicherungen ist mir der christliche Osterglaube an das Leben wie ein „Fels in der Brandung“. In einem anderen Bild ausgedrückt, ist er für mich (lebendig vor Augen in unserem Garten) wie ein Tulpenbeet mit jede Menge Wildwuchs. Das ist mir aber erst bewusst geworden, als ich den Impuls von Rosemarie Monnerjahn in „Bleiben Sie behütet“ über die Zuversicht aufgenommen habe.

Ob es am Klimawandel liegt, oder zum natürlichen Rhythmus der Jahreszeiten gehört vermag ich in diesem Jahr nicht zu sagen, jedenfalls habe ich die Wetterlage in diesem Frühjahr ziemlich „normal“ empfunden. Es war bisher überwiegend kalt und sie brachte auch im April etliche Nächte mit Bodenfrost mit sich. Der Ansturm auf Gärtnereien und ihre Blumenangebote schien mir dennoch enorm gestiegen zu sein.

Nichtsdestotrotz bleibe ich dabei: Ich pflanze erst im Mai und taste mich dabei vorsichtig an den 15. und die „Kalte Sophie“ heran. Dabei ist mir durchaus bewusst, dass die Wildkräuter im Garten unabhängig von jeder Witterung hemmungslos wuchern.

In den täglichen Nachrichten hört sich das für mich in Sachen Covid-19 und Mutationen sehr ähnlich an; „Wildkräuter“ jeglicher Art wuchern auch hier.

Beide Arten von wilden Kräuter haben in den letzten Wochen in mir unterschiedliche Gefühlslagen hervorgerufen. Es kam mir vor, als ob sich die Erfahrungen der Kar–und Ostertage wechselweise wiederholten.

– ein Blick in den Garten und auf das viele Unkraut machte mich mutlos – bei dem Gedanken an den notwendigen Einsatz fühlte ich mich überfordert – ich sah mich all dem allein gegenüber, Helfer sind z. Zt. nicht zugelassen – das Gartenstück erschien mir wie ein Riese, der versucht mich nieder zu streckten

Und so stand ich da: mutlos, überfordert, alleingelassen, dazu mit dem inneren Vorwurf, mir das Ganze selbst „eingebrockt“ zu haben. Ich selbst hatte den Garten seinerzeit so gewollt.

Bereits im vergangene Jahr hat sich gezeigt, das etliche Beete in diesem Jahr neu geordnet werden müssen und es sinnvoll sein würde ökonomisch zu planen.

Ich zögerte das Abholen der bestellten Stauden hinaus, was meiner Plan – und Hilflosigkeit geschuldet war.

Mit dem Tag, da die Körbe im Garten standen, veränderte sich ganz zaghaft etwas in mir. Die Liebe zu den Pflanzen regte meine Tatkraft wieder an und so nahm ich Tag für Tag die Gartengeräte zur Hand um die neuen Stauden einzupflanzen und ihnen jenes Wachstum zu ermöglichen, für das sie bestimmt sind.

Anders als gewohnt wollte ich nicht Beet für Beet vom Unkraut befreien, sondern ich gab der neuen Gestaltung den Vorrang und pflanzte erst einmal rundum alle Frauenmäntel zu einer einladenden Wegeführung. Mit jeder neuen Einfassung füllte sich mein Herz mit wiedererwachender Lebensfreude und erfrischender Zuversicht. Spatenstich folgte auf Spatenstich, Wildkräuter und Mengen von unwillkommenen Steinen wichen den neuen Stauden.

Der dicke, alte Rosmarin hatte die vielen Frostnächte leider nicht überlebt und musste mit großer Mühe aus der Erde gehoben werden. Seine Wurzeln klammerten sich an steinige Brocken und kosteten mich eine Menge Körperkraft, vergleichbar mit manchen Menschen, die an ihren ungesunden Überzeugungen festhalten und die mich seelische Kraft kosten sie nicht so nah an mich heranzulassen.

Und mehrmals am Tag sah ich mich der Herausforderung gegenüber, meinen Blick auf das noch Wenige zu richten, was mir Zuversicht und Freude schenkte und nicht das Viele zu betonen, was noch wildwüchsig im Argen lag.

Dabei ist der Garten für mich in diesen Tagen ein lebendiges Bild für unsere Situation in der Pandemie geworden.

Worauf richten wir unseren Blick? Das alles wieder so wird, wie es vor der Pandemie war? Das kommt vermutlich einer Illusion gleich. Auch der Garten kann nicht mehr so werden, wie er vor zwei Jahren war, weil alles Leben Verwandlung mit sich bringt. Allein der vor 6 Jahren gepflanzte

Beinwell lehrt mich das, wenn er jedes Jahr versucht den Garten mehr und mehr zu bestimmen. Ich lasse ihm viel Raum, weil er die Bienen anlockt, aber er wird nie die einzig vorherrschende Pflanzen sein.

Mit der Neugestaltung waren auch für manche Pflanzen „Ortswechsel“ verbunden, Veränderungen, die nicht beliebt sind, jedoch dem Leben eine neue Chance bieten wieder aufzublühen.

Vielleicht das Wichtigste, was ich in diesen Tagen erlebe, ist der Rhythmus der Allem zu eigen ist. Der Wechsel zwischen anstrengender und leichter Arbeit, zwischen Bücken, Stehen, Knien und Gehen, das Einhalten von kleinen Unterbrechungen und längeren Pausen und auch das Genießen, was getan und fertig ist. Besonders heilsam und lehrreich war es, mich mitten in all dem was noch zu tun bleibt, in die Sonne zu setzen und die Sonntage zu genießen. All das gehört zusammen, wie Freude und Trauer, wie Alleinsein und Gemeinschaft, wie Hunger und Satt-sein, wie Leben und Tod.

In den nächsten Wochen gibt es noch reichlich zu tun, aber anders als zu Beginn, ist die Freude wieder zurückgekehrt und die Angst und das Gefühl überfordert zu sein sind der Zuversicht gewichen.

Die Unkräuter und Wildkräuter werden wieder wachsen und versuchen sich auszubreiten. Vermutlich wird es immer wieder Zeiten geben, in denen sie Land erobern, das für andere Pflanzen bestimmt ist. Doch bin ich auch gewiss, dass sie den Garten nicht einnehmen können, gibt es doch unermüdliche Hände, die umgraben, schneiden, pflanzen… und diesen Lebensraum bewusst zu einem blühenden Ort der Schönheit gestalten, auch wenn es dafür jedes Jahre eine Menge Zeit und Zuwendung braucht.

Die Pandemie hat vieles hervorgebracht, was unser Umdenken erfordert und Veränderungen nötig macht. Wir werden mit Menschen und Reden konfrontiert, die uns verunsichern, unsere Geduld auf die Probe stellen und uns einzureden versuchen, dass wir ein Recht auf unsere persönlichen Freiheiten haben. Es sind Menschen, die nach der Pandemie wieder dort weiter machen möchten, wo sie vor der Pandemie anhalten mussten. Ein Blick in die Natur lehrt mich, dass das so nicht möglich sein wird. Wir werden uns den Herausforderungen stellen müssen, die uns entgegen kommen. Für mich sind solche Leute wie die Wildkräuter im Garten, die sich Land erobern wollen, das für andere Pflanzen, für blühende Blumen, bestimmt ist.

Doch ich erlebe auch die Anderen, die umsichtig, zuversichtlich und verantwortungsbewusst agieren, Menschen denen am Herzen liegt und sich für das einsetzen und dem treu bleiben, was dem Leben aller dient: fruchtbaren, blühenden Lebensraum zu gestalten, Orte der mitmenschlichen Schönheit.

Sie tun mir gut, weil sie mich erfahren lassen, das ich nicht alleine bin, das wir Viele sind, die an vielen Orten dem Leben dienen.

40 Tage hindurch begegneten Frauen und Männer Jesus, nachdem er den Tod überwunden hatte, in einer neuen Weise. Vermutlich erwärmten sich auch ihre Herzen nur langsam und vermutlich wechselten auch bei ihnen die Gefühle von Freude, Verunsicherung, Angst, Traurigkeit und Zuversicht.

Dann versammelten sie sich tagelang zum Gebet und warteten darauf, das Gottes Geist sie stärke und neue Wege ins Leben zeigen möge.

An dieser Stelle stehen auch wir heute, wenn wir nach neuen Wegen suchen, wenn wir unsere Herz – und Haustüren öffnen um wieder aufeinander zuzugehen, um hinauszugehen in die Welt, um Zuversicht und Hoffnung weiterzugeben.

Sr. M. Josefa

16.Mai 2021

 

 

 

 

 

 

 

Emmaus ist überall

EMMAUS IST ÜBERALL

Wer von uns das Glück hat, nach Israel zu fahren, der wird natürlich die biblischen Orte sehen wollen. Er fährt zum See Genezareth, besucht die Grabeskirche, die Geburtskirche in Betlehem…

Und wer mehr Zeit hat, der sucht auch die kleineren Orte, von denen in der Schrift geschrieben wird.

Wenn Sie aber den Ort Emmaus suchen, besteht die Chance ihn gleich dreimal zu finden.

Insgesamt drei Ortschaften beanspruchen für sich, das Dorf zu sein, in das die beiden Jünger gegangen sind. Drei Kirchen kennzeichnen den Ort, an dem das Haus des Kleopas gestanden haben soll, drei Ausgrabungen bestätigen, dass es genau dieser Ort gewesen sein muss. Drei verschiedene Orte! Und ob es am Ende nicht gar an einem vierten, einem ganz anderen Ort gewesen ist, das weiß im Grunde niemand zu sagen.

Ob ich im Emmaus des Lukasevangeliums gewesen bin? Ich weiß es nicht! Eigentlich finde ich es – je länger ich darüber nachdenke – sogar ganz gut, dass das historische Emmaus, gar nicht zu finden ist. Denn eigentlich ist es völlig gleich, welcher Ort – historisch betrachtet – Emmaus gewesen ist. Es ist unbedeutend, ob es überhaupt irgendeiner jener Orte war. Denn im Grunde spielt es keine Rolle, ob und wo es dieses Emmaus der Bibel überhaupt gibt.

Das Evangelium vom Erkennen Jesu beim Brotbrechen, handelt schließlich von keinem Ort, es handelt nicht von Emmaus. Dieses Emmaus, von dem das Evangelium berichtet, dieses Emmaus ist überall.

Emmaus ist überall dort, wo Menschen spüren, dass ihnen das Herz brennt. Emmaus ist dort, wo Menschen wieder begreifen, dass der Herr schon lange bei uns ist. Emmaus ist dort, wo Menschen spüren, dass Jesus Christus lebt und dass er mit uns lebt. Dort, wo einem die Augen aufgehen, wo man plötzlich keine Angst mehr hat, wo man aufhört zu weinen und die Sonne wieder lacht, dort ist Emmaus.

Das Emmaus der Bibel, das finde ich nicht in den Steinen irgendwelcher Ausgrabungen, das Emmaus der Bibel, das finde ich in den Herzen der Menschen. Und deshalb finde ich es überall.

Wenn Emmaus aber überall ist, wenn sich das Geschehen, das das Lukasevangelium schildert, überall ereignen kann, und auch zu allen Zeiten, wenn das, was das Evangelium berichtet, auch für unseren Ort und für unsere Zeit geschrieben ist, dann darf ich nämlich hoffen – darauf hoffen, dass auch wir dort, wo nichts zu sehen ist, dass wir dort, wo alles düster ist, wo wir allein sind, Angst haben und traurig sind, dass wir dort nicht zwangsläufig schon in Sackgassen stecken, oder im tiefen Tal der Sinnlosigkeit, in dem es nicht mehr weitergeht.

Ich darf darauf hoffen, dass auch wir, wie Kleopas mit seinem Freund damals, traurig und betrübt auf einem Weg sind; ohne auch nur im leisesten zu ahnen, dass Jesus das Leid schon längst durchbrochen hat, dass er schon wieder – von uns unbemerkt – an unserer Seite geht, während wir eben noch unterwegs sind, unterwegs nach Emmaus eben.

Ein gesegnetes Osterfest

Sr. M. Andrea

 

 

 

Die Passion

Zum Palmsonntag

In den Gottesdiensten zu diesem Sonntag wird die Passion Jesu vorgetragen. Wir hören vom Leidensweg Jesu bis zu seinem Tod. Dafür verwenden wir Christen das Wort Passion.

Wenn wir jedoch von Passion sprechen, drücken wir weit mehr aus, als nur Leiden. Das griech. Wort Passion meint: durchstehen, erleben, leiden und die franz. Herkunft des Wortes spricht von leidenschaftlicher Hingabe.

Wir sprechen auch von Passion, wenn wir eine starke leidenschaftliche Neigung zu etwas empfinden (z.B. Musik, Theater), ein großes Gefühl, für das wir bereit sind unser Herzblut zu geben, insbesondere die Leidenschaft für eine bestimmte Person. Mit Passion verbinden wir eine Dynamik, die uns antreibt, eine innere Kraft, die uns in Bewegung bringt, eine Leidenschaft, die auch Leiden schafft.

Wenn wir die Passion Jesu damit in Verbindung bringen, spüren wir, dass wir den Weg und das Leben Jesu nicht auf das ertragene Leid „reduzieren“ sollten. Was uns in der Bibel über Jesus erzählt wird, zeigt, das er ein leidenschaftlich liebender Mensch war. Seine Passion ist im tiefsten Grunde eine Liebesgeschichte. Seine Leidenschaft für uns Menschen schließt das Leid mit ein, das eine solche Hingabe mit sich bringen kann.

Und jede und jeder von uns kennt vermutlich ähnliche Erfahrungen: Was wir leidenschaftlich lieben, kann uns heftiges Leid zufügen. Doch gerade die leidenschaftliche Liebe und Hingabe machen uns bereit, dafür zu leiden. Wir gehen – um der Liebe willen – dieses Risiko ein.

Liebe meint nicht Romantik; Liebe ist kernig, bodenständig und im tiefsten leiden-schaftlich! Liebe schreckt nicht vor dem Risiko zurück.

Das können wir an Jesu Leben „ablesen“. Er weicht nicht aus – obwohl er Möglichkeiten dazu hatte – er schreckt nicht zurück, weil er seine Menschen leidenschaftlich liebt, mit Herzblut.

So auch viele Seelsorgerinnen und Seelsorger unserer Tage, die mit Herzblut bei den Menschen sind und segnen, was Gott schon im voraus mit Liebe gesegnet hat und die sich leidenschaftlich weigern „römischen“ Wegen zu folgen, die den Anschein erwecken für die Liebe blind zu sein.

Ist es nicht gerade diese leidenschaftliche Hingabe, die uns Jesus ähnlich macht? Sind es nicht gerade diese Erfahrungen in unserem Leben, die uns Kraft geben, uns selbst und Gott treu zu bleiben?

Sr. M. Josefa 27. März 2021

Fastenzeit oder Heilige Frühling?

Fastenzeit oder Heiliger Frühling?

Ab Aschermittwoch beginnt die große 40-tägige Fastenzeit im Christentum.

In der frühen Kirche war noch die Sprache von einem „Heiligen Frühling“. Heute ist jede Spur davon verloren gegangen. Bis heute ist die Sprache von Buße, Umkehr, Fasten und Verzicht, was an und für sich gar nicht schlecht ist. Aber es fehlt jegliche Motivation und Begründung dafür. Und so haben Buße, Umkehr, Fasten, Verzicht sich verselbstständigt. Wir üben sie, als ob sie das Ziel wären. Damit entsteht dieses trübe, schwere, dunkle Gefühl der Fastenzeit. Freude wird 40 Tage verbannt oder unterdrückt. Eine wirkliche Vorbereitung auf Ostern ist das nicht, denn wir haben nicht geübt, was wir üben sollten, nämlich das Leben erneut zu schätzen.

Als ich zum ersten Mal den Namen „Heiliger Frühling“ hörte, keimte in mir eine Hoffnung auf, das es noch etwas anderes geben könnte als das, was ich kannte.

Denn es gibt einen Unterschied: Die Fastenzeit oder Österliche Bußzeit ist etwas von Menschen Gemachtes, etwas Gedachtes und Gewolltes.

Der heilige Frühling ist im wahrsten Sinn des Wortes natürlich, von Gott gegeben, aus Gott geboren, von Gottes Atem durchdrungen. Der Heilige Frühling weckt Bilder von zartem, frischem Leben, das nach dem winterlichen Rückzug aufs Neue bereit ist sich zu entfalten.

In der katholischen Kirche bekommen wir am Aschermittwoch ein Aschenkreuz auf die Stirn gezeichnet mit den Worten: „Gedenke Mensch, das du Staub bist und wieder zum Staub zurückkehren wirst“. Ich bevorzuge eine Formel aus der keltischen Tradition: „Unter der Asche schlummert ein Feuer. Erwecke es zum Leben, bis dein Herz für Gott brennt“.

Diese Formel greift die keltische Tradition des gieshog auf. Hier geht es darum, ein Hüter des Feuers zu sein, äußerlich am Herdfeuer und innerlich im Herzen.

John o´Donohue ein irischer Theologe beschreibt diese Übung in seinem Buch „Die vier Elemente“:

Auf dem Land wurde jeden Abend vor dem Schlafengehen „das Feuer zugedeckt“. Die Glut, die sich im Lauf des Tages angesammelt hatte, wurde mit ihrer eigenen Asche abgedeckt. Das schottete sie von der Luft ab, die ihr sonst Nahrung zum Weiterbrennen und völligen Verglühen gegeben hätte. „Das Feuer zudecken“ ruft die Vorstellung hervor, dieses Element werde zu Bett gebracht, wo die puderfeine Decke von Asche sein Verlangen, in Flammen aufzugehen, dämpft und verlangsamt, dabei aber die Glut selbst am Leben erhält. Wenn das Tagewerk vollbracht ist, wird auch der Glut ein erholsamer Schlaf unter der Asche der Nacht gegönnt, damit sie beim ersten Tagesgrau erfrischt aufwachen und einen neuen Morgen erwärmen kann. In manchen Häusern ging das Feuer buchstäblich nie aus. Ein und dasselbe Feuer wurde von Generation zu Genration weitergegeben. Es ist eine schöne Vorstellung, dass die Wärme einer Familie über Generationen hinweg fortdauern kann.

Um dieses Feuer spielte sich ein Großteil des besinnlichen und turbulenten Lebens der Familie ab; es ist ein interessanter Gedanke, dass man das eine Feuer, dass das Leben aller wärmt, buchstäblich nie sterben ließ“.

Das wäre eine gottesfürchtige und menschenwürdige Art einen „Heiligen Frühling“ einzuführen. Wir könnten Hüter des Lebens werden, indem wir alles, was in uns eingeschlafen ist an Energie, Wärme, Träume und Freude, wieder erwecken und zum Leben rufen.

„Unter der Asche schlummert ein Feuer. Erwecke es zum Leben, bis dein Herz für Gott brennt“ ist die Möglichkeit, die Bewahrung der Glut zu verstehen „als die Weigerung endgültig zu erkalten.“ (Joan Chittister)

So könnten wir das Leben neu schätzen und am Ende der 40 Tage wieder mit mehr Freude, Leben und Lust, ja mit erneuertem Feuer die Welt lieben und gestalten.

17. Februar 2021 

Sr. M. Andrea op

Schenkende und Beschenkte

Schenkende und Beschenkte

Es waren die stillen Tage nach Weihnachten, an denen wir uns Gedanken machen mussten, wie wir in dieser aussergewöhnlichen Zeit der Corona-Pandemie den Segen der Sternsinger zu den Menschen bringen wollten und konnten.

Jeden Tag, bis zum Fest Epiphanie, erhielten wir einen Impuls und ein Gebet von Siebenquell. Darin wurde die biblische Erzählung aus Mt 2, 1-12 gedeutet und uns als Angebote für unser geistliches Leben mitgegeben. Es geht um die Geschichte der Sterndeuter. Der Titel:

Wir haben seinen Stern aufgehen sehen“.

Als die Weisen endlich den gefunden haben, der ihre Sehnsucht geweckt, ihren Aufbruch, ihre Suche und ihre Durchhalten bewirkt hat, holten sie ihre Geschenke hervor: Gold, Weihrauch und Myhrre.

Und dann stellt P. Erik Riechers die Frage: „Was bin ich bereit bei der großen Begegnung auf den Tisch zu legen?“

An dieser Stelle halte ich inne und gebe der Frage Raum. Mich selbst nehme ich als eine Frau wahr, die immer wieder neu mit Ideen beschenkt wird und die ihre Einfälle gerne in die Tat umsetzt. Das macht mich lebendig und glücklich. Menschen in der Gemeinde werden da nicht „geschont“ und sind eingeladen – im Sinne von Kirche und Gemeinschaft – mitzutun.

Meine Mitschwester, das Gemeindeteam, unsere Ministranten mit ihre Eltern und andere Ehrenamtliche haben sich gerade auch in diesem „Corona-Jahr“ darauf eingelassen und ihre Gaben miteingebracht.

Wir haben bewußt in der Fasten – und Osterzeit bis zum Pfingstfest die Kontakte gepflegt, wir haben kleine und große Projekte umgesetzt und trotz aller Vorgaben Distanz zu wahren versucht, miteinander in Verbindung zu bleiben.

An dem Ort, wo wir leben, mit den Menschen, denen wir begegnen und den Möglichkeiten, die uns zur Verfügung stehen, sind wir in dieser Welt miteinander und füreinander unterwegs.

Und genau das wollten wir zum Fest der Erscheinung des Herrn (Epiphanie) wieder zum Ausdruck bringen:

Wir haben seinen Stern aufgehen sehen und sind gekommen, ihm zu huldigen“

Die Sterne und der Mond sind es, die in einer dunklen Nacht Orientierung ermöglichen, die Hoffnung schenken und uns den Weg weisen.

So sind am 6. Januar „Segens-Briefträgerinnen und -träger“ losgezogen und haben fast 500 Briefe mit Gebeten und Türsegen in die Briefkästen verteilt. Es war genau das, was den Menschen derzeit gut getan hat, was ihnen Hoffnung und Licht geschenkt hat, so wie eine Besucherin in der Kirche sagte: „Gerade jetzt brauchen wir den Segen doch ganz besonders.“

Gemeinsam und gegenseitig haben wir Licht und Wärme in unsere derzeit dunkle und kalte Welt gebracht. Dafür bin ich allen sehr dankbar: denen, die mit dazu beigetragen haben sie möglich zu machen und ebenso denen, die unsere Lichtzeichen und wärmende Botschaften in dieser schweren Zeit angenommen haben.

„…sie öffneten ihre Schätze und brachten ihm Geschenke dar…“

Geschenke erhalten ihren Wert nicht einfach so, sie leben nicht davon, dass sie mitgebracht und niedergelegt werden. Geschenke bekommen erst ihre Bedeutung durch den und die, welche sie annehmen, auspacken und wertschätzen. So werden aus Schenkenden wieder Beschenkte.

Und beide – Beschenkte und Schenkende – machen eine dunkle und kalte Welt ein Stück heller und wärmer.

Sr. M. Josefa

Wir haben seinen Stern aufgehen sehen

Wir haben seinen Stern aufgehen sehen

am anfang

geschaut

wahrgenommen

berührt

aufgenommen

bewegt

mitgenommen

suchen

weitergehen

flüsse und brunnen

moore und berge

wüstensand

getrieben

fragen

zweifel

fehler

unermüdlich

beharrlich

weitergehen

verlieren

wiederfinden erzählen

langer atem

abenteuerliche reise

finden

in armut

in hilflosigkeit

ein könig

knie beugen

huldigen

beschenken

möge uns die lust nach abenteuerlichem leben

aufgehen wie ein stern gottes

05. Januar 2021 Sr. M. Andrea

Weihnachten erfahren

Weihnachten erfahren – heilende Stunden der ansteckenden Gesundheit

Weihnachten erfahren – heilsame Begegnungen die Verwundungen vernarben lassen
Weihnachten erfahren – unerwartetes Entgegenkommen mitten in verhärteten Beziehungen
Weihnachten erfahren – strahlendes Aufleuchten jener oft vergessenen Wirklichkeit: Gott ist mit uns in allem
Weihnachten erfahren – hoffnungsstiftender Zuspruch vor allen Ansprüchen: Gemeint zu sein vor aller Leistung
 von Pierre Stutz

 

Fällt Weihnachten aus?

Fällt Weihnachten aus?

Wir alle freuen uns jedes Jahr auf Weihnachten. Deshalb fällt es uns in diesem Jahr der Pandemie so schwer, dass es anders wird als wir es gewohnt sind und kennen, das die Gewohnheiten sich ändern müssen.

Warum nur kommen wir nicht los von Weihnachten?

Vielleicht deswegen, weil uns der Sinn dieses Festes nicht loslässt, obwohl es uns immer mehr zu entgleiten droht.

Es ist schon eigenartig: Wir bereiten uns vier Wochen auf Weihnachten vor und sind traurig, weil es in diesem Jahr keine Weihnachtsmärkte gibt und seit der 3. Adventswoche auch noch einen harten Lockdown und wir nicht bis zum 24. Dezember Weihnachtsgeschenke einkaufen können. Wir sind sehr mit Äußerlichem beschäftigt, mit Geschenken, Weihnachtsessen und Dekoration. Die Werbung sugeriert uns, was alles nötig ist, damit das Fest gelingt und dann kommt uns Corona in die Quere. Wie soll da Weihnachtsstimmung aufkommen?

In vielen Familien werden Traditionen und die Geimeinschaft seit Jahren gepflegt. Doch wenn dann die Krise vieles nicht zu lässt, fällt dann Weihnachten aus?

Die Weihnachtszeit wird in diesem Jahr anders sein als sonst. Durch Corona werden manche liebgewonnenen Traditionen und kirchlichen Bräuche ganz anders, nur unter erschwerten Bedingungen oder auch gar nicht möglich sein.

Weihnachten aber fällt nicht aus – Weihnachten geschieht und wird und ist. Weihnachten – das ist das Geschenk Gottes an seine Menschen. Weihnachten ist und war und wird sein und es gilt:

„Fürchtet euch nicht!“ Das ist die biblische Zusage an Weihnachten, dass Gott sich der Ängste seiner Menschen annimmt, in allen Epochen, auch in dieser Zeit der Pandemie.

Und worum geht es eigentlich an Weihnachten:

Das Kind in der Krippe. Gott bei euch – das ist die Zusage, die sich aus dem Geschehen von Weihnachten ergibt: Gott ist Mensch geworden und er ist bei seinen Menschen. Hier werden Zuspruch und Hoffnung besonders deutlich. In Jesaja 7,14 heißt es: „Darum wird euch der Herr von sich aus ein Zeichen geben: Seht, die Jungfrau wird ein Kind empfangen, sie wird einen Sohn gebären und sie wird ihm den Namen Immanuel (Gott mit uns) geben.“

Weihnachten – Gott wird Mensch – findet statt, trotz bzw. unabhängig von Corona. Gott ist bei uns, er bleibt bei uns.

Gott verlässt seine Sphäre und macht sich klein und wehrlos, liefert sich der Welt und den Menschen aus. Um uns ganz nahe zu sein, um uns besser verstehen zu können, teilt er unser Leben mit all seinen Höhen und Tiefen.

Sogar bis zum bitteren Ende.

Mehr Liebe geht nicht, nicht im Himmel und nicht auf Erden.

Und Gott bereut es nicht, sagt nicht, dass er sein Herz im nächsten Jahr anders verschenken wird,  sondern steht zu seiner Entscheidung und zu uns.

Alle Jahre wieder. Trotz….

Im Advent 2020

Sr. M. Andrea op

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Lichter der Hoffnung

Lichter der Hoffnung

Es ist November geworden, die Blätter fallen von den Bäumen, es werden wieder die Winterjacken aus dem Schrank geholt, nach Schal und Handschuhen gesucht, die Winterreifen auf´s Auto gezogen.

Klare Zeichen einer Zeitenwende, die wir jedes Jahr aufs Neue durchmachen. Der Sommer ist vorbei, der Herbst gibt ein kurzes Gastspiel und der Winter steht eigentlich schon wieder vor der Tür.

Und gerade im November scheint dieser Wechsel so richtig greifbar und spürbar zu werden, denn die verschiedenen kirchlichen Gedenktage und Feste sind gewiss nicht ohne Grund in diesen Monat gelegt worden: Allerheiligen, Allerseelen, Volkstrauertag, Buß- und Bettag.

Und die Corona -Pandemie ist in diesem Jahr allgegenwärtig. Maskenpflicht, Abstandhalten und nun noch starke Einschränkungen, denn soziale Kontakte sollen vermieden werden.

Für viele Menschen sind diese von Natur aus immer dunkler werdenden Wochen in diesem Jahr düster geworden; existentiell bedrohlich, emotional schwierig und einsam machend – all das fördert Frustration und Leere, Melancholie bis Depression.

Im Radio hörte ich vor einigen Tagen einige Tipps gegen den dreifachen November- Blues:

Bewegung an der frischen Luft

Den Tag gut gestalten, dabei auch schöne Dinge einplanen

Essen und Lachen

Es gab noch andere Tipps, diese drei habe ich mir gemerkt, weil ich sie teilweise in meinem Alltag schon umsetze.

Aber reicht das aus?

In mir erwachte die Frage: Wie können wir die Wege unseres Lebens gehen, wenn sie schwierig werden?

Sollten wir nicht aufstehen, Lichter anzünden und das Licht der Hoffnung, am Leben halten?

Das Licht der Hoffnung müssen wir schützen vor der Dunkelheit von Passivität, Gleichgültigkeit, Perspektivlosigkeit und Verzweiflung.

In der letzten Woche entdeckte ich eine kleine Aktion „Laternen Fenster“. Sr. Josefa und ich spürten, diese Aktion möchten wir in unserer Gemeinde bekannt machen und unterstützen. Für uns war es das Gebot dieser Stunde. Die Lichter der Hoffnung sollen leuchten.

Für die Kinder ist es eine schöne Alternative, da die Martinsumzüge Corona bedingt abgesagt sind, ihre selbst gebastelten Laternen ins Fenster zu stellen. Und große und kleine können diese dann bei einem abendlichen Spaziergang bestaunen.

Für die Erwachsenen könnte es eine Licht der Hoffnung werden.

Ganz im Sinne von St. Martin, wollen wir uns mit Hilfe der leuchtenden Laternen in den Fenstern, gegenseitig Hoffnung schenken in dieser schwierigen Zeit.

November 2020

Sr. M. Andrea op

Was zählt wirklich

Was zählt wirklich?

Es ist längst noch nicht vorbei, vielleicht gibt es auch gar kein „vorbei“. Die Pandemie hat unser aller Leben verändert, ob wir das akzeptieren wollen oder nicht. Auch wenn unser Verlangen nach der alten, der gewohnter Normalität groß ist und viele schlichtweg nur dahin zurück wollen, bleibt doch die Frage nach dem Warum? Halten wir ungeklärte Lebensphasen nicht aus? Können oder wollen wir uns nicht darauf einlassen, dass wir nicht alles und jedes selbst bestimmen können? Fürchten wir uns so sehr vor Veränderungen? Haben wir noch das Vertrauen in uns, das jene Kräfte in uns wirksam werden, die uns ermöglichen unser Leben neu zu gestalten, wenn sich die Umstände ändern?

Ich gestehe, die letzten Monate haben mich auf unterschiedliche Weise herausgefordert. Ich habe Gefühle und Haltungen an mir wahrgenommen, denen ich bisher nicht so häufig begegnet bin. Solange ich aktiv sein kann, fühle ich mich lebendig und selten fehlt es mir an Aufgaben oder an Ideen, die ich umsetzen möchte. Auch die ersten Monate der Corona-Pandemie waren trotz „Wir bleiben zu Hause“ gut gefüllt, weil wir besonders die älteren Menschen unserer Pfarrei und die Kinder nicht aus dem Blick verlieren wollten.

Doch mit der so genannten „neuen Normalität“ und meiner Verwunderung über den immer lauter werdenden „Schrei nach dem alten Leben“ verebbte zunehmend meine Lust und meine Kreativität.

Fragen wurden in mir laut und bis heute suche ich nach Antworten. Und Traurigkeit machte sich in mir breit. Es ist ein Leichtes, mich über „Verschwörungstheoretiker“ aufzuregen, wahrzunehmen, dass es – auch unter den kirchlichen Mitarbeitern – Menschen gibt, die die Coronakrise als „Einladung zum Nichtstun, zum Absagen und Auflösen“ sehen und zu Klagen und zu Jammern über all das, was derzeit geschieht und nicht geschieht.

Auch wenn ich manchmal meinen aufgestauten Ärger an die Luft lassen muss, so reicht das doch nicht zum Leben und wieder drängt sich mir die Frage auf: Was zählt wirklich? Haben wir Wesentliches aus dem Blick verloren? Was kann uns diese Zeit der Pandemie lehren?

Solange sich mein Leben in gewohnten Bahnen bewegt, solange ich selbst entscheiden kann, wo ich langlaufe, was ich tun und was ich lasse will, solange das möglich ist, bin ich zufrieden. Und jetzt? Jetzt erlebe ich Unsicherheit, weil ich nicht mehr alle Wege selbst bestimmen kann. Manchmal empfinde ich Unzufriedenheit, weil mir „die Hände gebunden“ sind. Erst wenn ich mich darauf einlasse „neu“ zu denken und das dann möglich wird, wächst die Freude wieder und der innere Friede kehrt zurück.

Dennoch spüre ich die Veränderung, in mir, in den Menschen, mit denen wir zusammenleben, in den näheren und den loseren Beziehungen, in unserer Gesellschaft.

Spüren wir alle, dass es nicht damit getan ist, unser Leben selbstbestimmt „im Griff“ zu haben? Ungezählte, wunderbare gute Taten der Nächstenliebe hat die Corona-Pandemie bewirkt und ans Licht gebracht. Das zu erleben hat mit spüren lassen wieviel Gutes im Herzen der Menschen verborgen ist; es hat mir die Hoffnung geschenkt, dass wir Gottes Anliegen noch nicht aus dem Blick verloren haben, dass wir immer noch als seine geliebten Söhne und Töchter unterwegs sind und in seinem Sinn handeln.

Und da ist noch etwas, was mich diese Krise der Pandemie hat erfahren lassen: Ich vermag einen solch schweren Weg nicht ohne Gefährten zu gehen. Allein und einsam würde ich mich verlieren, würde ich die Hoffnung und das Vertrauen verlieren ein unbekanntes Ziel zu erreichen. Vielleicht würde gar die Sehnsucht in mir sterben, dieses Ziel erreichen zu wollen.

Ich habe in den vergangenen Monaten Weggefährten an der Seite gehabt, Menschen, die mit mir gegangen sind, die mich begleitet haben, deren Worte und Geschichten mich berührt, gestärkt und bewegt haben. Und auch ich durfte an der Seite von Menschen sein und etwas von dem weitergeben, was ich selbst an Ermutigung geschenkt bekommen habe. Wir sind einander Weggefährten – in guten wie in schlechten Zeiten – das gilt ja nicht nur für das Eheversprechen.

Mit ihnen unterwegs ist auch Gott gemeinsam mit uns unterwegs und sind wir mit Gott auf dem Weg. Das zu erfahren ist für mich wesentlich, das macht mein Wesen aus!

4. Oktober 2020                                                        

Sr. M. Josefa Bölinger

PfingstenGeist. ZukunftsGeist

PfingstGeist.ZukunftsGeist

Wenn Kinder etwas Besonderes erlebt haben, laufen sie nach Hause und möchten überstürzt alles auf einmal erzählen. Es sprudelt nur so heraus. Um überhaupt etwas zu verstehen, sagen wir dann: „Langsam! Langsam! Erzähl alles nacheinander!“ Was man nicht gleichzeitig sagen kann, wird nacheinander erzählt. Ähnlich geht es mit der Osterbotschaft. Was sich da ereignet hat, ist so dicht gefüllt, dass wir es nicht auf einmal sagen und feiern können. Wir lassen uns Zeit und tun es nacheinander. Auch am Pfingsttag hören wir ein Osterevangelium. So haben wir nun 50 Tage hindurch Ostern gefeiert, das Fest unserer Zukunft. Zuerst feierten wir 40 Tage die Botschaft: Christus lebt. Dann kam an Christi Himmelfahrt das Angebot des neuen Lebens. Und an Pfingsten feiern wir, dass wir das Angebot dieses neuen Lebens annehmen. Und wir haben an Pfingsten den Auftrag Jesu bekommen:

„Geht in alle Welt und verkündet was ihr gehört und gesehen habt!“

Aber der Heilige Geist ist nicht der Wind, der die Blätter der Bäume rascheln lässt, oder der Sturmwind, der Stämme entwurzelt. Der Wind ist der Wind und nichts sonst, so heftig es auch stürmt. Der Heilige Geist ist auch nicht der Lebensatem in unserem Körper, die Luft in unseren Lungen, mit der wir sprechen und singen. Auch die Leidenschaft des einen für den anderen ist nicht Heiliger Geist, ebenso wenig die Meeresbrandung und die Feuersglut der Sonne.

Leidenschaft für Gerechtigkeit und Frieden hingegen, Glut des Erbarmens – die die Not von Menschen hört: Das ist Heiliger Geist.

Wenn Menschen nicht aufhören, Worte der Ermutigung zu finden und auch des Protestes, dass man nicht sprachlos wird und nicht verstummt; dass man einander weiterhin zu singt und einer den anderen segnet und nicht überall Abfälligkeiten, die harte Sprache, die Menschen fertig macht, überhand gewinnt: Das ist Heiliger Geist.

Der Heilige Geist ist etwas in Menschen. Eine Kraft, eine Einsicht, eine Intuition; eine Gegenkraft, gegen alles, was hart, zwanghaft, kalt und versteinert ist. Eine Kraft im Menschen, die ihn freimacht und Menschen miteinander verbindet. So das sie unter einem Dach und an einem Tische sein wollen. Etwas in Menschen? Gott in Menschen. Das im Menschen, worin sie Bild und Gleichnis von Gott sind. Von Ihm, der Schöpfer und Befreier heißt. Heiliger Geist: Schöpfungskraft und Befreiungskraft in Menschen.

Pfingsten ist das Fest des Heiligen Geistes. Das Fest der Sendung, in der alle Menschen, Männer und Frauen mit Geist erfüllt werden. Auf jedem ruht dieses Feuer und das ist das Urbild einer Kirche der Mitverantwortung. Wenn wir Pfingsten wirklich ernst nehmen wollen, müssen wir erkennen, dass es die Vollendung des Vertrauens ist, das Gott in uns setzt. Ich bin, du bist, wir sind, der und die Vertraute Gottes. Das ist der Kernsatz in unserer Beziehung zu Gott auf dem Weg zur Mitverantwortung. Es gibt keine Partnerschaft ohne Vertrauen. Aber dieses Vertrauen wird an Pfingsten vollendet, nicht begonnen.

An Pfingsten kommt der Geist und gibt uns den inneren Ansporn dieses Vertrauen Gottes in uns ins Leben umzusetzen.

Pfingsten, Fest des heiligen Lebensatem, der im Anfang über der Urflut stürmte und der uns eingeblasen wurde – zu Pfingsten feiere ich den Umgang mit einem Gott der für Überraschungen gut ist. Und obwohl alle Überraschungen des Geistes lebensspendend sind, sind sie nicht alle angenehm.

Wir erleben es in dieser Zeit! Die Corona Pandemie hat uns alle überrascht und sie ist eine Herausforderung für uns alle, sie bringt viel Leid und Schmerz mit, aber es gibt auch Hoffnungsvolles, wenn ich in diesen Tage mit meinem Fahrrad unterwegs bin sehe ich viele Familien die gemeinsam unterwegs sind. Eltern die mit ihren Kindern spielen, Familien die ihre Gärten genießen. Menschen die langsamer geworden sind und aufmerksamer. Das ist die gute Seite.

Deshalb nehmen wir die Geschichte ernst. Der Geist überschüttet die Jünger und Jüngerinnen nicht mit Informationen, stumpft sie nicht mit Schilderungen ab. er führt sie lediglich in eine neue Situation hinein. Während sich diese Situation entwickelt, beschäftigen sie sich mit ihren Fragen und Möglichkeiten, und ganz allmählich gehen neue Offenbarungen auf. Aber solche Offenbarungen überfallen uns nie plötzlich. Die Erkenntnis wächst ganz allmählich. Wer geist-erfüllt ist, weigert sich, auf ausgetretenen Pfaden zu wandeln. Die Kraft des Geistes drängt voran, überschreitet die gewohnten Grenzen, geht neue Wege und betritt Neuland. Das wir heute gemeinsam Gottesdienst feiern können, lebt davon das wir Verantwortung übernehmen und uns den neuen Möglichkeiten stellen.

Wenn der Geist sich regt, interessieren sich Menschen mehr für das, was sein könnte, als für das, was schon immer war.

Der Geist gab uns Feuer, Sturm und Getöse. Sie nahmen ihn uns weg und gaben uns Kamillentee, Wiegenlieder und Baldrian.

Wenn wir hoch schauen, sollten wir Zungen wie von Feuer sehen. Lassen Sie sich dieses Feuer nie nehmen. Tauschen Sie ihn nie ein für eine Energiesparlampe. Denn für Pfingstmenschen kann nicht als erstes die Einladung „Komm Heiliger Geist stehen“, sondern das Wort, „warte nicht, bis wir dich einladen, steh auf, geh und erzähle von dem was du gesehen und gehört hast.“

Nehmen wir die Geschichten Gottes ernst!

Nehmen wir unsere eigenen Geschichten ernst! Nehmen wir alle Geschichten Gottes und seiner Menschen ernst!

Ich möchte enden mit einem Gedicht, von Willi Bruners, das voll von biblischen Bildern ist und einen Bogen spannt von den Ursprüngen des Glaubens in die von uns zu gestaltende Zukunft hinein.

Pfingst-Geist . Zukunfts-Geist

Wehe uns, wenn der Himmel ernst macht

und Feuer und glühende Kohlen auf uns regnen lässt.

Wenn unser Atem stockt,

weil Gottes Feueratem über uns kommt.

Wenn wir aus unseren Nestern geworfen flügge werden,

ob wir wollen oder nicht.

Wenn unser Sturzflug in eine Welt beginnt,

die uns dringend braucht.

Selig sind wir, wenn alles Tote

in Gottes Feuer-Geist verbrennt, 

damit unsre Zukunft eine

lebendige Chance hat.

wilhelm bruners, Juni 2017

Wenn die Nebel sich lichten

Warme Herzen und Augen die erkennen

Vor etlichen Wochen – mitten in der Vorbereitung auf das Osterfest – sind wir in eine Krise geraten, wir alle, Jünger und Jüngerinnen Jesu und das ganze Volk.

Ausgelöst wurde sie durch einen Virus, der jeden von uns treffen kann. Seither konnten wir in nur kurzer Zeit eine Menge neuer Erfahrungen machen.

Ich habe den Eindruck, dass besonders die positiven Erlebnisse für manche Menschen überraschend daherkommen. In diesen Tagen höre ich Worte wie: „Ich habe gar nicht gewusst welch wunderbare Nachbar ich habe“, so ein älterer, alleinstehender Herr. „Sie bringen mir Essen vorbei und sorgen sich um mich.“ „Ich bin nicht vergessen, das tut mir so gut“ erzählte mir jemand. „Was ihr für mich tut ist ja nicht zu fassen, wie kann ich das nur wieder gut machen?“, sagte eine ältere Dame. „Es ist tröstlich wahrgenommen zu werden, das tut so gut in diesen Zeiten“. Und auch diese Nachricht erreichte mich: „Wegen des Corona-Virus habe ich ganz besondere Karfreitagserfahrungen gemacht und eine einmalige und sehr bewegende Osternacht erlebt.“ „Ich hatte ein sehr erfülltes Osterfest und bin dafür sehr dankbar“. Diese und ähnlich frohe und ermutigende Worte höre ich in dieser Osterzeit immer wieder. Sie gehen einher mit den schmerzlichen Erfahrungen vom Alleinsein, der Angst vor der Zukunft, der Überforderung, der Isolation…

Wir haben eine biblische Erzählung (Lk 24, 13-35), die auch von einer Krisensituation und diesen neuen Erfahrungen spricht:

Zwei Freunde sind auf dem Weg in das Dorf Emmaus. Sie sehen in Jerusalem keine Zukunft mehr, nachdem ihr Lehrer und Freund Jesus tot ist. Obwohl er ihnen gesagt hat, dass er sterben und auferstehen wird, obwohl Frauen aufgebracht vom leeren Grab berichtet haben, begreifen sie nicht; ihre Herzen sind voll Leid und Schmerz. Und sie geben auf, entfernen sich vom Ort des neuen Lebens. Auch das erleben wir in unseren Tagen.

Unterwegs begegnen sie dem, den sie so schmerzlich vermissen, der aus ihrer Mitte gerissen wurde. Ihre Herzen fließen über von dem was in ihnen ist: Enttäuschung, Frust und Trauer und bleiben blind, sie können ihn nicht erkennen.

Offensichtlich jedoch tut ihnen die Nähe des Fremden gut, hören sie ihm gerne zu und spüren sie etwas, was sie nicht benennen können. Es ist so stark in ihnen, dass sie ihn einladen über Nacht zu bleiben.

Und dann gehen ihnen die Augen des Herzens auf, als er mit ihnen am Tisch sitzt und das Brot teilt. Jetzt erkennen sie, wer da mit ihnen unterwegs ist. Und im nächsten Augenblick können ihre leiblichen Augen ihn nicht mehr sehen.

Kennen Sie das? Diesen einen Moment, in dem Ihnen die „HerzAugen“ aufgehen und das Erkennen tief in sie hineinfällt? Und dann nehmen Sie dieses warme Empfinden wahr, dass Sie schon über längere Zeit begleitet hat und das Sie immer dann spüren, wenn ein Anderer ein Stück Leben – ein Stück Brot – mit ihnen teilt?

Für uns Christen wurde es in diesem Jahr Ostern ohne dass wir gemeinsam einen Gottesdienst besuchen konnten und viele von uns haben ihn sehr schmerzlich vermisst. Auch das gehört zu unseren neuen Erfahrungen.

Zugleich spüre und erlebe ich wieviel Eucharistie-Erfahrungen Menschen gerade in dieser Zeit gemacht haben: Segen durch geteiltes Leben, durch wöchentliche Sonntagsbriefe, durch Gespräche am Telefon, Ostergrüße in Form von gesegneten Palmzweigen, Osterkerzen und wärmenden Worten zum Fest…

Was in den Herzen ankommt ist die Botschaft: „Ich gehöre dazu, zum großen Tisch der Mahlgemeinschaft. Ich bin nicht vergessen, ich werde gesehen und wertgeschätzt. Ich bin für andere von Bedeutung“.

Im Nachhinein nehmen die beiden Jünger wahr, dass sich ihre Herzen allmählich erwärmten, als Jesus ihnen den Sinn der Schriften eröffnete. Jesus legt offen und lässt die beiden Anteil nehmen, lässt sie tief hineinschauen in den Sinn von Gottes Wort. Sie machen eine Erfahrung, die sie nicht mehr vergessen werden, von der sie immer sagen können, wann, wo und wie sie Jesus begegnet sind. Auch das kennen wir. Dieses Osterfest wird Menschen in Erinnerung bleiben.

Jesu Worte erwärmen die Herzen er beiden Jünger, in seinem Tun teilt er das Leben mit ihnen und sie erkennen den, den Gott zum Leben hat aufstehen lassen.

Es ist nicht das feierlich gesungene Halleluja in dem wir Jesus erkennen. In keiner biblischen Ostergeschichten kommt ein Halleluja vor; von Angst und von verschlossenen Türen wird erzählt. Es ist das Brechen des Brotes, das Teilen des Lebens – wo auch immer es geschieht – in dem wir erkennen, wer und was von Gott kommt.

Die beiden Jünger erkennen Jesus nicht in einer Synagoge und auch nicht im Tempel von Jerusalem. Unterwegs, sozusagen auf der Flucht, beginnen ihre Herzen sich zu erwärmen, als Jesus mit ihnen redet. Und als sie zu Hause sind, zusammen am Tisch sitzen und gemeinsam essen, da gehen ihnen die Augen auf.

Und noch etwas ist in dieser Geschichte von Bedeutung: Es sind nur zwei von vielen Freunden Jesu die hier unterwegs sind. Nicht alle sind dabei, als sie diese Erfahrung mit dem Auferstandenen machen.

Gerne hätten wir zusammen mit allen aus unserer Kirchengemeinde den Ostergottesdienst gefeiert – es durfte in diesem Jahr nicht sein – dennoch können wir Jesus begegnen, zu zweit, zu dritt, in der Familie, zusammen mit den Kindern, als Paare, als Single und als Lebensgemeinschaft.

Warme Herzen und Augen die erkennen geben Zeugnis vom LEBEN – geben Zeugnis von Gott! Bewahren wir uns in diesen Tagen der Krise unsere warmen Herzen und unsere Augen des Erkennens, damit sie uns für die Zeit, die uns danach erwartet, nicht verloren gehen.

09. Mai 2020                                                                                                                                                                                Sr. M. Josefa

­ * „Brannte uns nicht das Herz in uns…“ hebräische Übersetzung: „Erwärmten sich nicht allmählich unsere Herzen…“

Warme Herzen und Augen die Erkennen

Warme Herzen und Augen die erkennen

Vor etlichen Wochen – mitten in der Vorbereitung auf das Osterfest – sind wir in eine Krise geraten, wir alle, Jünger und Jüngerinnen Jesu und das ganze Volk.

Ausgelöst wurde sie durch einen Virus, der jeden von uns treffen kann. Seither konnten wir in nur kurzer Zeit eine Menge neuer Erfahrungen machen.

Ich habe den Eindruck, dass besonders die positiven Erlebnisse für manche Menschen überraschend daherkommen. In diesen Tagen höre ich Worte wie: „Ich habe gar nicht gewusst welch wunderbare Nachbar ich habe“, so ein älterer, alleinstehender Herr. „Sie bringen mir Essen vorbei und sorgen sich um mich.“ „Ich bin nicht vergessen, das tut mir so gut“ erzählte mir jemand. „Was ihr für mich tut ist ja nicht zu fassen, wie kann ich das nur wieder gut machen?“, sagte eine ältere Dame. „Es ist tröstlich wahrgenommen zu werden, das tut so gut in diesen Zeiten“. Und auch diese Nachricht erreichte mich: „Wegen des Corona-Virus habe ich ganz besondere Karfreitagserfahrungen gemacht und eine einmalige und sehr bewegende Osternacht erlebt.“ „Ich hatte ein sehr erfülltes Osterfest und bin dafür sehr dankbar“. Diese und ähnlich frohe und ermutigende Worte höre ich in dieser Osterzeit immer wieder. Sie gehen einher mit den schmerzlichen Erfahrungen vom Alleinsein, der Angst vor der Zukunft, der Überforderung, der Isolation…

Wir haben eine biblische Erzählung (Lk 24, 13-35), die auch von einer Krisensituation und diesen neuen Erfahrungen spricht:

Zwei Freunde sind auf dem Weg in das Dorf Emmaus. Sie sehen in Jerusalem keine Zukunft mehr, nachdem ihr Lehrer und Freund Jesus tot ist. Obwohl er ihnen gesagt hat, dass er sterben und auferstehen wird, obwohl Frauen aufgebracht vom leeren Grab berichtet haben, begreifen sie nicht; ihre Herzen sind voll Leid und Schmerz. Und sie geben auf, entfernen sich vom Ort des neuen Lebens. Auch das erleben wir in unseren Tagen.

Unterwegs begegnen sie dem, den sie so schmerzlich vermissen, der aus ihrer Mitte gerissen wurde. Ihre Herzen fließen über von dem was in ihnen ist: Enttäuschung, Frust und Trauer und bleiben blind, sie können ihn nicht erkennen.

Offensichtlich jedoch tut ihnen die Nähe des Fremden gut, hören sie ihm gerne zu und spüren sie etwas, was sie nicht benennen können. Es ist so stark in ihnen, dass sie ihn einladen über Nacht zu bleiben.

Und dann gehen ihnen die Augen des Herzens auf, als er mit ihnen am Tisch sitzt und das Brot teilt. Jetzt erkennen sie, wer da mit ihnen unterwegs ist. Und im nächsten Augenblick können ihre leiblichen Augen ihn nicht mehr sehen.

Kennen Sie das? Diesen einen Moment, in dem Ihnen die „HerzAugen“ aufgehen und das Erkennen tief in sie hineinfällt? Und dann nehmen Sie dieses warme Empfinden wahr, dass Sie schon über längere Zeit begleitet hat und das Sie immer dann spüren, wenn ein Anderer ein Stück Leben – ein Stück Brot – mit ihnen teilt?

Für uns Christen wurde es in diesem Jahr Ostern ohne dass wir gemeinsam einen Gottesdienst besuchen konnten und viele von uns haben ihn sehr schmerzlich vermisst. Auch das gehört zu unseren neuen Erfahrungen.

Zugleich spüre und erlebe ich wieviel Eucharistie-Erfahrungen Menschen gerade in dieser Zeit gemacht haben: Segen durch geteiltes Leben, durch wöchentliche Sonntagsbriefe, durch Gespräche am Telefon, Ostergrüße in Form von gesegneten Palmzweigen, Osterkerzen und wärmenden Worten zum Fest…

Was in den Herzen ankommt ist die Botschaft: „Ich gehöre dazu, zum großen Tisch der Mahlgemeinschaft. Ich bin nicht vergessen, ich werde gesehen und wertgeschätzt. Ich bin für andere von Bedeutung“.

Im Nachhinein nehmen die beiden Jünger wahr, dass sich ihre Herzen allmählich erwärmten, als Jesus ihnen den Sinn der Schriften eröffnete. Jesus legt offen und lässt die beiden Anteil nehmen, lässt sie tief hineinschauen in den Sinn von Gottes Wort. Sie machen eine Erfahrung, die sie nicht mehr vergessen werden, von der sie immer sagen können, wann, wo und wie sie Jesus begegnet sind. Auch das kennen wir. Dieses Osterfest wird Menschen in Erinnerung bleiben.

Jesu Worte erwärmen die Herzen er beiden Jünger, in seinem Tun teilt er das Leben mit ihnen und sie erkennen den, den Gott zum Leben hat aufstehen lassen.

Es ist nicht das feierlich gesungene Halleluja in dem wir Jesus erkennen. In keiner biblischen Ostergeschichten kommt ein Halleluja vor; von Angst und von verschlossenen Türen wird erzählt. Es ist das Brechen des Brotes, das Teilen des Lebens – wo auch immer es geschieht – in dem wir erkennen, wer und was von Gott kommt.

Die beiden Jünger erkennen Jesus nicht in einer Synagoge und auch nicht im Tempel von Jerusalem. Unterwegs, sozusagen auf der Flucht, beginnen ihre Herzen sich zu erwärmen, als Jesus mit ihnen redet. Und als sie zu Hause sind, zusammen am Tisch sitzen und gemeinsam essen, da gehen ihnen die Augen auf.

Und noch etwas ist in dieser Geschichte von Bedeutung: Es sind nur zwei von vielen Freunden Jesu die hier unterwegs sind. Nicht alle sind dabei, als sie diese Erfahrung mit dem Auferstandenen machen.

Gerne hätten wir zusammen mit allen aus unserer Kirchengemeinde den Ostergottesdienst gefeiert – es durfte in diesem Jahr nicht sein – dennoch können wir Jesus begegnen, zu zweit, zu dritt, in der Familie, zusammen mit den Kindern, als Paare, als Single und als Lebensgemeinschaft.

Warme Herzen und Augen die erkennen geben Zeugnis vom LEBEN – geben Zeugnis von Gott! Bewahren wir uns in diesen Tagen der Krise unsere warmen Herzen und unsere Augen des Erkennens, damit sie uns für die Zeit, die uns danach erwartet, nicht verloren gehen.

09. Mai 2020                                                                                                                                                                                Sr. M. Josefa

­ * „Brannte uns nicht das Herz in uns…“ hebräische Übersetzung: „Erwärmten sich nicht allmählich unsere Herzen…“

Der gute Hirte

Weiter sagte Jesus zu ihnen: Amen, amen, ich sage euch: Ich bin die Tür zu den Schafen. Alle, die vor mir kamen, sind Diebe und Räuber; aber die Schafe haben nicht auf sie gehört. Ich bin die Tür; wer durch mich hineingeht, wird gerettet werden; er wird ein- und ausgehen und Weide finden. Der Dieb kommt nur, um zu stehlen, zu schlachten und zu vernichten; ich bin gekommen, damit sie das Leben habenund es in Fülle haben.Ich bin der gute Hirt. Der gute Hirt gibt sein Leben hin für die Schafe.                                                                                                                                                                                           Joh 10, 7-10

„Es gibt Bilder, die wirken unmittelbar aufs Gemüt. Sie prägen sich ein. Und der Körper entspannt, die Seele wärmt sich, der Geist öffnet sich. Das Bild vom Guten Hirten etwa, eines der ältesten Sprachbilder der Bibel für Gott, wirkt auf mich heute noch so. Der Hirte, der die Schafe auf grüne Weide führt. Sein Leben lässt für sie und der so vertraut ist mit seinen Tieren, dass sie ihn an seiner Stimme erkennen, wenn er sie ruft. Da ist Körperkontakt, da ist Wärme, da ist Beziehung und Bewegung.“

Vor allem in den ersten Jahrhunderten hatte das Bild vom guten Hirten unter den Christen einen Spitzenplatz. Aus all den Bildern für Gott: Burg, Licht, Fels…, aus all den Ich-bin-Worten, die Jesus von sich sagt: Ich bin die Tür, das Brot, der Weinstock, der Weg,… aus all diesen doch auch sehr starken Bildern vom Leben haben die Christen im 3. und 4. Jahrhundert den guten Hirten ausgewählt. Noch lange bevor das Kreuz zum Zeichen des Christentums wurde, war es das Hirtenmotiv.

In den römischen Katakomben dieser Zeit, wo die Toten begraben wurden und sich die Gemeinden zum Gottesdienst trafen, im Verborgenen, weil sie Verfolgungen ausgesetzt waren, hier gibt es die ältesten bildlichen Darstellungen und Skulpturen vom guten Hirten.

Mit kurzen, prägnanten Sätzen setzt Jesus seine Bildrede vom guten Hirten ins Leben. Eindeutig. Stark. Schnörkellose Bestimmtheit: „Ich bin der gute Hirte.“ Kein Zweifel: Der hier spricht, der weiß, was er sagt und der weiß, wem er es sagt – Menschen, die dieses Bild kennen. Gut kennen. Von Romantik keine Spur.

Das Bildwort vom Guten Hirten und den Schafen ist für uns heute nicht mehr unmittelbar zugänglich. Und als hätte der Evangelist Johannes das bereits geahnt, nimmt er deshalb einen längeren Anlauf:

Er stellt Jesus, den guten Hirten erklärend in die große Heilsgeschichte Gottes, mitten hinein in die Reihe der maßgeblichen Hirtengestalten des Ersten Testamentes. Da ist der Hirte Abraham, der Vater des Glaubens. Da ist der Hirte Mose, der Herausführer des jüdischen Volkes. Da ist David, der Hirtenknabe und kommende König von Israel. Aus dieser Linie, so ist sich das Volk Israel sicher, wird der Messias kommen. Und so war es dann auch folgerichtig, dass die Verkündigung der Geburt dieses Messias zuerst an Hirten erfolgte.

Die Weihnachtsgeschichte erzählt davon. Als der Messias erwachsen ist, erweist er sich wiederum als Hirte. Als der GUTE Hirte.

Der Gute Hirte hat ein Ziel: er will die Schafe auf gute Weide führen, damit sie das Leben in Fülle finden. „Leben in Fülle“ meint nicht nur das Leben mit Gott. Es meint das Leben in all seinen Bezügen. Leben in Fülle, das heißt: gelungenes Leben, Gesundheit, Nahrung, Bildung, Zukunftsmöglichkeiten, Würde, Recht; das heißt Freude und Gemeinschaft mit anderen, Entfaltung der eigenen Fähigkeiten, und mitten darin, nicht daneben: Leben mit Gott aus der Kraft seiner Liebe.

„Leben in Fülle“ – das meint nicht nur das ewige Leben im Himmel. Nein, Jesus beginnt bereits jetzt den Menschen Anteil am Leben in Fülle zu schenken: Seine Heilungen, seine Menschenfreundlichkeit, mit der er sich den Menschen zuwendet, vor allem den Armen, den Ausgeschlossenen, den Sündern, den Dirnen, den Aussätzigen. Sie sollen schon jetzt etwas von der Zuwendung Gottes, von seiner Liebe erfahren, jetzt, und nicht erst wenn sie gestorben sind.

Nach einem solchen Leben sehnen sich Menschen. Viele finden dazu keinen Zugang durch persönliche Querelen, durch Minderwertigkeitsgefühle, die ihnen eingeredet werden, durch große Enttäuschungen mit Menschen und besonders jetzt in der Zeit, wo wir Angst vor Ansteckung haben und Angst krank zu werden. Viele haben existentielle Nöte, große wirtschaftliche Sorgen.

Uns allen wird das Leben in Fülle verheißen durch die vielen Werbeangebote und Glücksspiele: „Wer wird Millionär?“– Traumhaus – Traumurlaub – Mode und so fort. Die Werbung bedient sich religiöser Symbole, um an die Tiefenschichten des Menschen heranzukommen. So wird Glück als „Leben in Fülle“ vorgespiegelt. Aber die Versprechungen können nicht gehalten werden.

Sr.M. Andrea op

„Die Tage der Corona werden vorbeigehen. Wir werden noch zusammen sein. Und wir werden Angst haben. Wir werden die Welt fürchten, vor der wir solange isoliert waren. Wir werden Angst haben vor Kontakt, Berührung und Begegnung. Ängste, die wir bewusst gepflegt haben, werden wir nicht so schnell wieder abstreifen können. Nur weil wir Erlaubnis bekommen, aus dem Kokon der Isolation hervorzukommen, heißt nicht, dass wir es tun wollen.

 Der Geist befreit jede Generation der Glaubenden von der lähmenden Angst. Für die Tage nach der Krise könnten wir ein wunderbares Gelöbnis ablegen nach dem ehrwürdigen Pfingstrezept für das Leben. Wir könnten uns freimütig melden, das Antlitz dieser seiner Erde zu erneuern. Dies wird mein Gelöbnis sein. Ich biete es Ihnen an in der Hoffnung, dass es viele Gefährten geben wird auf dieser abenteuerlichen Reise.“

„Du uraltes Licht, in dem wir stehen.

Wir gehen hinaus, dort wo die Bedrohung herkommt, dort wo die Gefahr immer größer ist als hinter unseren Mauern, und wir bieten der Angst die Stirn, beseelt von einem Geist der Liebe.

Damit geliebte Menschen nicht verloren gehen, weil sie nicht an uns herankommen hinter unsere Mauern der Angst.

Damit die Geborgenheit nicht verwechselt wird mit erstickender Enge.

Damit unsere Vitalität und Lebensfreude freigesetzt werden, indem sie andere Menschen in Erstaunen und Begeisterung versetzen.

Damit unsere Kreativität und die Möglichkeit sie einzusetzen nicht qualvoll in unserer Ängstlichkeit untergehen, weil wir unser Leben gestalten, als ob wir in einem Bunker wären, und nichts wagen oder versuchen.

Damit die Chance, Leben zu gestalten, nicht nur ein Traum bleibt für einen Tag, wenn keine Gefahr und kein Risiko droht.“

Erik Riechers

Auf dem Weg nach Emmaus

Auf dem Weg mit zwei Jüngern nach Emmaus

Da sind zwei von Jesu Freunden unterwegs, auf dem Weg von Jerusalem nach Emmaus. Sie wollen weg aus dieser Stadt, weg von dem Ort, an dem sie Zeugen wurden wie ihr Freund sterben musste, weil er nicht in die Vorstellung der religiösen Führer passte.

Die Freunde fliehen, sie wollen zurück in ihr Dorf, sie sind entsetzt, sie sind traurig und resigniert. Doch eines sind sie nicht. Sie sind nicht sprachlos. Sie reden miteinander und tun damit genau das richtige, das, was ihnen hilft mit der schrecklichen Situation umzugehen. Sie reden über das, was sie erlebt haben, was sie bewegt, sie reden über ihre Gefühle: ihre Angst, Unsicherheit, ihre Enttäuschung und die verlorene Hoffnung.

Ich kann sie gut verstehen, dass sie sich abschotten, nichts mehr mitkriegen wollen von dem was da los ist. Manchmal scheint die entgegengesetzte Richtung die einzig sinnvolle zu sein.

Unerwartet gesellt sich ein dritter dazu, interessiert sich für sie. Er will wissen über was sie da reden, er hört ihnen zu, und er nimmt sie ernst. Und sie erzählen ihm einfach alles, wovon ihr Herz voll ist, von ihrer Trauer, von der verlorenen Hoffnung und den geplatzten Zukunftsplänen.

Kennen wir das nicht auch? Wie gerne möchten wir in einer schwierigen Situation mit einem Menschen reden und ihm erzählen können, was in uns los ist. Wir möchten unser Herz erleichtern und teilen, was uns wichtig ist. Wir wollen keine Ratschläge, sondern einen Zuhörer, jemand der sich interessiert und der den Schmerz mit uns teilt.

Gerade in diesen Wochen, wo so viele Kontakte erschwert sind, fehlen uns schmerzlich Menschen, mit denen wir zusammen sein können, mit denen wir in vertrauter Weise reden können um uns zu erzählen wovon das Herz so voll ist.

Die biblische Geschichte geht noch weiter und nimmt eine bedeutende Wende. Davon mehr im nächsten Im Impuls…

Unsere Corona-Geschichte ist auch noch nicht zu Ende und wir haben es in der Hand welche Erfahrungen wir daraus mitnehmen. Teilen wir Brot – das Leben – miteinander? Erzählen wir uns von dem, was uns bewegt, was unsere Herzen erwärmt? Werden wir nach der Pandemie mit neuen Erfahrungen zurückkehren an die Orte des Lebens? Jede und jeder von uns hat es in der Hand, wie wir das Leben mit anderen teilt. Ich wünsche uns gutes Gelingen!

21. April 2020    Sr.M. Josefa Bölinger

Versöhnung am See

Heute schenken wir Ihnen eine narrative Erzählung des Evangeliums vom 3. Sonntag in der Osterzeit.

„Er stieß sich vom Bootsrand ab und sprang ins Wasser. Das kühle Nass des Sees schmiegte sich an ihn, er wollte juchzen vor Freude. Jeden Schwimmzug macht er mit Schwung. Als er das flache Wasser erreichte, stürzte er ans Ufer.

Der andere hatte ein Feuer entzündet und röstete Fische darauf. Auch Brot lag auf einem Stein. „Komm“, sagte der andere, „iss erst mal was. Du brauchst Kraft, mein Freund.

Stunden später verblassten die Sterne und der Himmel färbte sich zart-rot. Die vergoldeten Dächer der fernen Burg in Tiberias glänzten im ersten Licht des Tages. Längst war das Feuer Noch einmal dieselbe Frage? Er musste an Judas denken. Der hatte sich nach seinem Verrat umgebracht. War er, Petrus, denn wirklich besser? Er hatte geleugnet Jesus überhaupt zu kennen! Er schluckte. „Ja, Herr“, brachte er heraus, „du weißt, dass ich dich lieb habe.“

Vielleicht hätte er sich doch andere Nachfolger suchen sollen. Welche aus der Oberschicht, gebildete Leute. Was hatte es Jesus eingebracht, sich mit Fischern und Zöllnern zu umgeben? Sie waren nicht nur begriffsstutzig, sondern hatten sich obendrein allesamt als unfähig erwiesen.

Jesus blieb plötzlich abrupt stehen. Es sah Petrus ins Gesicht und sagte: „Brennt dein Herz für mich?“

Er zitterte vor Schmerz. Dreimal fragt er mich, dachte Petrus. Dreimal, so wie ich, dreimal geleugnet habe ihn zu kennen. Er weiß doch und kennt mein schwaches Herz und kennt mich durch und durch. Dann sagte er: „Jesus, du kennst mich und du weißt, ich hab dich lieb. Lass mich nicht aus deinem Herzen fallen.“

Jesus legte ihm die Hand auf die Schulter und sagte: „Weide meine Lämmer.“

niedergebrannt, das der andere am Seeufer angezündet hatte. Auch die anderen, die noch im Boot saßen, waren längst wieder an Land. Sie redeten die ganze Nacht. Thomas, Andreas und Philippus hatten aber noch lange nicht alle ihre Fragen gestellt. Was genau sollten sie den Menschen sagen? Was hatte es mit den Wohnungen auf sich, die er für sie errichtete, dort, wo Gott war? Wann würde er sie dahin bringen?

Er beteiligte sich nicht am Gespräch. Er wartete auf ein freundliches Wort von ihm, auf ein Zeichen, dass er ihm verziehen hatte. Es kam nicht. Im Gegenteil, er hatte sogar das Gefühl, dass er kaum zu ihm hersah.

Seine Freude über das Wiedersehen verwandelte sich mehr und mehr in lähmende Traurigkeit. Er spürte deutlicher denn je, dass sein Verrat in der Nacht, zwischen ihnen stand. War es nicht schon ihre vierte Begegnung seitdem? Der andere sprach die Sache nicht an, und er selbst, besaß nicht den Mut dazu.

„Ich kenne den Mann nicht!“ hatte er beteuert, dreimal. Anstatt ihm in der schweren Stunde beizustehen, hatte er ihm den Rücken gekehrt. Dann war er auferstanden, und er, hatte ihn vor allen zuerst gesehen, kurz allerdings. Anschließend war er zu ihnen ins Obergemach gekommen, dorthin, wo sie das letzte Abendmahl gefeiert und sich nach den schlimmen Tagen eingeschlossen hatten, voller Angst, dass die Abgesandten des Hohen Rates kämen, um auch sie festzunehmen. Eine Woche später besuchte er sie noch einmal und ließ sich von Thomas berühren, er bewies ihm, dass er kein flüchtiges Geistwesen war, sondern real und wirklich auferstanden.

Aber zwischen ihnen beiden, Jesus und ihm, war es nicht wieder dasselbe gewesen. Auch heute, wo er vor Freude ins Wasser gesprungen und zu Jesus hingeschwommen war, hatte Jesus ihn eher reserviert empfangen, so fühlte es sich zumindest an. Wie konnte er ihn um Vergebung bitten, was sollte er sagen, um seinen Verrat zu entschuldigen? Er spürte die innere Leere, seine Zweifel und die Scham.

Nathanael, der begonnen hatte, die Fische zu zählen, rief begeistert: „Hundertdreiundfünfzig! Die verkaufen wir an die Einsalzer in Jerusalem. Oder was meint ihr?“

„Nicht alle“, wiedersprach Jakobus. „Die Größten können wir gleich hier loswerden. Das bringt mehr ein und wir müssen nicht die ganze Menge nach Jerusalem transportieren.“

Jesus stand auf. ER nickte ihm zu und fragte leise: „Gehen wir ein Stück?“ Er begriff. Nun würde sie kommen, die Aussprache.

Sie gingen schweigend am Seeufer entlang. Er wusste, Jesus wartete darauf, dass er die Sache ansprach. Aber seine Kehle war wie zugeschnürt.

Nach einer Weile fragte Jesus: „Petrus, liebst du mich mehr, als mich die anderen lieben?“

Es schnitt ihm tief in das wunde Herz, tiefer als jeder Vorwurf, den er erwartet hatte. Er erinnert sich gut an den Weg zum Ölberg, dunkel war es gewesen, sie waren nach dem letzten Abendmahl

spazieren gegangen, zumindest hatte er damals geglaubt, dass es ein Spaziergang sein würde. Jesus hatte wieder einmal davon gesprochen, dass er sterben müsse und auferstehen würde, und hatte angekündigt, in dieser Nacht würden sich alle von ihm abwenden. „Wenn dich auch alle anderen verlassen – ich halte zu dir!“ hatte er stürmisch beteuert. Und Jesus erwiderte ihm, er würde noch in dieser Nacht dreimal geleugnet haben, ihn zu kennen, bevor der Hahn krähte.

Ernsthaft hatte er geschworen: „Selbst wenn ich mit dir sterben müsste, würde ich das nicht tun!“

Heute dachte er anders darüber. Sein früheres Vorsprechen beschämte ihn. Trotzdem liebte er Jesus, er liebte ihn sogar mehr als damals.

„Du weißt“ sagte er mit Tränen in den Augen, „dass ich dich lieb habe.“ Jesus nickte: „Weide meine Lämmer.“

Sie gingen wortlos weiter. Wenige Mannslängen vom Ufer entfernt durchbrach ein Fisch springend die Wasseroberfläche. Es platschte leise, als er wieder im See landete. In den Bäumen zwitscherten die Vögel und begrüßten den neuen Tag.

Jesus fragte: „Petrus, schlägt dein Herz für mich?“

Erst allmählich begriff Petrus, was Jesus da eigentlich sagte. Er gab ihm einen Auftrag! Er erneuerte, was er damals schon zu ihm gesagt hatte: Du bist Petrus, und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen, und die Mächte der Unterwelt werden sie nicht überwältigen. Die Aufgabe, das Vertrauen waren ihm nicht entzogen worden, er sollte ein Hirte für die Suchenden sein, er sollte die Lämmer zur Weide führen, zur köstlichsten Weide, die es gab, zu Gott!

„Es wird schwer für dich werden“, sagte Jesus. „Du wirst Wege gehen müssen, die du nicht gewählt hast.“

Aber das erschreckte ihn nicht mehr. Er fühlte eine neue Kraft in sich und eine unbändige, tanzende und zuckende Freude, die ihn durchfuhr. Sein Freund, sein Meister, sein Herr vertraute ihm. Er konnte nicht anders, er umarmte Jesus.

Jesus erwiderte die Umarmung und zwinkerte ihm zu. Als sie sich wieder voneinander lösten, lächelte Jesus ihn an und sagte: „ Erzähl den Menschen vom Vater und von mir, hilf ihnen uns zu vertrauen. Wecke ihre Sehnsucht und zeige ihnen, dass ihr Leben Wert und Würde hat und dass es Sinn hat, das sie geliebt und gewollt sind. Kümmere dich um den Hunger meiner Menschen!“

Langsam kehrten sie zu den anderen zurück und Petrus schloss für einen Moment seine Augen und ließ einen langen, köstlichen Seufzer von sich, gefüllt von Zufriedenheit und Heilung.“

in Anlehnung an Titus Müller

Emmaus

Auf dem Weg mit zwei Jüngern nach Emmaus

Da sind zwei von Jesu Freunden unterwegs, auf dem Weg von Jerusalem nach Emmaus. Sie wollen weg aus dieser Stadt, weg von dem Ort, an dem sie Zeugen wurden wie ihr Freund sterben musste, weil er nicht in die Vorstellung der religiösen Führer passte.

Die Freunde fliehen, sie wollen zurück in ihr Dorf, sie sind entsetzt, sie sind traurig und resigniert. Doch eines sind sie nicht. Sie sind nicht sprachlos. Sie reden miteinander und tun damit genau das richtige, das, was ihnen hilft mit der schrecklichen Situation umzugehen. Sie reden über das, was sie erlebt haben, was sie bewegt, sie reden über ihre Gefühle: ihre Angst, Unsicherheit, ihre Enttäuschung und die verlorene Hoffnung.

Ich kann sie gut verstehen, dass sie sich abschotten, nichts mehr mitkriegen wollen von dem was da los ist. Manchmal scheint die entgegengesetzte Richtung die einzig sinnvolle zu sein.

Unerwartet gesellt sich ein dritter dazu, interessiert sich für sie. Er will wissen über was sie da reden, er hört ihnen zu, und er nimmt sie ernst. Und sie erzählen ihm einfach alles, wovon ihr Herz voll ist, von ihrer Trauer, von der verlorenen Hoffnung und den geplatzten Zukunftsplänen.

Kennen wir das nicht auch? Wie gerne möchten wir in einer schwierigen Situation mit einem Menschen reden und ihm erzählen können, was in uns los ist. Wir möchten unser Herz erleichtern und teilen, was uns wichtig ist. Wir wollen keine Ratschläge, sondern einen Zuhörer, jemand der sich interessiert und der den Schmerz mit uns teilt.

Gerade in diesen Wochen, wo so viele Kontakte erschwert sind, fehlen uns schmerzlich Menschen, mit denen wir zusammen sein können, mit denen wir in vertrauter Weise reden können um uns zu erzählen wovon das Herz so voll ist.

Die biblische Geschichte geht noch weiter und nimmt eine bedeutende Wende. Davon mehr im nächsten Im Impuls…

Unsere Corona-Geschichte ist auch noch nicht zu Ende und wir haben es in der Hand welche Erfahrungen wir daraus mitnehmen. Teilen wir Brot – das Leben – miteinander? Erzählen wir uns von dem, was uns bewegt, was unsere Herzen erwärmt? Werden wir nach der Pandemie mit neuen Erfahrungen zurückkehren an die Orte des Lebens? Jede und jeder von uns hat es in der Hand, wie wir das Leben mit anderen teilt. Ich wünsche uns gutes Gelingen!

21. April 2020    Sr.M. Josefa Bölinger

Ostersonntag

Evangelium Lukas 19, 28 -40

Ich erinnere euch gerade jetzt! würde der Apostel Paulus heute sagen. Vergesst unsere Hoffnung nicht, denn Christus ist uns vorausgegangen, mitten in der Nacht, als vom Licht des Tages noch nichts zu sehen war. Ohne Aufsehen, ganz still. „Einsam mag er gewesen sein, als er den Schritt vom Tod zum Leben wagte, als er den Übergang riskierte, die Grenze überschritt.“ (Andrea Schwarz: „Eigentlich ist Ostern ganz anders“ Freiburg 2011², S. 96)

Ich erinnere euch aber, liebe Geschwister, so Paulus an das Evangelium.                                                                                                       In diesen Wochen brauchen wir diese Erinnerung ganz besonders! Der Tod ist sehr in unsere Nähe gerückt. Wir haben Angst uns anzustecken, Menschen können schwer erkranken. Wir dürfen unsere Lieben nicht besuchen. Ärzte müssen schwerwiegende Entscheidungen treffen, wenn die Erkrankung schlimmer wird. Atemmasken und Schutzkleidung fehlen weltweit. Und darüber hinaus müssen viele um ihre wirtschaftliche Existenz fürchten, müssen Mitarbeiter entlassen werden, verlieren Menschen ihre Investitionen ohne Chance, sich jemals davon zu erholen. Da kann man Ostern schon einmal vergessen! Doch das Unfassbare war damals geschehen. Sie hatten Jesus gekreuzigt, er starb wie ein Verbrecher, hingerichtet, draußen vor der Stadt.

Maria von Magdala kann es nicht fassen. Noch vor wenigen Tagen, ach was, noch vor wenigen Stunden waren sie zusammen gewesen. Sie teilten Nähe und Erlebnisse. Seine Worte hatten ihr Herz immer wieder berührt, sie ermutigt das Leben zu leben und zu lieben, sie ermutigt auch in den dunklen Tagen an der Hoffnungen festzuhalten. Wie erbauend waren seine Worte über das Leben, das nie enden wird, über seinen Vater, Gott, bei dem die Fülle des Lebens zu finden sei. Und jetzt – vorbei mit der Fülle, gekreuzigt, wie ein Verbrecher, gestorben – alles vorbei, aus, dunkel, begraben ….

Der Evangelist Johannes konzentriert seine Erzählung vom Ostermorgen, auf drei Personen: auf Maria von Magdala, auf Simon Petrus und auf den anderen Jünger, »den Jesus liebte«. Sie haben ihre je eigene Sichtweise und Deutung für das Geschehen am Grab. Maria von Magdala vermutet eine Wegnahme des Leichnams. Petrus schenkt seine Aufmerksamkeit den unterschiedlichen Grabtüchern und der andere Jünger glaubt. Die Bedeutung des leeren Grabes enthüllt sich den handelnden Personen Stück für Stück. Johannes erzählt die Geschichte vom leeren Grab aus zwei Perspektiven mit drei unterschiedlichen HauptdarstellerInnen. Die eine Perspektive ist verbunden mit Maria von Magdala. Die Erzählung vom leeren Grab beginnt aus ihrer Sicht und sie endet damit. Maria nimmt zunächst die äußeren Gegebenheiten wahr. Der Stein des Grabes ist weggenommen, das Grab ist leer. Sie geht davon aus, dass jemand Jesus weggenommen und ihn an einen unbekannten Ort gelegt habe. Sie „rennt“ zu den Jüngern und löst damit den Mittelteil der Erzählung aus.

Dieser Erzählstrang hat in den beiden Jüngern – Petrus und der Jünger, den Jesus liebte – ihre beiden Protagonisten. Simon Petrus und der Jünger, den Jesus liebte sprinten zum Grab Jesu. Diese Erzählung hat etwas Komisches an sich und sie ist, wie es sich für Männer gehört, sehr aktionsreich.

Der Evangelist Johannes erzählt schwere Kost und er will etwas bewirken. Johannes erzählt, um der Arroganz vorzubeugen, über die Auferstehung in der Bibel zu lesen und zu denken, gut, kennen wir schon. Beide Jünger rennen zum Grab, reden aber nicht mit Maria von Magdala. Was geschieht? Es kommt zum Wettkampf, der nie dem Leben dient. Das hatten wir schon am Baum der Erkenntnis, im Ersten Buch der Bibel, es geht um gewinnen und verlieren, um gut und bös. Das erste was die beiden Jünger tun, sie ignorieren Maria von Magdala, sie reden nicht, sie nehmen sie nicht einmal mit, danken nicht. Sie wird einfach zurückgelassen. Beide Jünger sind total verunsichert, aber sie reden nicht mit der Botin! Der Lieblingsjünger, der am Herzen Gottes ruhte, erreicht das Grab zuerst, geht jedoch nicht hinein. Er beugt sich lediglich vor, schaut ins Grab und sieht die zusammengefalteten Tücher An diesem Punkt überholt ihn Petrus und geht hinein. Petrus geht zuerst ins Grab. Was finden sie vor?

Leinenbinden – etwas Gebundenes ist entbunden, ein Schweißtuch – liegt an der Seite, Gesicht und Hände sind Offenbarungsorte, das Grab – das was übrig bleibt, wird verwaltet, letzte Ehre. An Orten die dem Tod dienen werdet ihr IHN nicht finden! Auch Petrus sieht die Tücher. Er sieht sogar noch ein anderes Detail: das Schweißtuch liegt nicht bei den Grableinen sondern an einem besonderen Ort. Danach liegt die Initiative wieder bei dem anderen Jünger. Er tritt ebenfalls in das Grab. Johannes formuliert: „Er sah und glaubte“.

Petrus und der Jünger den Jesus liebte kommen zur Erkenntnis aber nicht zum Leben! Der Evangelist Johannes ist hier unerbittlich in der Erzählung. Das Thema ist Leben; wenn du verschont bleiben willst, taugt es nicht. Das ist die Aussage des Johannes.

ERKENNTNIS hat uns nie geschadet, aber sie hat unserem Leben nicht gedient. Gut und Böse hier ist die Parallele zum Garten Eden, Adam und Eva, Petrus und der Jünger den Jesus liebte. Die Erkenntnis bringt kein Leben in Fülle!

Der Jünger den Jesus liebte glaubte erstmal nicht an die Auferstehung, denn er fragt nicht: Wo ist er? Gott, fragt im Garten Eden: Adam, wo bist du? Die beiden Jünger fragen nichts, sie gehen nach Hause! Johannes, der Evangelist erzählt uns: die Jünger glauben, aber hier noch nicht an die Auferstehung. Der Jünger den Jesus liebt glaubt, das heißt, es rührt sich etwas in ihm, aber er geht nach Hause. Es rührt sich etwas in ihm, aber er rührt sich nicht! Maria Magdalena fragt: wo hast du ihn hingebracht? Wir werden nicht zur Fülle des Lebens kommen, wenn wir nur fragen: Wer bist du Gott? Wir werden Leben wenn wir fragen: Wo bist du Gott?

Damit kehrt die Aufmerksamkeit wieder zu Maria zurück. Sie hat die Geschwindigkeit herausgenommen. Im Gegensatz zur hektischen Aktivität der Jünger, kommt sie zur Ruhe. Sie ist stehen geblieben. Maria aber stand draußen und weinte. Die Frage Marias ist: Wo haben sie ihn gelegt? Wohin mit meinen Tränen? Maria zeigt ihre Trauer! Die Jünger trauern ebenfalls – aber wir hören mehr über ihre Angst. Weinen ist eine Offenbarung, Maria zeigt sie! Während sie weinte, beugte sie sich ins Grab hinein. Sie nimmt die Trauer mit, sie trägt es mit. Ein Mensch der wirklich lebt, schaut durch die Tränen hindurch. „Man sieht nur mit dem Herzen gut“. Tränensprache sucht Weite. Erkenntnis geht nach Hause. Maria blickt in die Grabkammer hinein – und sieht etwas völlig anderes als Petrus und der andere Jünger. Die Jünger können nicht sehen was Maria von Magdala sieht. Maria sieht zwei Boten, Tränen sehen mehr, weil sie nichts leugnen. Wir spüren, je tiefer wir sehen umso schwieriger wird es, dem Leben zu dienen, es kostet einen hohen Preis. Sie sieht zwei Engel in weißen Gewändern dort sitzen, wo Jesus gelegen hatte. Es ist eine spannende Frage, ob die Engel vorher bereits dort gesessen hatten als die beiden Jünger dort gewesen waren. Hatten sie sie übersehen? Oder haben sie auf die falschen Dinge geschaut? Konnten sie sie nicht wahrnehmen, weil ihnen der Blick fehlte?

Jedenfalls genügt diese Erscheinung für Maria noch nicht, dass sie begreift, was sie sieht. Noch immer geht sie davon aus, dass „jemand“ die Leiche Jesu weggeschafft habe. Nicht einmal die Erscheinung schafft es, die ursprüngliche Meinung Marias ins Wanken zu bringen. Selbst als sie unmittelbar vor Jesus steht, hält sie ihn für den Gärtner und fragt auch ihn, wohin sie Jesus gelegt hätten, damit sie ihn mitnehmen könne. Erst als Jesus sie beim Namen nennt, erkennt sie ihn.

Maria gibt nicht auf, sie sucht ohne Ende. Niemand unterstützt sie. „Dann will ich ihn holen!“ ist vielleicht die Frage: „Wo bist du?“ Frau, warum weinst du? Wen suchst du? Sie meint es sei der Gärtner. „Mirjam“ da wandte sie sich um!“ „Rabbuni, großer Lehrer!“ Jesus sagt zu ihr: „Geh zu meinen Brüdern!“ Hier ist die Erfahrung Maria von Magdala`s: Ich habe den Herrn gesehen, weil ich nicht nach Hause gegangen bin. Ich habe ihn gesehen weil ich geweint habe, getragen habe und nicht aufgegeben habe. Sie richtet aus, was er ihr gesagt hat. Gott wird uns nicht schonen, sondern wenn du etwas suchst, ersehnst, was bist du bereit dafür zu tun, dafür einzusetzen?

Ostern ist nicht nur „Halleluja“ und „ Das Grab ist leer, der Held erwacht“, vielleicht erleben wir die Botschaft von der Auferstehung, heute, in unserer schwierigen Zeit, mit der Intensität die sie verdient hat.

Möge die Osterfreude – bei allem Schweren – die Hoffnung auf Leben in sich tragen, das wir Menschen aus Gottes Geist sind, unser Gebet lebend, unser Leben betend, bis Liebe und Leid sich umarmen und eine wundersame Liebe uns lehrt, wie wir durch die Tränen hindurch, den Schauen der das Leben für uns will und das in Fülle!

Wir wünschen Ihnen / Euch allen ein gesegnetes Osterfest!

Sr. M. Josefa  und  Sr. M. Andrea

Palmsonntag

Evangelium Lukas 19, 28 -40

Nach dieser Rede zog Jesus voran und ging nach Jerusalem hinauf. Und es geschah: Er kam in die Nähe von Betfage und Betanien, an den Berg, der Ölberg heißt, da schickte er zwei seiner Jünger aus und sagte: Geht in das Dorf, das vor uns liegt! Wenn ihr hineinkommt, werdet ihr dort ein Fohlen angebunden finden, auf dem noch nie ein Mensch gesessen hat. Bindet es los und bringt es her! Und wenn euch jemand fragt: Warum bindet ihr es los?, dann antwortet: Der Herr braucht es. Die Ausgesandten machten sich auf den Weg und fanden alles so, wie er es ihnen gesagt hatte. Als sie das Fohlen losbanden, sagten die Leute, denen es gehörte: Warum bindet ihr das Fohlen los? Sie antworteten: Weil der Herr es braucht. Dann führten sie es zu Jesus, legten ihre Kleider auf das Fohlen und halfen Jesus hinauf. Während er dahinritt, breiteten die Jünger ihre Kleider auf dem Weg aus. Als er sich schon dem Abhang des Ölbergs näherte, begann die Schar der Jünger freudig und mit lauter Stimme Gott zu loben wegen all der Machttaten, die sie gesehen hatten. Sie riefen: Gesegnet sei der König, der kommt im Namen des Herrn. Im Himmel Friede und Ehre in der Höhe! Da riefen ihm einige Pharisäer aus der Menge zu: Meister, weise deine Jünger zurecht! Er erwiderte: Ich sage euch: Wenn sie schweigen, werden die Steine schreien.

Einige Gedanken zum Evangelium am Palmsonntag (Lk 19, 28-40)

Jesu Einzug in Jerusalem: ich frage mich, hat uns die Erzählung heute und in unserer jetzigen Situation etwas zu sagen? Vielleicht, wenn wir dem inneren Motiv dieser Erzählung nachspüren: Was haben diese Menschen erwartet, was war ihre Sehnsucht? Und dann weiter gefragt: was erwarten wir, was ist unsere Sehnsucht? Jedes Jahr, wenn das jüdische Passahfest naht, wird die Stimmung im damaligen Jerusalem aufgeladener: Wann kommt der Messias? Er wird doch kommen, er muss doch kommen – der Befreier aus der Macht schwer zu ertragender Verhältnisse, aus Elend, Krankheit und Not. In diesem Sinne wird die Stimmung in Jerusalem Jahr für Jahr „gefährlicher“.

Und nun richtet sich alle Hoffnung auf Jesus: „Hosianna dem Sohn Davids! Gelobt sei, der da kommt in dem Namen des Herrn! Hosianna in der Höhe!“ Es ist die Erlösungshoffnung der kleinen Leute auf dem Hintergrund ihrer Ohnmachtserfahrungen, die sie täglich gemacht haben und die sie täglich machen werden. „Hosianna – Gott, hilf doch“ – das ist der flehentliche Schrei derer, die am Ende ihrer eigenen Möglichkeiten sind; es ist viel eher Verzweiflungsschrei als triumphale Begeisterung. Das hebräische Wort „Hosanna“, oder „Hosianna“, das in den anderen Evangelien mit überliefert wurde stammt aus Ps 118,25. Es ist ein Hilferuf an den König und bedeutet schlicht „Hilf doch!“ Zum einen wurde Jesus damit als König angesprochen, zum anderen machte die Schar der Jünger deutlich, von wem sie ihre Hilfe und Rettung erwarteten.

Wer ist der sanftmütige Eselsreiter für uns heute?

Sicherlich kein König David und keiner, der unmittelbar und für jedermann sichtbar unsere alltäglichen Verhältnisse ändert. Stattdessen einer, der in unser Herz einziehen will und uns Weite und Befreiung schenken möchte.

Wer ist der sanftmütige Eselsreiter?

Für den bedeutenden Schweizer Pfarrer und Dichter Kurt Marti – ich schließe mich ihm gerne an – ist der sanftmütige Eselsreiter einer, „der inspirierte und einzigartige Sätze sagte, ein Jude, der aus der alttestamentlichen Tradition überraschende und universal gültige Schlüsse zog; ein Heiler körperlicher Leiden; ein freier Mensch, standfest gegenüber Mächtigen, liebevoll gegenüber Machtlosen und Verachteten, ein Mann, der männlich genug war, um das Weibliche in sich nicht verdrängen zu müssen, ein Emanzipator der Frauen; ein Hinführer, sogar Verführer zum Leben, deswegen hingerichtet, deswegen auferstanden.“ Und Marti fügt noch hinzu, vielleicht ganz mutig, ganz persönlich: „Jesus ist derjenige, vielleicht der einzige, der unseren verrückten und kindlichen Wunsch, sehr zu lieben und sehr geliebt zu werden und hierdurch sehr glücklich zu werden, absolut ernst nimmt.“

Für mich ist die heutige Erzählung vom sanftmütigen Eselsreiter eine Befreiungs- und eine Mutmach-Geschichte: Wir alle sehnen uns gerade in diesen Tagen nach gelingendem Leben, bemühen uns redlich und werden doch so oft mit schmerzlichen Grenzen konfrontiert. Vielleicht kann und will uns diese Geschichte befreien: Von Allmachtsphantasien ebenso wie von depressiver Untergangsgestimmtheit.

Wenn sich unser Leben mit Jesus von Nazareth verwebt, ist ein Ja zum Bruchstückhaften, zum Fragmentarischen leichter. Jesus, der selbst alle Tiefen menschlichen Lebens durchlitten hat, befreit uns zum Ja zu uns selbst. Der „sanftmütige Davidssohn Jesus“ befreit uns zur eigenen Sanftmut: Zum Mut zu kleinen Schritten und zur entschlossenen Absage an alle Resignation.

Die gegenwärtige neue, ungewohnte und unerwartete Geschichte der Erkrankung, der Einschränkung und des chaotischen Wandels unseres Lebensstils prüft unsere Herzen. Wir können uns beschweren, dass sie schwierig, komplex, unübersichtlich ist. Wir wollen den vorgeschriebenen Weg gehen. Das bedeutet, wir wollen jemanden, der uns diesen Augenblick erklärt, ihn verständlich macht und alles kurz und bündig zusammenfasst. Doch niemand kann das.

Wir können aber daran reifen, vor allem menschlich, wir dürfen die leise Kunst des Lebens entdecken und einüben: können Abschied nehmen von Allmachtsphantasien, Grenzen wahrnehmen und respektieren, das Fragmentarische und Bruchstückhafte des Lebens annehmen lernen.

„Du kommst und machst mich groß“. So möchte ich tatsächlich existenziell diese Erzählung von Jesu Einzug in Jerusalem deuten: du machst mich groß; groß um dem Leben und dem Leiden standzuhalten; groß, um immer wieder auf die Kraft der Liebe zu vertrauen und vor allem die Sehnsucht nach dem Leben nie zu verlieren.

“Du kommst und machst mich groß“. Ja, Gott will uns groß machen, aber wir müssen unseren Beitrag dazu geben. Was wir gerade erleben und erleiden, ist keine unterhaltsame Geschichte, aber sie könnte uns neue ungesehene Horizonte, unbegangene Wege und unversuchte Möglichkeiten eröffnen. Dafür brauchen wir ein offenes, mutiges und weites Herz.

Im Gebet miteinander verbunden grüßen wir Euch & Sie von Herzen

Bleibt behütet

Sr. M. Andrea  &  Sr.M. Josefa

Auf dem Weg durch die Wüste

Auf dem Weg – von Jerusalem nach Jericho – durch die Wüste

Es gibt verschiedene Wüsten, welche mit unendlich viel Sand und welche mit unzähligen Steinen. Ihre Gemeinsamkeit besteht in dem fehlenden Wasser und dadurch in der auffälligen Kargheit. Für eine kurze Zeit mag uns dieser Anblick faszinieren. Spätestens wenn wir ein paar Stunden in dieser Landschaft unterwegs sind, lässt die Faszination nach. Die Wirklichkeit ist, dass Wüsten lebensfeindliche Orte sind und Orte voller Gefahren. Hinter jeder Kurve kann eine gefährliche Überraschung lauern.

Diese Erfahrung haben wir in Israel hautnah erlebt. Plötzlich geht es auf rutschigem Untergrund steil bergab, unverhofft steht man vor einer Felswand die es zu erklimmen gilt, oder der Weg endet und es sind nur Felsbrocken zu sehen, die überwunden werden müssen.

Da es in Israel in diesem Jahr mehr geregnet hat, als in den letzten 10 Jahren gab es auch nasse Herausforderungen. Wasser stürzte von oben herab und überschwemmte den schmalen Pfad den wir nehmen mussten um auf die andere Seite zu gelangen. Was wir erst unter dem „Regenguss“ sahen: direkt daneben ging es zig Meter in die Tiefe – also: nur nicht ausrutschen! Jeder Tropfen Wasser verzaubert die Dürre und lässt neues Leben hervorsprießen. Es war sehr beeindruckend zu sehen, dass in einer Wüstenlandschaft – sobald es Wasser gibt – eine Vielfalt von Leben möglich ist.

Wir kennen die biblische Geschichte von dem Mann, der von Jerusalem nach Jericho unterwegs ist und von Räubern überfallen wurde. Wer da liegen bleibt, der ist dem Tod näher als dem Leben. Wir waren als Gruppe unterwegs und konnten uns 100% aufeinander verlass. Was aber, wenn der, der vorbei kommt keine Hilfe anbietet? Erst der dritte Mann – einer aus einem fremden Volk – scheut sich nicht handanzulegen und den Verletzten aufzuheben, zu versorgen und mitzunehmen. Er bringt ihn vom Ort der Lebensgefahr weg zu einem Gastwirt, der ihn auf Bitten des Fremden an Leib und Seele versorgt. Ich habe mich gefragt, was ist in dem überfallenen Verletzten vorgegangen, als die beiden ersten Männer an ihm vorübergingen und ihn liegen ließen?

In solchen Situationen zeigt sich, wer tatsächlich ein Herz für die Not des Nächsten hat.

Das ist es, was die Wüste uns auch lehrte: wir brauchen einander – wir sind aufeinander angewiesen – die helfende Hand, der ausgeliehene Stock, das geteilte Brot und das ermutigende Wort stärken uns und lassen die Gemeinschaft zusammenwachsen.

Wenn es im Leben eng, schwierig und gefährlich wird, sollten wir uns aufeinander verlassen können, einander beistehen – ob in der Wüste oder beim Ausbruch einer Epidemie.

Ich wünsche uns, dass wir einander im Blick haben und uns gegenseitig ermutigen und helfen. Ich wünsche uns, dass in der derzeitigen Corona-Krise unsere besten Seiten sichtbar und spürbar werden, dass wir gegenseitig gestärkt daraus hervorgehen.

Bleiben Sie behütet

Sr. M. Josefa op

 

Auf dem Weg nach Ostern

Auf dem Weg nach Ostern

Vor einigen Jahren erweckte ein Buchtitel mein Interesse. Der Titel lautet: „Eigentlich ist Ostern ganz anders“. Das hat mich neugierig gemacht, ich fand dort den Gedanken „An Ostern geht es um das Leben – um mein Leben.“

Die alljährliche Zeit zwischen Aschermittwoch und Ostern ist eine Einladung zu mehr Leben. Mir geht es jedenfalls so, dass ich diese Zeit gerne dazu nutze, dem Leben wieder mehr Weite und Tiefe zu geben. Die altgewohnten Worte wie Fastenzeit oder österliche Bußzeit verwende ich nicht so gerne, weil sie schon auf den ersten Blick und auch auf den ersten Klang zu sehr Last und Schwere betonen.

Gehen wir doch gerade in dieser Zeit auf den Frühling zu, das neue Erwachen von Natur und Schöpfung. In der frühen Kirche war noch die Sprache von einem „Heiligen Frühling“. Das hat für mich einen lebensfreundlichen und frohmachenden Charakter. Und im Frühling feiern wir Ostern, das Fest der Auferstehung, das Fest des Lebens.

Auf dem Weg zu diesem Fest, dass uns einen inneren Frühling und eine unwiderrufliche Hoffnung schenken kann, können wir uns einüben in Lebenshaltungen, die der Zukunft gewidmet sind und dem Leben wieder eine Chance geben. Die Wochen vor Ostern laden ein, das Leben wieder neu zu schätzen, Schritt für Schritt aus Freude heraus das Leben zu leben und zu wagen, sich zu öffnen für die Vielseitigkeit und Buntheit, Macht und Ohnmacht des Lebens zu versöhnen, sowie Himmel und Erde mit einander zu verbinden.

Gott ist ein leidenschaftlicher Freund des Lebens. In der Auferstehung seines Sohnes aus dem Grab des Todes bringt er einen Stein ins Rollen und beweist seine Liebe zu uns seinen Menschen.

Diese Botschaft, mein eigenes Leben neu zu schätzen und zu würdigen, wäre eine gotteswürdige und menschenwürdige Art, einen „Heiligen Frühling“ zu gestalten. Deshalb ist Ostern eigentlich ganz anders.

Der Frankfurter Pfarrer und Schriftsteller Lothar Zenetti hat es so ausgedrückt:

„Menschen, die aus der Hoffnung leben, sehen weiter.                                                                                                                                  Menschen, die aus der Liebe leben, sehen tiefer.                                                                                                                                           Menschen, die aus Vertrauen leben,                                                                                                                                                              sehen alles in einem anderen Licht.“

Ich wünsche Ihnen einen gesegneten und freudiger „Heiliger Frühling“

Februar 2020                                                                                                                                                                                                    Schw. M. Andrea op

 

Bodenhaftung

bodenhaftung

ich komme nicht

ohne gebet aus

wie sehr ich auch

das schweigen suche

hinter jedem müllsack höre ich die stimme

zieh deine schuhe aus…

ich küsse die dunkle erde

und male um sie einen kreis

der mein leben

ins gebet nimmt

von Wilhelm Bruners aus: Zuhause in zwei Zelten“

Seite an Seite

Seite an Seite

Gemeinsam mit zwei Ehepaaren und zwei Freundinnen haben wir die letzten Stunden des Jahres 2019 in froher Runde erlebt und genossen. Gemeinsam sind Sr. Andrea und ich nach Hause gefahren und verbrachten den ersten Tag des neuen Jahres mit guten Gesprächen, einem herrlichen Spaziergang durch die rauhgereifte Natur und einem wunderbaren Abendessen. Seit dem sind schon drei Wochen ins Land gezogen und das Jahr 2020 ist voll im Gang.

Was mich bewegt und unruhig macht, sind die vielen Aktivitäten und Aufgaben die es vorzubereiten gibt, Termine die mein Kalender anzeigt und in denen ich wenig Spielraum vorfinde für…    Ja, für was? Für das Leben?!

Ich war als Sternsinger unterwegs, zusammen mit Kindern und gemeinsam mit Erwachsenen. Wir sind zusammen von Hof zu Hof von Haus zu Haus gegangen, haben zusammen gesungen und gelacht und unseren Segensspruch aufgesagt. WIR, das bedeutet, niemand war allein, WIR, d.h. wir alle waren uns einig über das, was wir wollten und taten. Diese zwei verregneten Tage waren auch anstrengend und mühsam. Was bleibt ist nicht die Müdigkeit, sondern die Freude und die Erinnerungen, die mit dem gemeinsamen Unterwegssein verbunden waren. Diese Freude erfahre ich nur in Gemeinschaft.

Zusammen mit acht Männern und Frauen habe ich beim ersten Bibliodramaspiel in diesem Jahr Augenblicke froher Überraschung, viel Lebendigkeit und Mut erlebt. Solche Erfahrungen machen mich glücklich und lassen mich spüren, wie kostbar unser menschliches „Zusammen-Spiel“ ist.

Im Garten mache ich ähnliche Erfahrungen. Ich liebe den Garten, die Pflanzen und die Arbeit im Freien und ich kann dabei gut alleine sein. Dennoch spüre ich eine unbändige Freude, wenn ich zusammen mit andern im Garten bin. Ganz gleich ob es darum geht Erfahrungen auszutauschen, Ideen „wach zu küssen“ oder Hand anzulegen: zusammen mit anderen macht es mir viel mehr Freude und schenkt mir unbeschreibliche Glücksmomente.

Und dann haben wir in der vergangenen Woche zu dritt unsere Küche und den Wohnraum frisch gestrichen, d.h. die ganze Wohnung war davon betroffen. Im Flur stapelte sich der Inhalt aus den Schränken und die dazugehörenden Möbelstücke, mein Büro war für unsere Mahlzeiten passend gemacht worden und, und, und. Wer einmal selbst eine solche Aufgabe in Angriff genommen hat, weiß was es an Kraftanstrengung und Ausdauer kostet. Jeder Muskel, der sich am Schreibtisch nicht bewegen muss, wird schmerzhaft spürbar. Doch die Erfahrung untereinander eins zu sein, Seite an Seite und Hand in Hand einen Plan umzusetzen und dabei Schönheit zu bewirken, lässt die Anstrengung und Mühe in den Hintergrund treten. Davor steht – auf unseren Gesichtern deutlich zu lesen – die Freude am Miteinander und des gemeinsamen Erlebens.

Es gibt auch traurige Erfahrungen, die uns miteinander verbinden. Derzeit sind es zwei Freundinnen, die beruflich und privat sehr viel Leid erfahren, die seit langem „Durststrecken“ zu bewältigen haben und denen ich mit einem offenen Ohr und meinem Gebet zur Seite stehe. Auch im Mit-leiden wächst Verbundenheit, wird ein Mit-einander spürbar, selbst über hunderte von Kilometern hinweg.

Diese Erfahrungen der ersten drei Wochen des Jahres erinnern mich an den Schöpfer, den Quell allen Lebens. Wenn ich die biblischen Erzählungen lese oder höre, erinnern sie mich an eine Formulierung, in der es heißt: „Gott und seine Menschen“. Da klingt für mich durch, dass Gott und wir Menschen zusammen gehören, dass wir Gott wichtig sind, dass wir Menschen Gott am Herzen liegen, jeder einzelne von uns. Gott teilt sein Leben mit uns. Er steht an unserer Seite, will Seit an Seit mit uns gehen.

Jesus lebt es ganz deutlich: Er ist dort zu finden, wo die Menschen sind, bei denen, die Not leiden, bei den Kranken, den Hungrigen, bei denen, die mit ihrer Sehnsucht unterwegs sind und bei den nach Leben Dürstenden… bei uns! Und er teilt das Leben mit uns. Er ist da! Mitten unter uns macht er sich erfahrbar und ist Teil unserer Gemeinschaft. Wenn wir zusammen Freude erleben, die einer alleine so nicht erfahren kann; wenn wir uns gegenseitig stärken, ermutigen und uns trösten ist er bei uns. Da wo wir einander wohlwollend im Blick haben und uns gegenseitig Vertrauen schenken leben wir Gemeinschaft mit Gott.

In meinem Kalender finde ich terminierte Aufgaben, Aktivitäten, die es vorzubereiten gibt. Was ich dort nicht finden werde ist das, was tatsächlich geschieht, das was Leben ausmacht: die Begegnungen, das Miteinander, das Zusammenspiel, WIR-Erfahrungen, gegenseitige Stärkungen, Ermutigungen, Seite an Seite gehen, Glücksmomente, Überraschungen, zusammen weinen und gemeinsam Freude erleben – eben alles, was das LEBEN lebenswert macht.

Im Terminkalender finde ich keine Hinweise und Notizen wo ich Gott begegne.

Und Gott braucht meinen Kalender nicht um mir zu begegnen.

19. Januar 2020

Sr. M. Josefa

Ein Stern erzählt

Ein Stern erzählt

 „Man erzählt sich viele Geschichten von mir, wahre und erfundene. Am liebsten mag ich die, die schon mehr als 2000 Jahre alt ist.

Ja, ich bin mit einem Auftrag zur Welt gekommen, hatte allerdings keinen blassen Schimmer davon, wie da etwas hätte geschehen können.

Es geht mir wie all den anderen. Wir werden nur wahrgenommen, wenn das ganz große Licht – das den Tag hell macht – sich auf der anderen Seite befindet. Wenn das große Licht nicht zu sehen ist, und die Welt im Dunkeln liegt, dann sind wir zu sehen – wir – die ungezählten winzigen Lichtpunkte. Sterne nennen uns die Menschen.

 Ich mag die Nacht. Im Dunkeln verschwinden viele Konturen, die Farben verlieren ihre Wirkung.      Menschen fürchten oft die dunkle Zeit. Ihr Leben ohne Farben, ohne Abwechslung und ohne Konturen macht sie unsicher; dunkle, lange Schatten beängstigen.

 Als meine Sternstunde gekommen war, damals, das war zu der Zeit als weise Leute mich zum ersten Mal am Himmelszelt entdeckten, damals, als Er von oben nach unten wollte, begann meine Aufgabe.

 ER, dem ich mein Sein verdanke, schickte mich auf eine Reise, auf einen langen Weg. Ich sollte in der Nacht alles geben, was mit möglich war; sollte strahlen was das Zeug hielt. ER wollte, dass ich gesehen werde, damit sie erkennen was los ist im Himmel und auf der Erde; damit sie sich auf den Weg machen würden. ER bringt nicht nur Sterne in Bewegung, er will auch Menschen bewegen.

 Ich habe diese Leute immer bewundert. Lange bevor sie mich entdeckten, habe ich sie gesehen wie sie Nacht für Nacht stundenlang in die Dunkelheit hineinschauten und den Nachthimmel absuchten nach … wer weiß was.

 Dunkelheit gibt es überall auf der Erde, wenn auch an verschiedenen Orten immer zu verschiedenen Zeiten. Aber es gibt sie. Alle Menschen kennen Dunkelheit in ihrem Leben und die meisten Leute haben Angst vor ihr.

Wir kleinen Lichter, beschienen von dem einen großen Licht, sind ihnen zu wenig hell. Darum machen sie viel unechtes Licht um ihre Angst zu vertreiben.

 Es gibt nur wenige Menschen, die das Dunkel nicht fürchten und die Dunkelheit wegen ihrer besonderen Lichter lieben. Sie fürchten sich nicht, wenn das Leben seine Farben verliert und die Konturen nicht mehr wahrzunehmen sind. Sie wagen es, im Dunkel ihrer Nächte auf die Suche zu gehen nach einem Licht, das ihnen Trost schenkt und das eine Botschaft für sie bereithält.

 Nicht am hellen Tag erwarten sie eine Botschaft, sondern in der Stille der Nacht, in der Dunkelheit, wo das Auge und das Ohr herausgefordert sind, genau zu schauen und sehr achtsam zu lauschen.

 In dem Moment, als einer von diesen weisen Menschen mich am Firmament entdeckte, habe ich es gespürt. Jetzt war meine Stunde gekommen und ich legte mich ins Zeug, damit die Menschen, die im Dunkel leben, das Unerhörte entdecken, auf das ER sie aufmerksam machen wollte; das Unvorstellbare, das ihnen Hoffnung schenken sollte.

 Es blieb nicht bei dem einen. Von anderen weit entfernten Orten wurde ich ebenfalls gesehen und ich strahlte noch heller vor Freude, als ich spürte, wie mein Anblick ihr Herz berührte. Es waren nicht viele, die meine Botschaft vernahmen und deuten konnten.

 Sie aber brachen auf, verließen ihre Heimat und ließen ihre Sicherheiten zurück. Sie waren durchdrungen von der Sehnsucht, die mein Anblick in ihnen weckte. Sie ahnten die Botschaft, für die ich strahlte.

Mehr noch: Sie glaubten, dass Großes geschehen war; dass einer von ganz oben nach ganz unten gekommen war. Und dann trafen sie eilig ihre Vorbereitungen und machten sich auf den Weg.

 Niemand hat sie aufgefordert alles zurückzulassen und sich auf einen Weg voller Ungewissheit zu begeben. Ihre Sehnsucht nach dem Einen rief sie, lockte sie, ließ sie nicht mehr los.

 Ich gestehe: Ich habe sie bewundert wie sie zurückließen was ihnen kostbar und teuer war. Ich war voller Ehrfurcht für sie, als sie aufbrachen in der Nacht. Sie hatten keine andere Orientierung als meine Bahn am Firmament, so unendlich weit entfernt … umgeben von Nacht.

 Die Weisen, die Sterne lesen können, kennen sich aus mit dem was am Himmel los ist; sie wissen Bescheid. Zuerst schauten sie nur in den Himmel und merkten: Es ändert sich etwas; und sie deuteten meine Botschaft: Etwas Großes ist geschehen. Da war einer von den Großen von ganz oben nach ganz unten gekommen. Ihre Erkenntnis ging nicht spurlos an ihnen vorüber. Das Himmlische weckte ihre Sehnsucht und brachte sie in Bewegung.

 Für mich ist es ein Leichtes am Firmament – sozusagen in meinem Element – den Weg zurückzulegen, der mir bestimmt ist.

 Sie aber, diese Leute bewegen sich auf der Erde. Ich habe gesehen, wie mühsam es für sie war. Am Tag hätten sie sich leichter fortbewegen können, allerdings fehlte ihnen die Orientierung am Sternenhimmel. So gingen sie nur in der Nacht, immer den Blick auf mich gerichtet.

Ihr Weg war sehr mühsam. Sie überquerten hohe felsige Berge, durchschritten lange Wüsten und fanden nur an wenigen Oasen Ruhe um wieder zu Kräften zu kommen. Sie hatten sich nicht zu einer kleinen überschaubaren Reise aufgemacht; vielmehr waren sie viele Wochen und Monate unterwegs, auf gefährlichen Wegen, nicht wissend, wann sie ihr Ziel erreichen würden, nicht wissend, was sie erwartete.

 Ich kenne Menschen, die sich auch heute noch durch Dunkelheit in ihrem Leben bewegen. Sie haben lange Strecken zurückgelegt. Der Mann, der seine geliebte Frau verloren hat und um sie trauert ohne spüren zu können, ob die Traurigkeit je wieder aufhören wird. Und da ist die Frau, die mit den Kindern alleingelassen wurde, als ihr Mann sich von ihr trennte; der Arbeitslose, der seit Jahren mit dem Gefühl ringt, nicht mehr gebraucht zu werden; eine Mutter, die monatelang am Krankenbett ihrer Tochter wacht, nicht wissend, wann sie wieder aufwacht.

 Viele Menschen erfahren in ihrem Leben Dunkelheit; ohne eine Ahnung zu haben, wann die dunkle Nacht vorbei sein wird.

 Die Weisen, sie kannten sich aus mit der Nacht und konnten die Zeichen deuten, die sie am dunklen Himmel entdeckten. Darum vermochte ein Stern sie zu bewegen aufzubrechen und sie ließen sich in der Dunkelheit von ihm führen.

 Wir Sterne, wir ermöglichen Orientierung. Wir leuchten im Dunkeln ohne die Dunkelheit zu vertreiben.

 Es liegt nicht in unserer Macht Menschen zu bewegen. Jedoch, wenn uns jemand sieht, wenn Menschen ihre Augen zum Himmel erheben und nach oben schauen, dann haben sie die gewohnte Blickrichtung schon geändert. Oft sehen Menschen nur das, was sich vor ihrer Nase befindet und beschränken sich selbst auf das, was gerade vor ihnen ist. Wenige lassen sich vom weit entfernten Horizont locken und in der Dunkelheit vom kleinen Licht der Sterne den Weg weisen.

Nicht so die Weisen. Sie haben sich eingelassen auf den unsicheren und ungewissen Weg in ein fremdes Land. Mühsam war ihr Weg damals – und er ist es auch heute noch.

 Dann kamen sie an, die Weisen, in einer Stadt namens Jerusalem. Sie begaben sich in den Palast des Königs, weil sie glaubten, das dort jener zu finden war, den sie suchten: der Große bei den Großen.

 Sie wurden zum König geführt und sahen wie er über ihre Worte erschrak. An seinen fahrigen Gesten merkten sie, dass er keine Ahnung hatte. Mehr noch: Angst und Zorn hinterließen auf seinem Gesicht Spuren.

Hier würden sie die Antwort nicht finden, das war ihnen schnell klar.

Er ließ hastig seine Schriftgelehrten und die Hohepriester kommen um herauszufinden, ob sie etwas wussten, was ihm gefährlich werden konnte.

 Er erschrak ein zweites Mal, als sie aus den Schriftrollen vorlasen. Da musste er hören, was er ganz und gar nicht hören wollte: Es ward einer geboren, der König genannt wurde, Messias, Retter! In Bethlehem, ganz nah bei seiner Regierungsstadt Jerusalem.

 Dann versuchte er die Weisen auszufragen, wollte mehr wissen, als sie bereit waren ihm zu sagen. Mit seichten Worten schickte er sie los um den zu suchen, der ihm eine solche Furcht einflößte.

Sie trauten ihm nicht über den Weg. Zu hart waren seine Gesichtszüge, zu schleimig seine Worte.

Er schickte sie los mit dem Auftrag zurückzukehren und ihm zu berichten. So sind es die Großen gewohnt: Sie erteilen Aufträge, Befehle, geben Anweisungen selbst denen, die nicht in ihrem Dienst stehen, die nicht zu ihnen gehören. Sie machen sich nicht selbst auf den Weg, sie vermeiden die Anstrengung, die Mühsal – damals wie heute.

 Ich habe sie draußen wieder gesehen, die Weisen, erleichtert den Palst hinter sich lassen zu können.

Und dann haben sie sich gewundert über die Schriftgelehrten. Wenn sie sich doch auskennen mit den Worten der Propheten, wenn sie doch mit eigenen Augen lesen, was verheißen ist, wieso bleiben sie zurück? Warum brechen sie nicht auf nach Bethlehem, wo sie doch gehört haben, dass wir auf dem Weg sind zu ihm, auf den sie seit Jahrhunderten warten?

Und niemand in diesem Palast hat sich gefreut, niemand sang ein Lied auf den neuen König, niemand will zu ihm.

Versteh einer die Menschen!

Ich habe sie auf dem letzten Stück Weg begleitet, diese weisen Leute, bis nach Bethlehem und dann bin ich stehen geblieben. Ich habe dort angehalten, wo sie es am wenigsten erwartet haben, an einer erbärmlichen Hütte irgendwo draußen.

Es hat sie nicht gestört. Sie haben nicht die Nase gerümpft. Sie sind einfach  hineingegangen. Sie haben gefunden den sie suchten. Sie haben gestaunt, haben gelacht und gesungen, haben ihre Geschenke ausgepackt und vor ihm niedergelegt. Und sie haben es gespürt: ER ist einer von uns! Ganz groß und ganz klein zugleich. ER ist gekommen von ganz oben zu uns ganz unten, so richtig ganz nach unten zu den kleinen und einfachen Leuten.

Die Menschen, die ihm begegnet sind, sie haben es in ihrem Leben erfahren Rettung kommt nicht von der Macht der Mächtigen. Rettung und Trost kommt von dem Großen, der sich klein macht, von dem Licht, das im Dunkel der Zeit den Weg zeigt – damals und heute!

Weihnachten 2019                                                                                                                                         Sr.M. Josefa op

Damals wie heute

DAMALS WIE HEUTE

Ouirinius

„Verliert euch nicht! Wenn ich heute rede, dann sage ich zuerst: Verliert euch nicht! Das kann schnell gehen. Ich weiß, wovon ich rede. Als Statthalter von Syrien, der ich damals unbedingt werden wollte, fand ich mich schnell umgeben von Papieren, Steuerlisten, Ordnungsfragen und vor allem von den Erwartungen anderer. Eine Aufgabe hätte man doch zu erfüllen, eine Rolle zu spielen, Pläne zu verfolgen, Grenzen zu wahren. Die Zählung des Volkes stand an. Kein mensch sollte da verloren gehen. Die Tage und die Nächte füllen sich schnell.

Dann siehst du die Sterne nicht mehr und hörst nicht hin, wenn von Wundern erzählt wird. Und die Phantasie, die Träume und Hoffnungen, die das Leben mit sich gebracht hat, verlieren sich auch. Zwischen den Stühlen. Zwischen den Papieren und Anforderungen. Und du merkst nicht, dass du es bist, der verloren geht, mit Herz und Seele. Es gibt so vieles, was sich eben nicht zählen und berechnen läßt.

Verliert euch nicht! Oder anders gesagt: Findet euch wieder. die Aufgaben werden nicht verschwinden. Aber die Zwischenräume könnt ihr weiten. Dass genug Raum ist für dich. Wie Gott dich gewollt hat. Mensch mit menschlichem Antlitz. Mit einem herz, das hüpft vor Liebe. Mit Seele, richtig Seele. Und wachsendem Mut, den Frieden auszurufen und dass ein guter stern über allem steht.

Die Geschichte von jenem Kind, das gekommen ist mit Licht und Liebe und Gott und uns Menschen im herzen, habe ich erst später gehört. Aber ihr kennt sie ja schon. Gut so! Verleirt euch nicht!“

Quelle: Der 25. Andere Advent 2019/2020 (1.12.)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Das Abenteuer Gottes ist ein gelebtes Leben

Das Abenteuer Gottes ist ein gelebtes Leben

Vor über 20 Jahren bekam ich das Werk von J. R.R. Tolkien „Herr der Ringe“ geschenkt. Von Anfang an übte dieses Buch eine starke Faszination auf mich aus. Ich hätte es aber nicht mit Spiritualität in Verbindung gebracht.

Obwohl es spirituelle Themen beinhaltet:

Atem für den langen Marsch;

nicht ohne Gefährten;

Freundschaft.

In diesem Jahr begleitet uns diese Erzählung bei den Brunnentagen von  Siebenquell (Zentrum für narrative Theologie),  was für mich eine besondere Freude ist.

Bücher und Geschichten an die wir uns immer wieder erinnern oder wir immer wieder lesen, machen sie so wertvoll. Durch die monatlichen Brunnentage wurde „Herr der Ringe“ für mich noch wertvoller, da es jetzt eine tiefere, spirituelle Dimension bekommen hat.

„Lesen ist Abenteuer im Kopf“ diese bekannte Redewendung beschreibt ganz gut, was ein Buch bedeuten kann: ein Abtauchen in eine andere Welt, ein Hineinversetzen in andere Menschen, ein Vertraut werden mit zuvor unbekannten Personen und Situationen.

„Das gelebte Leben ist das Abenteuer und es ist gefährlich“ dieses Wort von Erik Riechers (Siebenquell) holt das Abenteuer in mein alltägliches Leben und dafür muss ich gewappnet sein. Dafür brauche ich den Atem für den langen Marsch. So gaben mir die Brunnentage Impulse und Übungen für das Abenteuer „Leben“!

Aber was ist dieses Abenteuer?

Moderne Menschen glauben, wir können uns das Abenteuer aussuchen. Die Bibel sagt uns, das Abenteuer sucht uns auf. Die Abenteuer brechen in unser alltägliches Leben ein, denken wir an Mose und den brennenden Dornbusch oder David, der die Schafe seines Vaters hütete und vom Propheten Samuel zum König gesalbt wird oder Maria, sie ist zuhause als der Engel der Verkündigung zu ihr kommt. Alles ganz alltäglich.

Das Abenteuer bricht in unser alltägliches Leben ein. In Tolkiens Geschichte vom Hobbit bricht es in das Leben von Bilbo Beutlin ein und im Herr der Ringe in das Leben von Frode Beutlin und darüber hinaus in das Lebens all seiner Gefährten.

Das Abenteuer in biblischer Erzählung ist das gelebte Leben.

J.R.R. Tolkien hat im ersten Weltkrieg eine wichtige Erfahrung gemacht, im Kampf zählt die Gemeinschaft und davon erzählt er in seinen Geschichten. Die späteren Verfilmungen bezogen sich meist auf den Helden, aber Tolkien sagt: „Wir sind aus dem Krieg heraus gekommen durch die Gemeinschaft“.

So empfand ich die Geschichte von „Herr der Ringe“, da musste sich ein Hobbit, mitten in seinem alltäglichen Leben, auf ein Abenteuer einlassen und er bekam Gefährten, weil dieses Abenteuer alleine nicht zu bewältigen war.

Wenn wir glauben alles alleine zu können, alles alleine bewältigen zu können, dann such ich keine Gefährten. Aber es gibt Dinge im Leben die ich nicht ohne Gefährten tun kann. Jeder Mensch erkennt irgendwann in seinem Leben diese Stunde!

In den Filmen wurde die Geschichte sehr stark auf Kampf, Gewalt und Kriegsszenen reduziert, in der Erzählung Tolkiens nimmt das nicht so einen großen Raum ein, er setzt andere Akzente:

  • das Abenteuer sucht den Menschen
  • nicht ohne Gefährten
  • Abenteuer sind Herausforderungen

Eine Herausforderung ist z. B. die Beharrlichkeit und die übt Sam Gambschie in über 900 Seiten an der Seite von Frodo Beutlin.

Jeder von uns sollte Beharrlichkeit üben, damit wir in Krisenzeiten gewappnet sind.

J.R.R. Tolkien war ein tiefgläubiger Mensch und er wusste, es ist gut einen Menschen zu kennen wir Sam Gambschie.

Abenteuer sind nicht nur schön und Herausforderungen sind nicht nur leicht!

Was hat Tolkien nun bewegt solche Geschichten zu schreiben?

Er selbst sagt: „Ich habe es aus Angst geschrieben. Ich möchte meinen Kindern Geschichten erzählen, damit sie den Atem für den langen Marsch des Lebens haben. Sie müssen gewappnet sein um die Ressourcen zu nutzen und Krisen zu meistern“.

Der Vorwurf an Tolkien war sehr oft, du hast das Buch Herr der Ringe, doch für deine Kinder geschrieben und es hagelte Kritik weil so viel Gewalt und Blut vergießen vorkommen. Sogar sein Verleger hat ihm das vorgeworfen. Tolkiens Antwort war, die Elemente sind furchtbar, aber wenn ich die Welt beschreiben soll, soll sie authentisch sein. Es muss doch vergleichbar sein mit unserer Welt. Ähnlich aber nicht identisch! Eine sichere Märchenwelt ist untreu zu allen Welten! Für die Welt einer Geschichte ist der Maßstab, die authentische Welt.

Das ist die Faszination der Geschichte für mich auch noch nach über 20 Jahren.

Ich bin den beiden Erzähler von Siebenquell sehr dankbar für das Abenteuer der Brunnentage in diesem zu Ende gehenden Jahr, die Geschichten Tolkiens die mit der biblischen Geschichte, mit unserer Geschichte und mit allen Geschichten verwoben wurden. Es liegen viele Kostbarkeiten in den vergangenen 9 Brunnentagen:

  • Das Abenteuer Gottes ist ein gelebtes Leben!
  • Seid einander gute Gefährten, wer leben will wie Gott auf dieser Erde, soll ein Gefährte sein wie Gott.
  • Abenteuerliches Leben braucht Atem für den langen Marsch. Die eigene und alle Geschichte muss ich ernst nehmen. Die Abenteuer des Lebens sind Episoden in einer großen Geschichte.
  • Das ist die große Erzählung Tolkiens: wir wollen alle nach Hause und für das Abenteuer des Lebens braucht es einen langen Atem!

Danke den beiden Erzähler von Siebenquell!

Sr. Andrea                                                                                                                        

Datteln, November 2019

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Jesus, der Grenzgänger

Jesus, der Grenzgänger

Sein Handwerk drängte ihn hinaus. Er war Zimmermann. Vielleicht konnte er auch das: schöne Stühle schreinern, schöne Schränke. In seiner Werkstatt in Nazareth, in die Menschen mit einem Auftrag kamen.

Aber der Zimmermann ging hinaus. Ging zu den Menschen. Er suchte Baustellen der Menschen. Die ein Dach brauchten. Eine Treppe. Nicht nur Juden. Er schleppte Balken auch in nichtjüdische Häuser. Er lernte Menschen kennen. Er sah ihre Not, verstand ihre Fragen und hörte ihre Gebete.

Es wurde viel gebaut in Galiläa. Diesseits und jenseits der Grenzen, die Herodes´ Söhne festgelegt hatten. Er hatte einen Geh-hin-Beruf, damit andere geschützt waren bei Wind und Wetter und Sand, auch jenseits der Grenze von Kult und Reinheit und Religion.

Die Wege zu den Menschen kannte er.

Die Straßen Palästinas waren ihm vertraut. Die „Via maris“, die Schlagader römischer Herrschaft, brachte ihn zu den Bauleuten, Juden und Nichtjuden. Auch später, als er ihnen eine andere Bleibe bauen wollte, benutzte er ihre Straßen und überschritt ihre Grenzen.

Manchmal setzte er sich ab. Suchte Abstand und Ruhe. Neben diesen Straßen beobachtete er andere, die über Grenzen hinausgingen: Fischer, Hirten, Bauern. Auch sie mussten die Enge des Eigenen verlassen, das sichere Ufer und den Pferch, den Hof, um eine Lebensgrundlage zu finden. Auch sie überschritten Grenzen des Normalen, des Erlaubten und machten sich (kultisch) unrein mit Tierkadavern, mit toten Fischen, oder wenn sie ihre Ware anpriesen und nicht fragten, ob Freund oder Feind.

Er fühlte sich ihnen nahe, suchte in ihren Reihen nach Freunden, fuhr mit ihnen nächtens hinaus im schwankenden gefährdeten Boot, sah sich selbst als Hirte zwischen Tag und Nacht, Zwischen Pferch und draußen. Zwischen rein und unrein.

Einmal überschritt er den Jordan, ging zu einem Propheten, Johannes, ließ sich von ihm taufen. Und hörte selbst eine Himmelstimme, eine Vaterstimme, auf die er lange, dreißig Jahre, gewartet hatte: Du bist mein Sohn, der geliebte, an dir habe ich mein Lust!

Da hatte auch der Himmel eine Grenze überschritten. Da war die Grenze aufgehoben zwischen oben und unten, zwischen Gott und Mensch, zwischen Schöpfer und Geschöpf. Da wusste er sich berufen, das Lösegeld allen anzusagen – in Gottes Namen.

Er war überzeugt, dass sie begonnen hat – die neue Zeit.

Seitdem baute er an anderen Wohnungen, baute er ein lebendiges Haus aus Menschen, eine Bleibe für alle, einen Tempel, unzerstörbar durch Kriege und Gewalt. Sein Haus sollte ein Haus des Gebetes für alle Völker werden. Ohne Händler. Ohne Grenzen. Das Allerheiligste offen und betretbar für alle. Frauen und Männer. Juden und Nichtjuden. Besonders aber für Kranke. Für Leidvolle. Auch für Fremde. Für Sucher. Für Sünder. Nicht nur für Priester und Reine.

Solche Grenzgänger sind gefährdet und gefährlich. Sie bringen Kunde vom anderen Leben. Sie sind eine Frage an alle, die sich in engen Grenzen eingerichtet haben. In den Wohnungen des Todes.

Ihn kostete seine Vision den Tod.

Aber jenseits der Grenze des Grabes fand er das Leben. Auch für uns.

Wilhelm Bruners

02. September 2019                                                                                                                                                               Sr. M. Josefa op

Nicht ohne Gefährten

Nicht ohne Gefährten…

Dieser Gedanke hat sich mir eingeprägt, seit wir Anfang des Jahres dazu einen Brunnentag bei Siebenquell besuchten. Seit her fällt mir diese Aussage zu den unterschiedlichsten Gegebenheiten und an ganz verschiedenen Orten ein.

Es ist eine eher unübliche Bezeichnung für das, was wir ansonsten Freundschaft, Partnerschaft, Begleitung… nennen. Mir gefällt der Name „Gefährte“ deshalb so gut, weil er mich einlädt seiner Bedeutung nachzugehen.

Ganz nah komme ich dem, wenn ich mit Sr. Andrea den Alltag lebe. Gerade weil wir als Gemeinschaft „nur“ zu zweit sind spüren wir beide häufig wir sehr wir einander brauchen, wie gut wir einander tun – bei aller Unterschiedlichkeit – und was Gefährtenschaft für unser Leben bedeutet.

Aber auch in meinen diesjährigen Exerzitien habe ich wahrnehmen können wie kostbar mir die anderen TeilnehmerInnen waren. Obwohl wir die ganze Woche geschwiegen haben konnte ich erleben, wie wir miteinander unterwegs waren. Das zeigte sich für mich darin wie jede und jeder an seinem Platz gesehen war und mit seiner je eigenen Geschichte, seinem Suchen, Fragen und Ringen Dasein durfte. Das, was wir einander im kurzen Austausch am Morgen mitteilten trug uns einander durch diese Tage. Mir selbst wurden die Stunden des gemeinsamen kontemplativen Gebetes leicht und ich fühlte mich jeden Tag beschenkt. So ganz anders fühlt sich diese Zeit an, wenn ich sie alleine verbringe. Die Gefährten sind es, die mich innerlich tragen.

Wenn wir in die Erzählungen „Der kleine Hobbit“ und „Der Herr der Ringe“ von J.R.R. Tolkien eintauchen, können wir die Bedeutung und der Kostbarkeit der Gefährtenschaft entdecken. Sehr berührend finde ich manche Szenen von Sam und Frodo. Sam gibt alles, damit sein Gefährte Frodo seinen Auftrag erfüllen kann. Es ist ja nicht Sams Auftrag und dennoch tut er alles was er vermag um Frodo beizustehen: er schenkt ihm Hoffnung, erinnert ihn an das, was Wesentlich ist, er gibt ihn nicht auf, sucht und rettet ihn, bewahrt ihn davor aufzugeben und trägt ihn bis zum Ziel. All das tut er und weiß, dass er seinem Gefährten Frodo den Kampf nicht ersparen kann. Er bleibt an seiner Seite – treu. Diese Erzählung hat mich beim Lesen sehr berührt.

Weggefährten sind für mich jene, die uns nicht alleine lassen, wenn die Stunden um uns dunkel sind; die nicht nur sich selbst im Blick haben, sondern auch den andern und sehen was er braucht. Gefährten sind Freunde, Begleiter, die auch dann noch an unserer Seite sind, wenn der Weg lang, mühsam und anstrengend wird. Wahre Gefährten verlassen uns nicht sobald es unangenehm für sie wird. Sie sind Verbündete denen der BUND kostbar ist. Das ist nicht leicht und manches macht es uns schwierig für jemanden ein Gefährte zu sein.

Ein Gefährte kann ich nur dann sein, wenn der andere auch einen Gefährten sucht und möchte. Wenn der andere nicht will, darf ich mich nicht aufdrängen. Aber auch die Ungewissheit was alles passieren kann auf dem langen Weg, kann hinderlich sein sich auf ein Beziehung-Wagnis einzulassen. Wieviel Distanz und wieviel Nähe braucht der andere und brauche auch ich? Diese Frage ist nicht unbedeutend will ich mich nicht selbst verlieren und dem Gefährten eine Hilfe sein. Manch einer hat in seinem Leben schon die Erfahrung gemacht dass er ausgenutzt wurde. Das mag eine neue Beziehung und das notwenige Vertrauen erschweren. Suche ich einen Gefährten der nur das denkt und sagt was ich selber denke und meine, oder darf mich der Gefährte auch herausfordern, mir sagen was mir nicht gefällt? Und dann bleibt noch das Wagnis, das sich Veränderungen einstellen können, mit denen wir nicht gerechnet haben. Werden wir dann die Gefährtenschaft aufgeben?

Für mich ist Jesus ein ganz besonderer Gefährte. Er hat mich bisher durch mehr als sechs Jahrzehnte begleitet, ist für mich da, wenn es mir an Mut und Kraft fehlt, hat mich durch schmerzhafte Lebensphasen herausgefordert und getragen, hat mir geholfen das ich in den vielen Jahren, die ich mit ihm unterwegs bin wachsen konnte. Ich weiß ihn an meiner Seite. Ich teile die leichten, die frohen und die beglückenden Erfahrungen mit ihm ebenso wie die dunklen Stunden des Suchens, Zweifelns und Fragens.

Die Frage die ich nicht zu beantworten vermag ist ob auch ich ihm eine solche Gefährtin bin? Gerne wäre ich es.

Allen Leserinnen und Lesern wünsche ich von Herzen mindestens einen Gefährten an der Seite und die Gabe selbst für einen lieben Menschen Gefährte oder Gefährtin zu sein.

26. Juli 2019                                                                                                                                                                     Sr. M. Josefa op

Ballade vom Menschen (Teil II)

Ballade vom Menschen (Teil II)

„Werde, was du von Gott her bist“

„Möge ich die Tapferkeit besitzen das zu leben was mein Herz ersehnt, meinen Traum nicht länger aufzuschieben, endlich zu tun wofür ich hergekommen und mein Herz nicht mehr an Ängste verschwenden.“

Wenn wir den zweiten Teil der Schöpfungsgeschichte hören, im Buch Genesis Kapitel 3, sind wir vielleicht  etwas irritiert, weil wir alle in unserer kirchlichen Erziehung etwas anderes gehört und gelernt haben.

Wir kennen diese Geschichte unter dem Namen Sündenfall, obwohl das Wort Sünde nicht einmal in diesem Text vor kommt und wir reden auch über den Verlust des Paradieses, obwohl der Text nie behauptet das Gott dem Menschen ein Paradies angeboten hat.

Im 2. Kapitel im Buch Genesis legt Gott einen Garten an in „Eden“. Es gibt einen Raum wo sich leben lässt, außerhalb dieses Gartens gibt es keine Fruchtbarkeit. Innerhalb des Gartens gibt es Nahrung. Gott legt allerhand Bäume, Pflanzen, Flüsse an. Lebensgrundlagen bzw. Ressourcen werden geschaffen. Der Mensch soll diesen Garten behüten und pflegen, in der Mitte des Gartens stehen zwei Bäume, der Baum des Lebens und der Baum der Erkenntnis.

Der Mensch soll diesen Garten verwalten. Ein Gartenbild wird leicht missverstanden. Ein Garten, ist nicht nur schön und gibt Nahrung, er braucht einen Gärtner der ihn anlegt und er braucht Menschen die ihn hegen und pflegen. Gott ist in unserer Geschichte der Gärtner, der mit Fleiß und Mühe diesen Garten angelegt hat, damit er dem Leben dient.  Der Mensch soll ihn pflegen und behüten. Eine einzige Einschränkung gibt es für den Menschen, am Baum der Erkenntnis soll er sich nicht bedienen, alles andere steht im zur freien Verfügung.

Gott gibt uns alles, aber bedient euch nicht selbst am Baum der Erkenntnis, denn wo wir uns selbst bedienen, müssen wir auch die Konsequenzen tragen. Der Mensch soll nicht ohne die Begleitung Gottes an den Baum der Erkenntnis gehen. Wir alle kennen die Erfahrung, von Erkenntnis kann niemand leben! Aber der Mensch ist besessen vom Baum der Erkenntnis, obwohl er mit Erkenntnis nicht leben kann, weil er dann nur mit der Schuldfrage beschäftigt ist.                                                        

Der Baum des Lebens zeigt uns, alles steht dir zur Verfügung. Der Baum der Erkenntnis lehrt uns, wenn der Mensch sich ohne die Begleitung Gottes bedient, kommt er schnell zur Schuldfrage, dann geht es immer nur darum, wer hat Schuld? Wir kommen selten darauf, selbst Schuld zu haben?

Die Erzählung berichtet uns von der Begegnung zwischen der Frau und der Schlange. Im hebräischen ist die Schlange übrigens männlich und nicht weiblich. Die Schlange sucht das Gespräch mit der Frau und dieses Gespräch führt zu Verunsicherung in der Frau, sie initiiert das Gespräch nicht, sie bestätigt und klärt auf, „wir dürfen von den Früchten essen.“  Die Verunsicherung der Schlange liegt darin, das sie behauptet: ihr werdet nicht sterben, euch gehen die Augen auf. Ihr werdet wie Gott und erkennt Gut und Böse!

Da erst sieht die Frau, dass der Baum eine Augenweide ist und wenn sie von den Früchten isst, auch noch klug zu werden. Das die Frau und auch der Mann von den Früchten essen, ist natürlich nicht gut, aber die Frage die untergeht ist: Warum kam es dazu?                      

Die Antwort ist: Die Frau redet nur mit der Schlange. Warum redet sie nicht einziges Mal mit Gott? Der Gott, der sie vollströmen ließ mit Lebensatem? Der Gott, der ihr einen Lebensraum schenkte? Der Gott, der ihr diese ganze Welt geschaffen hat?

Weil sie Angst hat!  Doch welche Angst?  Darf ich das sein, was ich von Gott her bin?

Weil die Frau jetzt, voller Zweifel, voller Unsicherheit ist, sie hat viele Fragen und sie gerät ins Wanken.  Aber was hält die Frau zurück mit Gott zu reden?  Warum tut sie es nicht? 

Weil es diese Angst in ihr, in uns gibt: Darf ich sein, was ich von Gott her bin?

Darf ich jetzt zu Gott gehen, der mir all das geschenkt hat, der mich vollströmen lässt mit Lebensatem, der mir bisher nur Gutes tat, der mir alle Fülle des Lebens schenkt und ihm plötzlich sagen: ich habe meine Zweifel an dir?  

Spüren Sie, was es mit ihnen macht.

Das aber ist die Angstfrage, darf ich Sein was ich von Gott her bin, auch wenn ich jetzt Zweifel habe, verunsichert bin, ins Wanken gerate?

Hier ist die Vertrauensfrage und hier ist die Glaubensfrage!  

Wem vertraue ich meine Zweifel an? Das ist die Frage!

Warum hat Eva dieses Vertrauen nicht in Gott? Das Gott das hören kann und hören will und trotzdem gut mit ihr umgehen wird? Es ist die entscheidende Frage aller Menschen, wem vertraue ich meine Zweifel an, meine Unsicherheit, meine Ängste an?   

Nur dem, zu dem ich das größte Vertrauen habe!

Wenn sie gefragt hätte, wenn ich gefragt hätte, wenn wir gefragt hätten?  Dann hätte sie gezeigt, dann hätte ich gezeigt, dann hätten wir gezeigt, wem wir das größte Vertrauen schenken.

Die Folge ist, ihnen gehen die Augen auf und die Erkenntnis ist, dass sie nackt sind. Aber was ist das für eine Erkenntnis?  Sie waren doch die ganze Zeit nackt.  Die Erkenntnis, von etwas was die ganze Zeit schon ist, ist nicht wirklich hilfreich.

Aber jetzt, sind wir zurückgekehrt zu den beiden Bäumen in der Mitte des Gartens. Der eine Baum ist der Baum des Lebens, da geht die Frau nicht dran, obwohl sie freien Zugang hat.

Der zweite Baum, ist der Baum der Erkenntnis von ihm hat Gott gesprochen, an ihm sollten die Menschen sich nicht selbstbedienen. Jetzt, nachdem sie von diesem Baum genommen haben, haben sie Erkenntnis, aber was nutzt es ihnen?

Sie versuchen alleine zu deuten, was es bedeutet nackt sein und sie deuten es falsch. Weil sie nacktsein als etwas deuten, für das sie sich schämen müssen. Ich kann doch nicht sein, wie ich von Gott her geschaffen bin!

Und sie tun etwas, dass wir Menschen bis heute wiederholen: sie machen sich aus Feigenblätter einen Schurz, sie verkleiden sich.

Und als sie Gott im Garten einherschreiten hören, verstecken sie sich unter den Bäumen des Gartens.

Sie verkleiden und verstecken sich.

Wir tun es bis heute.

Jedes Mal, wenn wir glauben, dass das was wir sind, wenn wir nackt sind vor Gott, nicht sein darf. Wenn wir nicht gut genug sind, klug genug oder schön genug sind, ist das die treibende Kraft aller Ängste, dass wir doch nicht sein dürfen was wir von Gott her sind.

Davon gibt es viele Variante, ich bin nicht gut genug, nicht interessant genug, nicht wertvoll genug, mit mir will doch keiner befreundet sein usw. usw. Und was tun wir nicht alles um den anderen zu gefallen. Aber jedes Mal wenn ich etwas tue, um dem anderen zu gefallen oder um dazu zu gehören, obwohl es nicht meines ist, stehen wir wieder im Garten und eigentlich sage ich damit, dass ich nicht sein darf was ich von Gott her bin. Das ist die Konsequenz, wenn man sein Herz an Ängste verschwendet.

Es ist nicht ohne Grund, dass es im Garten zwei Bäume gibt. Wir Menschen neigen dazu, immer wieder zum Baum der Erkenntnis zu gehen, wir wollen wissen warum die Dinge so sind wie sie sind, auch wenn die Erklärungen uns nicht beim Leben helfen.

Es gibt vieles was wir leben können ohne es zu verstehen. Nur weil ich etwas nicht verstehe, heißt es doch nicht, das ich nicht leben kann. Wie oft hält uns die Erkenntnis aber davon ab die Dinge zu tun, die das Leben von mir fordert. Wenn ich erst die Schule fertig habe, dann verstehe ich zu leben; wenn ich den Beruf fertig habe, dann verstehe ich zu leben, wenn ich meinen Arbeitsplatz gefunden habe, dann verstehe ich zu leben, wenn ich in Rente bin, dann verstehe ich zu leben. Alles was ich an Erkenntnis gewinne hilft mir unter Umständen nicht, die zu werden die ich von Gott her gedacht bin. Liebe, kann man nicht verstehen, aber sie funktioniert und das kann ich doch ohne Erkenntnis. Liebe muss ich auch nicht verstehen, aber ich lebe sie. Wenn ich einen Menschen umarme kann ich nicht sagen, wie das funktioniert, aber ich kann es tun und es wirkt. Trost kann ich nicht erklären, aber er wirkt und dafür kann ich nur zum Baum des Lebens gehen.

Erst Leben und die Erkenntnis folgen.

Deshalb ist es so wichtig die Reihenfolge zu beachten: geh immer erst zum Baum des Lebens und dann zum Baum der Erkenntnis, aber nicht unbegleitet und bediene dich nicht selbst, damit du lernst es im Sinne Gottes zu deuten.

Das erste Wort der Bibel lautet „bereschit“ am Anfang, nicht wie wir es oft hören, im Anfang, dieser kleine Unterschied ist wesentlich. Es sagt uns, dass Gott nicht ein für alle Mal die Schöpfung erschaffen hat und gut ist, sondern ER ist weiterhin mit uns schöpferisch wirksam und jeden Tag dürfen wir dieses Urgeschenk des Lebens feiern und mitgestalten.

Denn am Anfang war nicht die Ursünde, sondern der Ur-segen, der uns durch die Schöpfung in einer wunderbaren Schönheit entgegenkommt. Dieser göttliche   Ur-segen ist jedem von uns „am Anfang“ des Lebens ins Herz gelegt worden, damit wir nicht auf unsere Mängel reduziert werden, sondern darauf vertrauen, dass wir wachsen dürfen und dass wir uns nicht verkleiden und verstecken müssen, weil wir so sein dürfen wie wir von Gott her gedacht und gewollt sind. Jetzt suche ich mein Glück; Jetzt kann und darf ich ohne Angst leben, weil ich vor Gott so sein darf wie ich bin, ich bin ihm wichtig, ER schenkt mir Wert, Würde, gibt meinem Leben Sinn und ich bin gewollt und geliebt!

Gott schuf den Menschen weil er ihn träumt. (Friedrich Kittler).

Juni 2019                                                                                                                                                                           Schw. M. Andrea op

Ballade vom Menschen
Ballade vom Menschen

Am Tag, als Er machte Himmel und Erde –

Es gab keine Bäume, keine Halme von Gräsern auf Erden,

es fiel noch kein Regen am Tag, als Er machte den Menschen.

An jenem Tag formte Er, nicht aus dem Licht des Himmels,

formte Er aus der Erde mich, Erde von der Erde,

blies Atem von Leben in meine Nase, wurde ich eine lebendige Seele,

ein Menschlein- wer sind wir, dass Du an uns denkst.

Er pflanzte nah beim Sonnenaufgang einen Garten,

Er nahm den Menschen in Seine Hand und setzte den Menschen in den Garten.

Er sprach zu mir: Es ist nicht gut, dass du allein bleibst, Menschenkind.

Sollte ich nicht einen, der dich sucht und findet, für dich machen?

Der mich anschaut?

Der dich ruft, dir Antwort gibt, der dich anschaut.

Zahme Tiere, wilde Bestien, Vögel hoch oben, die Er machte.

Alle Namen, die ich rief, die sie tragen wie einen Lichtglanz.

Aber keiner, der mich rief.

Bring mich in einen tiefen Schlaf. Nimm die stärkste meiner Rippen.

Mach daraus einen, der mich ruft, sucht, findet und Antwort gibt,

Bein von meinem Gebein. Jemand, der mich anschaut,

dass wir leben.

Genesis 2, 5- 23 nach Huub Osterhuis

Am letzten Samstag haben wir in Meckinghoven einen Brunnentag mit P. Erik Riechers angeboten zum Thema: Werde, was du von Gott her bist „Möge ich die Tapferkeit besitzen das zu leben was mein Herz ersehnt, meinen Traum nicht länger aufzuschieben endlich zu tun wofür ich hergekommen und dein Herz nicht mehr an Ängste verschwenden.

In der Bibel wird die Erschaffung des Menschen in Bilder gefasst und besungen aufgrund einer Hoffnung. Erinnere dich an die Geschichte:  Zurzeit, als Gott Erde und Himmel machte, formte er den Menschen aus der Erde und Lebensatem blies er in seine Nase.

Wir alle kennen die Schöpfungsgeschichte aus dem 1. Kapitel im Buch Genesis, wo uns im Rhythmus von Tagen erzählt wird, wann und was Gott schuf. Aber gleich im 2. Kapitel wird uns eine zweite Schöpfungsgeschichte erzählt. Sie erzählt noch einmal, was erschaffen wurde und wie, aber es ist keine Wiederholung des Inhalts.

In dieser zweiten Erzählung geht es grundsätzlich darum, wie wir Menschen unseren Platz in dieser Welt eingenommen haben. Meist überspringen wir beim lesen allerdings etwas Wesentliches: „Da formte Gott, Adonai, den Menschen aus Erde vom Ackerboden und blies in seine Nase den Lebensatem. So wurde der Mensch zu einem lebendigen Wesen.“

Hier wird uns Menschen eine wichtige Botschaft gegeben, Gott lässt uns vollströmen mit Lebensatem. Das heißt, das das was in Gott ist, was im tiefsten Gott ist, sein Atem, in uns hineinkommt und das was in uns ist, in unserem tiefsten Wesen, direkt aus Gott in uns hinein geflossen ist. Im Herzen sind wir Menschen deshalb voll mit dem Lebensatem Gottes. Erfüllt mit allem was Gott selber ausmacht, seine Liebe, seine Weisheit, seine Güte, seine Kreativität. Das menschlichste in uns ist auch das göttlichste in uns und das göttlichste in uns ist auch das menschlichste, und es zeigt die Art wie Gott mit uns umgeht.

Gott lässt uns nicht nur vollströmen mit seinem Lebensatem, er nimmt auch einen sehr intimen Kontakt zu uns auf, er bläst ihn uns wortwörtlich mit seinen Lippen, durch unsere Nase in uns hinein. Das ist das Bild der Beziehung Gottes zu seinen Menschen, intim und nah und das ist wahrhaft ein Grund zur Freude.

Dann setzt Gott den Menschen in den Garten von Eden, einen besonderen Lebensraum, der sehr schön für den Menschen vorbereitet ist. Einen Raum des Lebens bietet Gott seinen Menschen an, mit einem Auftrag: diesen Raum zu bearbeiten und zu hüten. Ein wunderbares Bild von einem Gott der das Leben für uns Menschen will und es in Fülle für uns will.

So lautet die Geschichte von unserem Ursprung und unserer Bestimmung. Aber wie nun weiter?

Mehr dazu in einem nächsten Impuls.

25.Mai 2019                                                                                                                                                                                 Sr. Andrea op

"...ich gehe euch voraus"
„…ich gehe euch voraus“

Frühmorgens waren wir unterwegs, wir eilten zu dem Ort, an dem sie vor dem Sabbat den Leichnam Jesus in eine Grabhöhle gelegt hatten.

Es war ein schrecklicher Tag gewesen. In meinen Ohren klangen noch die Rufe als er nach Jerusalem kam. Sie hatten ihm „Hosianna“ und „Sohn Davids“ zugerufen, mit Palmen ihm zugejubelt und ihre Freude laut kundgetan. In den Tagen danach lag eine angespannte Atmosphäre über der Stadt. Menschen mit Erwartungen und Befürchtungen zwängten sich durch die engen Gassen; dazwischen sah ich die bösen Blicke unserer Obrigkeiten und ahnte ihre Absichten.

Sie kamen in unser Haus um im Obergeschoss das Paschamahl zu essen. Ich hatte den Raum vorbereitet. Mein Mann und ich hatten ihm für das Festmahl unser Haus angeboten; es war uns eine Ehre sie aufzunehmen.

Spät am Abend verließen sie uns, sie wollten zum Ölberg. Was dort geschah kenne ich nur vom Erzählen. Trauer, Angst und Schmerz klang in den Worten derer, die uns davon berichtet haben. Am Rüsttag ging alles sehr schnell. Menschenmengen liefen aus allen Gassen zusammen. Vom Palast des Hohenpriesters wurde Jesus zum Römer Pontius Pilatus gebracht. Dieser sollte das offizielle Urteil sprechen, das der Hohe Rat bereits in der Nacht gefällt hatte.

Wie nur konnten sie ihn verurteilen, ihn, der von der Liebe sprach, von einem barmherzigen Gott, der wie eine liebende Mutter und ein liebender Vater uns Menschen anschaute.

In mir stritten sich Ohnmacht und Wut. Sie waren so falsch, so hinterhältig und scheinheilig, diese Männer in ihren peinlich reinen Gewändern und ewig langen Gebetsriemen. Heuchler, Schlangenbrut hatte Jesus sie genannt. Wie wahr sind seine Worte! Er hatte wohl immer geahnt, dass diese Stunden kommen würde. Sie ertrugen ihn nicht. Warme, mitfühlende und teilnehmende Worte waren ihnen fremd. Sie sprachen nur von Gesetzen, von Pflichterfüllung und Reinheit. Sie nahmen Gott in den Mund ohne Gott zu meinen.

Wenn ich darüber nachdenke gerate ich in Rage und könnte mich vergessen. Nein, soviel Macht will ich ihnen nicht geben.

Stimmen drangen an mein Ohr, leise, zaghaft, gewannen an Kraft, vermehrten sich wie ein Echo und wurden immer stärker: „Ans Kreuz mit ihm! Ans Kreuz mit ihm!“

Ich fand mich am Wegrand wieder, wusste nicht, wie ich hierhergekommen war. Angst und Schrecken ließen die Menschen verstummen. Es war totenstill.

Sie richteten ihn auf – wie ein Mahnmal ragte das Kreuz in den Himmel. „Seht den Menschen“ schien es zu schreien, aber kein Laut war zu hören. Tiefste Finsternis umhüllte uns von außen und innen. Dann schrie er, schrie wie ich nie einen Menschen habe schreien hören: „Mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ Dann Stille – Totenstille!

Sie haben ihn in eine Grabhöhle gelegt, in Eile, denn der Sabbat – sein Lieblingstag! – war nah.

Frühmorgens waren wir unterwegs zu seinem Grab; einen Tag nach dem Sabbat. Kostbare Öle hatten wir dabei, duftend wie ein Garten voller Rosen.

Dann sahen wir es, das offene Grab. Erstarrt bleiben wir stehen, wollten nicht glauben was wir sahen. Hatten sie ihn gestohlen, unseren Toten? Ich sah den jungen Mann im Grab, doch seine Worte erreichten mich nicht.

Wir flohen von diesem Ort; voller Angst und verschreckt; wollten nur weg von hier.

Unterwegs geschah es: ER kam uns entgegen, war plötzlich da und sah uns an mit diesen uns so vertrauten warmen Augen. Und dann sagte er: „Geht zu meinen Brüdern, geht nach Galiläa, dort werden wir uns sehen; ich gehe euch voraus.“

25. April 2019

An der Türschwelle hielt ich inne...

An der Türschwelle hielt ich inne…

Es war ein paar Tage vor dem Paschafest, jenem Fest, das wir eine ganze Woche lang feiern, um uns an unsere Befreiung aus dem Sklavenhaus Ägypten zu erinnern. Vor drei Tagen war ich auf den Straßen Jerusalems unterwegs, als ich laute Rufe hörte. Was waren das für Worte? „Hosanna“ „Sohn Davids“? Hatte ich recht gehört? Dann kamen sie näher, die Stimmen und eine aufgeheizte Atmosphäre mischte sich in die alltägliche Geschäftigkeit und drang in die Straßen der Stadt. Immer mehr Menschen hatten sich zusammengefunden, so rasant schnell wie das immer war, wenn es Aussicht auf ein Spektakel gab. In unseren Gassen sind Sensationen beliebt und niemand bleibt zu Hause wenn es etwas zu erleben gibt.

Dann sah ich ihn. Er saß auf einem jungen Esel, es war noch ein Fohlen. Bunte Kleider warfen sie vor die Füße des Tieres, wie einen Teppich, den man Stück für Stück vor einem hohen Gast ausrollt. Dazu wedelten die Leute ringsum mit Palmzweigen. Merkwürdig sah das aus. Ich sah ihn an, wie er dasaß auf diesem Lasttier; er hatte eine eigentümliche Würde. Es hätte lächerlich wirken können, tat es aber nicht. Ich drückte mich an die Hauswand und ließ sie alle an mir vorbei. Wir waren auf dem Weg, der direkt zum Tempel führt.

In den Tagen danach hielt das Spektakel an. Wegen dem Fest waren wieder ungewöhnlich viele Leute in der Stadt, Pilger halt, von überall her. Die Stimmung war angespannt. Er hatte im Tempel randaliert, hatte Geldtische umgestoßen und die Tiere hinausgejagt. Damit hatte er mächtig für Unmut gesorgt. Aber das war noch nicht alles. Ich hielt mich in diesen Tagen öfter in den Straßen auf, als ich das sonst zu tun pflegte, ich konnte nicht anders: Er zog mich an.

Dann stellte er sich hin und rief uns etwas zu. Vorsichtig schlängelte ich mich durch die Menge um ihn besser hören zu können. „Wer Durst hat…“ hörte ich ihn rufen, „wer Durst hat komme zu mir und trinke…“ Und ob ich Durst hatte, ja ich hatte großen Durst! Nicht nach dem, was wir so zu trinken gewohnt sind. In mir brannte ein anderer Durst, den noch keiner zu stillen vermocht hatte.

Ich war sie so leid, diese Schriftgelehrten und noch mehr diese heuchlerischen Männer in ihren langen peinlich reinen Kleidern, mit den übertrieben langen Gebetsriemen. Nicht weil sie so aussagen, nein, weil sie uns, den Frauen und den einfachen Leuten, das Leben so unerträglich schwer machten. Sie hatten sich Privilegien verschafft, die sonst niemand im Volk hatte und allen anderen legten sie schwere Lasten auf. Durst vermochten sie nicht zu stillen. Ich gehöre nicht zu den Armen, ich bin begütert, aber eine Frau. Das reicht schon um genauso wie die Armen behandelt zu werden.

In der Volksmenge verbreiten sich Gerüchte, die Pharisäer, die Schriftgelehrten und der ganze Hohe Rat wolle ihn beseitigen. Er war ihnen mehr als nur ein Dorn im Auge. Sie ertrugen ihn nicht. Sie fürchteten wohl um ihre Autorität, ihre Macht und ihr Ansehen im Volk und bei den Römern. Ach, ich schweife ab.

Als ich hörte, dass Simon aus Betanien ihn zum Essen eingeladen hatte, konnte ich mich nicht mehr zurückhalten. Früher einmal hatte ich zu Simons Frau guten Kontakt. Nachdem Simon Aussatz bekommen hatte, zog sich die ganze Familie zurück. Sie ließen sich in der Öffentlichkeit nicht mehr sehen. Diese Zeit muss schrecklich für sie gewesen sein. Doch dann ist er Jesus begegnet – man erzählt Jesus habe ihn gesucht – und Simon wurde geheilt und er kam wieder in sein Haus zurück. Vor ein paar Tagen hat er Jesus eingeladen mit ihm und einigen anderen Gästen zu essen. Das muss ihm ein tiefes Bedürfnis gewesen sein, gerade jetzt wo Jesus so angegriffen wurde.

Ich spürte in mir ebenfalls den starken Wunsch, ihm nah zu sein. Ich hatte Angst um ihn. Auch wenn er in seiner Schlichtheit und Einfachheit eine nie gekannte Autorität ausstrahlte, so waren mir doch auch die Intrigen in den Kreisen der Gelehrten nicht fremd. Alles war möglich!

Nach und nach hatte ich auf dem Markt Nardenöl erworben; das Kostbarste was es zu kaufen gab. Ich wollte keine Mischung, nichts Vermengtes oder gar Gepantschtes. Es sollte echt sein, naturbelassen, rein! Das hat seinen Preis. Dieses Öl war es mir wert. Und dann kam der Tag an dem ich wusste, wozu ich es erworben hatte. Jetzt war er da!

Ich würde zu Simon gehen, in sein Haus, dort wollte ich Jesus begegnen. Ich wusste was ich wollte, koste es was es wolle. Simon würde mich schon nicht rauswerfen. Und alles andere würde ich hinnehmen.

Die kleine Alabasterflasche unter meinem Gewand eilte ich durch die Gassen, hinaus nach Betanien. Ich durfte mich nirgends aufhalten, ich wollte nicht zu spät kommen. Wenn das Mahl zu Ende war, wäre meine Möglichkeit vertan. Jetzt war die Stunde zu handeln.

An der Türschwelle hielt ich inne, stockte, lauschte in mich hinein. Durfte ich so weit gehen? War meine Absicht angemessen? Konnte ich das gesamte teure Nardenöl hergeben – alles auf einmal? Ich zögerte; ließ die Fragen auf mich wirken, horchte nach Innen.

Ja, ich konnte, ich musste es tun! Es gab nur einen Menschen in meinem Leben für den ich das tun würde. Ich öffnete die Tür, trat ein und ging auf Jesus zu. Er wandte sich mir zu und ich sah ihm in die Augen. Nie habe ich mehr Wärme, mehr Liebe verspürt als in seinem Blick.

Kraftvoll und entschlossen zerbrach ich das Alabastergefäß und ließ das Nardenöl über seinen Kopf fließen. Behutsam strich ich über seine Haare und verteilte das Öl. Er ließ es geschehen. Nach und nach verbreitete sich sein Duft im ganzen Raum. Die Luft und mein Herz waren erfüllt davon und meine Hände trieften vom Öl. Sie redeten auf mich ein, maulten, schimpften, gebärdeten sich als hätte ich eine Untat begannen. Mein Herz erreichten sie nicht.

Jesus brachte sie zum Schweigen. Es wurde still und dann hörte ich das Wort: „… für mein Begräbnis“.

15. April 2019

Sr.M. Josefa op

Fastenzeit oder Heiliger Frühling

Fastenzeit oder Heiliger Frühling?

Vor einigen Wochen habe ich von einem Freund und Kenner der keltischen Spiritualität die Bezeichnung „Heiliger Frühling“ gehört. So nennen die Kelten die Zeit der Vorbereitung auf das Fest der Auferstehung Jesu.

Seit ich diesen Namen gehört habe, lässt er mich nicht mehr los. Auf der Suche nach Literatur, die mir mehr zu diesem Namen sagen könnte, hat mich mein Freund auf zwei Bücher hingewiesen: „The Lenten Spring“ und „Werk To Crown the Year“. Zu beiden gibt es leider keine deutsche Übersetzung, wie schade!

So habe ich mich der Herausforderung gestellt und mir meine eigenen Gedanken zum „Heiligen Frühling“ gemacht, im Vergleich zu der kirchlichen Bezeichnung „Fastenzeit“ oder „Österliche Bußzeit“, wie sie heute genannt wird.

Unsere Fastenzeit suggeriert uns, dass es um Verzicht geht – ums Fasten – darum, für eine bestimmt und begrenzte Zeit anders zu leben als wir es sonst tun, vielleicht bewusster wahrnehmen wie wir leben. Das finde ich an und für sich gut und hilfreich um nicht in der Routine des Alltags „blind“ zu werden für Wesentliches. Wenn wir dafür eine bestimmte Zeit im Jahr „reservieren“, mag das motivierend sein.

Eine Generation vor mir war die Fastenzeit noch gefüllt mit Begriffen wie: Buße, Opfer, Sühne…

Sowohl bei der einen wie bei der anderen Bezeichnung fällt es mir von Jahr zu Jahr schwerer diese Zeit zu dem werden zu lassen, was sie sein will: die Vorbereitung auf das Fest der Auferstehung Jesu. Da geht es doch um LEBEN!

Als ich den keltischen Namen „Heiliger Frühling“ hörte, keimte zum ersten Mal eine Hoffnung in mir auf, das es noch etwas anderes geben könnte als das, was ich bisher kannte.

Und dann fiel mir ein Unterschied auf: Die Fastenzeit oder Österliche Bußzeit ist etwas von Menschen Gemachtes, etwas Gedachtes und Gewolltes.

Der heilige Frühling ist im wahrsten Sinn des Wortes natürlich, von Gott gegeben, aus Gott geboren, von Gottes Atem durchdrungen. Der heilige Frühling weckt in mir Bilder von zartem, frischem Leben, das nach dem winterlichen Rückzug aufs Neue bereit ist sich zu entfalten.

Was von Gott kommt nennen wir heilig, weil darin Heil verborgen ist. Wenn der Frühling – der Beginn des Lebens – heilig ist, dann bedarf es unserer Ehrfurcht ihm zu begegnen; so wir wie auch jedes menschliche Neugeborene ehrfürchtig betrachten, berühren und in unsere Herzen aufnehmen.

Wenn wir uns von neuem Leben berühren lassen – und diese Erfahrung haben wir vermutlich alle schon gemacht – dann spüren wir darin das Geheimnisvolle. Leben ist zart, zerbrechlich, es braucht Schutz, Fürsorge und unser entschiedenes JA, damit es nicht stirbt.

Leben ist widerstandsfähig aber auch gefährdet. Dabei denke ich nicht nur an die Natur, sondern auch an uns Menschen. Ein Blick in die Wirtschaft, die Politik, auf das weltweite Machtgebaren und im Gegensatz dazu das Erleben von Gleichgültigkeit und Hilflosigkeit, all das macht mich betroffen, es erschrickt mich, und ich spüre zuweilen meine Ohnmacht.

Aber da ist auch noch etwas anderes: Der „Heilige Frühling“ schenkt mir Hoffnung, er selbst weckt in mir Energie, Vitalität, Lust auf Leben.

Wenn wir an Ostern das LEBEN GOTTES feiern, möchte ich vorbereitet sein auf das Leben. Dann möchte ich mit GOTT feiern!!!

Darum braucht es diese Zeit des Einübens, die Zeit der kleinen täglichen Schritte um mein Leben – und das um mich herum – vor Gewalt und Tod zu schützen, es zu hegen und zu pflegen (wie es Gärtner tun), um dem Leben in mir und in den andern zu dienen.

Ich glaube, dass dies so ganz im Sinne Gottes ist, aus dem alles Leben geboren wurde. Jedes Jahr feiern wir ein Fest, das uns an das kostbare Geschenk des Leben erinnert, an ein Leben, das stärker ist als der Tod.

Zu dieser Jahreszeit zeigt uns die Natur wie Leben geht, sie zeigt uns den „Heiligen Frühling“, die Vorbereitung auf das Fest des Leben!

31.03. 2019                                                           

Sr. M. Josefa op

Was macht Sprache mit uns?

Was macht Sprache mit uns

Im kirchlichen Umfeld wird es mir immer bewusster:  Unsere Sprache lässt viel zu wünschen übrig!

Manchmal sagt sie etwas aus, was wir nicht verstehen, weil uns die Begrifflichkeiten fremd geworden sind. Manchmal können wir das Gesagte nicht verstehen, weil die Bilder, die Methapern nicht stimmig sind und manchmal können wir einfach nicht glauben, was da gesagt wird.

So ging es mir im Gottesdienst am Aschermittwoch. Ich wollte eigentlich kein Aschenkreuz, wäre gerne in der Bank sitzen geblieben, tat es aber nicht, aber das ist eine andere Geschichte.

Da stehe ich nun und der Priester sagt zu mir: „Gedenke das du Staub bist und zu Staub zurückkehrst!“ Nein, er sagt nicht: „Kehr um und glaub an das Evangelium“. Damit hätte ich gut gehen können.

Wo in der ganzen Heiligen Schrift steht, dass wir Menschen aus Staub sind? Ich lese: „Da formte Gott, der Herr, den Menschen aus Erde vom Ackerboden und blies in seine Nase den Lebensatem“

(2. Schöpfungsbericht Gen 2,7). Im ersten Schöpfungsbericht heißt es sogar: „Gott schuf also den Menschen als sein Abbild; als Abbild Gottes schuf er ihn. Als Mann und Frau schuf er ihn (Gen 1, 27).

Wie kann es da sein, das wir am Aschermittwoch gesagt bekommen: „Gedenke das du Staub bist…“

Erde vom Ackerboden ist fruchtbares Land, das weiß jeder Bauer.  Und nach dem Bild Gottes geschaffen zu sein widerspricht diesem Satz ebenso. Erde bringt neues Leben hervor, das macht Sinn, aber Staub? Staub ist totes Material; da laufen wir drüber, den sollen wir von unseren Sandalen abschütteln, rät uns Jesus (Lk 9,5).

„Nimm es nicht so genau, du weißt doch wie es gemeint ist!“ Kennen Sie diesen Satz? Ich habe ihn schon oft gehört. Wer mich kennt weiß, dass ich es gerne genau nehme und das ist mir auch wichtig! Ich glaube, das dass, was uns in der Bibel überliefert ist, eine Bedeutung für unser Leben hat. Dem will ich auf die Spur kommen, dem will ich nachgehen um zu entdecken, was Gott mir sagen will.

Wie soll ich die Höhen und Tiefen, die Ungereimtheiten meines Lebens, die ungewollten, unvorhersehbaren, schmerzhaften und erfreulichen Ereignisse des Lebens deuten, wenn ich die Botschaften nicht ernst nehme? Wie soll ich hören, was Gott mir sagen will, wenn seine Botschaft umgedeutet, willkürlich interpretiert und weitergegeben wird?

Der zweite Teil des Satzes ist allerdings auch nicht besser: „… und zu Staub zurückkehrst!“

Das mag für die „Materie“ des Körpers zutreffen, aber nicht für unsere Seele. Als Christin glaube ich daran, dass unser Leben nicht nur aus diesem vergänglichen Körper besteht. Ich glaube daran, dass das Leben mit dem Tod nicht zu Ende ist, das es mehr gibt als das, was wir mit unseren Augen sehen können.

Wenn es um Staub geht, was feiern wir dann an Ostern?

10. März 2019

Sr. M. Josefa op

Warten können

Warten können

Rembrand (1606 -1669) hat dieses Bild 1669 gemalt. Es ist sein letztes Werk vor seinem Tode. Es ist unvollendet, stand bis zu seinem Tod so wie wir es jetzt sehen auf der Staffel.

„Ein ganzes Leben lang hat ihn dieses Thema: Simeon und das Christuskind im Tempel bewegt. Er hat sehr unterschiedliche Radierungen, Pinsel – und Federzeichnungen dazu geschaffen. (Anne-Kathrin Kruse, 66)

Was Glück, aber auch, was Leid ist, hat er bitter erfahren.1642 starb seine erste und geliebte Frau Saskia. Das einzige Kind, das ihm blieb war Titus. Unverheiratet lebte er danach mit Henrike Stoffels zusammen, die 1663 starb. Sein ein und alles, sein Sohn Titus verstarb 1668. In den guten Jahren seines Lebens hatte er ein Haus in der Joddenbreestraat, unmittelbar am jüdischen Viertel. Die Juden faszinierten ihn. Als er verarmt war, zog er in die Rozengracht. Seine einzigen und wahren Freunde waren Juden und Mennoniten. Seine vierzehjährige Tochter Cornelia, die er nach dem Tode der Saskia mit seiner inzwischen ebenso verstorbenen Gefährtin Hendrickje bekam, versorgte ihn und bewahrte ihn vor dem Verhungern (nach Anne – Katrin Kruse).

Meine Augen haben den Retter gesehen … und da ist die Prophezeiung von dem Schwert, das Gott sendet und die Seele durchbohrt. Der alte Rembrandt wusste, was schlimme Schmerzen der Seele sind.

Simeon und Hanna tauchen im Neuen Testament nur ein Mal auf. Maria und Josef bringen Jesus in den Tempel nach Jerusalem.             Simeon und Hanna sind bei der Zeremonie dabei. Eher zufällig, so scheint es. Beide sind alt. Sehr alt für damalige Verhältnisse. Von Hanna heißt es, dass sie 84 Jahre alt ist. Bei Simeon wird lediglich vorsichtig angedeutet, dass er auf den Tod zugeht. Hanna ist früh Witwe geworden und hat danach nicht mehr geheiratet. Keiner von beiden hatte ein hohes Amt oder einen außergewöhnlichen Beruf. Sie waren nicht in besondere Ereignisse verwickelt. In der Öffentlichkeit sind sie nie besonders aufgefallen. So wie eben die meisten Leute. Damals wie heute.

Trotzdem muss es einen Grund geben, weshalb die beiden nicht übersehen werden. Der Evangelist Lukas hat sie nicht vergessen, sie sind bedeutend, um das zu sagen, was wichtig ist. Sie spielen zwar eine Nebenrolle. Aber damit der Hauptdarsteller seine Wirkung entfalten kann, sind sie nicht nur von Bedeutung, sondern sie sind unverzichtbar. Und der Hauptdarsteller im Neuen Testament heißt: Jesus von Nazareth.

Was die beiden alten Menschen für uns  interessant und wichtig macht, ist die Tatsache, dass sie warten können. Warten auf den Messias, auf die Rettung Israels, wie Lukas schreibt. Viele Jahre schon. Eigentlich ihr ganzes Leben lang. Sie warten, dass Gott sein Versprechen wahr macht. Und dieses Versprechen lautet: Für die Welt und für jedes Leben wird es gut ausgehen. Seht auf Jesus! Er ist mein Zeichen dafür.

Jetzt, wo Simeon und Hanna Jesus sehen, haben sie Gewissheit. Das Warten hat sich gelohnt. Ihr ganzes kleines, unbedeutendes Leben hat sich gelohnt. Was für ein Glück das für die beiden alten Leute gewesen sein mag!

Für uns heute ist Warten nicht mehr sehr attraktiv, alles muss sofort und schnell gehen. Probleme müssen erkannt und sofort gelöst werden. Im Supermarkt an der Kasse muss sofort eine zweite Kasse geöffnet werden, wenn sich eine Schlange gebildet hat. Warten so scheint es mir, ist für heutige Menschen keine Option. Aber die biblische Erzählung sagt uns etwas anderes. Warten ist von großer Bedeutung. Simeon und Hanna warten ihr ganzes Leben und am Ende hat sich dieses Warten gelohnt.

Ob das Warten in unserem Alltag sich nicht auch lohnen würde?

02.02.2019                                                                                                                                                                             Sr.M. Andrea op

 

 

Gott freut sich...

Gott freut sich…

Die ganze Adventszeit steht eigentlich unter dem Stichwort Freude. Die sich heute, in der Heiligen Nacht erfüllen möchte. Die Lesung aus dem Buch Zefanja, die wir eben gehört haben: „Juble, Tochter Zion, jauchze Tochter Israel, freue dich und frohlocke von ganzem Herzen“, und das Lied „Tochter Zion, freue dich …“, das wir im Advent und auch heute hier im Gottesdienst, so gerne singen, hat in dieser Lesung aus dem Propheten Zefanja seinen Ursprung.

Aber wenn man einmal genau in die Lesung aus dem Propheten Zefanja hineinschaut, dann merkt man doch, dass da ein ganz kleiner Akzent anders gesetzt ist. Da geht es nämlich nicht zuerst um unsere Freude, sondern es geht um die Freude Gottes. Gott freut sich. Aber worüber freut er sich? Da heißt es beim Propheten: „Gott freut sich über dich mit einer riesengroßen Freude, und er jubelt über dich.“ Jeder, der heute hier ist, darf wissen: Gott freut sich über dich. Das ist die zentrale Botschaft. Gott freut sich über dich mit einer ganz großen Freude.

Beim Propheten Jesaja heißt es einmal von Gott: „Er freut sich über dich, so wie sich der Bräutigam freut über die Braut“.

Eine solche Sehnsucht nach der Gemeinschaft mit dir, nach der Nähe mit dir, macht Gott Freude. Das gilt ohne Wenn und Aber. Es ist völlig egal, ob jemand heute hier als Kind ist oder ob er alt geworden ist, ob er Mann oder Frau ist, ob er evangelisch oder katholisch oder gar nichts ist. Gott freut sich über dich voller Freude. Das ist die Botschaft des Advent und noch mehr die Botschaft an Weihnacht, Gottes Freude über uns ist so groß, das er unser Menschsein teilt, damit wir die Freude und das Leben in Fülle erfahren.

Und wenn jetzt jemand denkt: Das kann ich mir gar nicht vorstellen. In meinem Leben gibt es so vieles was im buchstäblichen Sinne bruchstückhaft ist, worüber Gott sich gar nicht freuen kann. In meinem Leben gibt es so viel an Versagen, so viele Mängel, so manches worüber ich mich selbst nicht freuen kann, diese Liste könnten wir vermutlich bis in die Unendlichkeit füllen.

Und trotzdem gilt es: Gott freut sich über dich voller Freude. Gott sieht deine Bruchstücke, aber er sieht eben alles an dir und freut sich über dich, so wie du bist.

In der Lesung des Propheten Zefanja geht es ja auch noch weiter. Da heißt es: „Er schafft dich neu in seiner Liebe“, oder hier in unserer Übersetzung: „Er erneuert seine Liebe zu dir.“ 

Alles, was in deinem Leben nicht perfekt ist oder was bruchstückhaft ist, was es an Mängel gibt, ist für Gott kein Problem, denn schon im 1. Buch des AT im Buch Genesis, heißt es, „Gott sah alles an was er geschaffen hat und es war gut“. Er war gut, nicht vollkommen und nicht perfekt, das muss es auch nicht sein, aber gut!

Weil Gott mit seiner schöpferischen Liebe am Werk ist, darum kann er sich bedingungslos an dir freuen. Diese Freude Gottes wird mit ganz drastischen Worten ausgedrückt, das kann man im deutschen fast gar nicht übersetzen. Hier in der Einheitsübersetzung heißt es: „Er jubelt über dich und frohlockt, wie man frohlockt an einem Festtag.“ Wörtlich im Hebräischen steht da: „Er springt auf, deinetwegen, mit Jauchzen wie an Festtagen.“

Das ist nicht so eine abgeklärte Freude, dass Gott da oben auf seinem Thron sitzt mit einem Heiligenschein und sich still im Herzen freut, nein, das ist eine Freude, die sich ausdrückt: „Er springt auf, deinetwegen, in Jauchzen wie an den Tagen der Feste.“

Diese Freude, die wir auch in uns spüren können, die uns erfüllt, der Jubel, der in uns ausbricht, muss nicht nur darin bestehen, dass ich mich hinsetze, die Hände falte und mich mit einem frommen Gesicht in mich hineinfreue. Ich darf die Freude, die in mir ist hinaus rufen, noch schöner wäre es, sie mit anderen zu teilen, wie jetzt hier in diesem Gottesdienst. Deshalb ist es schön, dass Sie alle heute Abend hier sind und wir die Weihnachtsfreude teilen.

Und, Gott hat solche Freude an uns, das er uns das größte Geschenk macht, das er machen kann, seinen Sohn. Er schenkt uns seinen Sohn Jesus, das Christkind, um uns Freude zu machen, damit dieser Sohn uns Menschen zeigt, wie er, Gott, ist.

Lassen wir das ganz tief in unser Herz hinein, jetzt besonders an Weihnachten, wo er uns dieses Geschenk macht, dass pure Freude sein will, seinen Sohn: „Gott freut sich über dich mit einer riesengroßen Freude und er teilt diese Freude in Jesus mit uns, seinen Menschen.“ Und er möchte, dass diese seine Freude ansteckend ist, dass du jubeln kannst, dass du jauchzen kannst, dass du dich mitfreuen kannst mit Gott. Denn dazu ist er Mensch geworden und das feiern wir in dieser Nacht.

Dass Gott Mensch wird in einem Stall, ein Kind in der Krippe – das ist ein Geheimnis unseres Glaubens. Es ist ein Geheimnis, vor dem wir Menschen staunend stehen, staunend wie die Hirten, wie die Weisen aus dem Morgenland – staunend wie ein Kind vor dem Weihnachtsbaum. Es bleibt etwas Geheimnisvolles um dieses Fest, ein ganz eigener  Zauber. Diesen Zauber, oder besser gesagt, diese Sehnsucht dürfen wir nicht verlieren, dürfen wir nicht verkaufen, dürfen wir nicht hergeben. Es ist lebensnotwendig für uns, dass wir an Weihnachten die Kerzen anzünden, dass wir uns beschenken lassen, dass wir uns berühren lassen von diesem Kind. Wir dürfen nicht alles entzaubern. Es ist gut für unser Leben, dass wir dieses Geheimnis haben. Denn in jedem Weihnachtsfest liegt ein Zauber, der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.

26.12.2018                                                                                                                                                                             Sr.M. Andrea op

 

Nimm die neue Zeit ins Gebet

Neue Zeit

Nimm die neue Zeit

ins Gebet

sie hat es nötig

Keineswegs sind

die herrschenden Götzen

menschlicher als der alte

Gott vom Sinai

Immerhin sagt ER

– in nur zehn Worten –

wo´s lang geht. Und

wenn ER Unrecht sieht

lässt es IHN nicht kalt

Denke ich an IHN

hasse ich meine Gleichgültigkeit

und das Gerede von den

Marktgesetzen

Vor den alltäglichen Nachrichten

lese ich ein unerhörtes

Wort von der Solidarität

mit den Hilflosen

und ich erinnere mich

an das Brot in der Wüste

das für jeden Tag

WILLI BRUNERS

09.12.2018

 

 

 

 

 

Kaffeeduft liegt in der Luft

Kaffeeduft liegt in der Luft

Es ist wahr geworden, das afrikanische Versprechen. Zwei Familien aus Eritrea haben sich sehr gefreut den Gästen zu zeigen wie sie in Afrika Kaffee zubereiten, wie sie ihn genießen und welche Bedeutung das Kaffeetrinken für sie hat.

Sehr gestaunt haben wir alle, als die Frauen und ihre beiden Kinder in den Saal traten. Sie hatten sich besonders festlich gekleidet, farbenfroh und mit besonderem Kopfschmuck, den ich bisher nur bei ganz feierlichen Anlässen an ihnen gesehen habe. Die beiden Mädchen trugen weiße Kleider mit viel Spitze und Tüll. Mit dieser afrikanischen Tracht brachten sie ihre Wertschätzung für uns Gäste zum Ausdruck und entlockten uns viele „Ahh´s“ und „Ohh´s“ und zauberten Lächeln auf unsere Gesichter.

Es war ihnen eine Ehre, uns zu bewirten, das zeigten sie mit Freude. Sie ließen es an nichts fehlen. Dieweil die Frauen die Kaffeebohnen rösteten, standen die beiden Ehemänner in der Küche und brachten Maiskörner für uns zum „explodieren“. Zum Kaffee boten sie uns Popcorn an, fein gesalzen und süße und herzhafte Fladenbrote. Auch geröstete Weizenkörner und Erdnüsse durften nicht fehlen.

Mahdere begrüßte die Gäste in deutscher Sprache. Er steht nicht gern im Rampenlicht und scheut sich, vor so vielen Gästen in unserer Muttersprache zu sprechen. Ich hatte ihm den Text vorbereitet, hatte alle „ä“ und „ö“ und „ü“ vermieden, damit er die Sätze leichter aussprechen konnte. Es ist ihm wunderbar gelungen, wofür er viel Beifall erntete. Ja, er erntete – vielleicht zum ersten Mal in seinem Leben – Anerkennung und Lob von vielen Menschen für die Mühen und Anstrengungen, die ihm das Erlernen der deutschen Sprache bereitet.

Wir begangen gemäß der afrikanischen Tradition unsere Kaffeezeremonie mit einem Gebet. Inzwischen hatte Samrawit die Bohnen geröstet und ging von Gast zu Gast und ließ jeden von dem herrlichen Duft einatmen, der sich bereits im ganzen Saal ausbreitete. Dasselbe tat sie dann noch einmal mit dem frisch gemahlenen Kaffee, bevor sie diesen zum Kochen brachte.

Nach der Tradition ist es üblich, dass jeder Gast drei kleine Tassen Kaffee trinkt, wobei jede Tasse eine Bedeutung hat. Die erste Tasse, sie enthält den stärksten Kaffee, ist für die Gesundheit und dem Genuss. Sie wird sehr langsam getrunken. Die zweite Tasse hat einen sozialen Charakter. Dabei besprechen die Menschen ihren Alltag, ihre Probleme und Konflikte. Die dritte Tasse steht für den Segen, den sie sich gegenseitig zusprechen. Dabei sagen sie zueinander gute Wünsche.

Diese Art von Gemeinschaftsleben – verbunden mit dem Duft von frisch geröstetem Kaffee – hat mich sehr berührt. Dabei geht eine große Ruhe von diesen jungen Leuten aus, die mich auch in meinem Alltag immer wieder Staunen lässt. Mein Leben kommt mir daneben ziemlich „struppelig“ vor.

Seit wir zusammen in einem Haus wohnen habe ich viele Entdeckungen gemacht: über mich, über eine mir bis dahin fremde Kultur, über staunenswerte junge Menschen und über ein afrikanisch-deutsches Mädchen, für das wir seit über 18 Monaten als Tagesmütter da sind.

Nicht alle Zusammentreffen verlaufen harmonisch und konfliktfrei, nicht alle Probleme lassen sich mit einem einzigen Gespräch beseitigen. Es braucht viel langen Atem, es braucht sehr viel Zeit zum Reden. Vermutlich werden wir noch manche Tasse Kaffee zusammen trinken um unsere Gesundheit zu fördern, um unseren gemeinsamen Alltag ins Wort zu bringen und einander gute Wünsche zu zusprechen.

11.11.2018                                                                                                                                                                              Sr.M. Josefa op

Ein afrikanisches Versprechen

Ein afrikanisches Versprechen

Es sollte am Weltmissionssonntag sein, die Einladung zur afrikanischen Kaffee-Zeremonie war noch nicht veröffentlicht.                  Beim diesjährigen Thema standen die Menschen in Äthiopien im Mittelpunkt und dazu die Idee die afrikanische Kaffeezeremonie in den Blick zu nehmen.

Ich hatte große Lust, eine kleine Aktion zu diesem Anlass vorzubereiten. Und was war leichter als das, hatte ich doch schon selbst bei unseren Nachbar die eritreische Kaffeezeremonie kennen und lieben gelernt. Äthiopien und Eritrea sind Nachbarländer und kochen ihren Kaffee auf die gleiche afrikanische Weise.

Als ich unsere Nachbarin Samrawit fragte, ob sie sich vorstellen könnte die Leute in unserer Gemeinde mit ihrer heimatlichen Kaffeezubereitung bekannt zu machen, strahlte diese junge Frau über das ganze Gesicht und ich ahnte, welch eine Ehre es für sie sein musste, dies zu tun. Natürlich würden auch ihr Mann Mahdere und ihre kleine Tochter Elim an diesem Nachmittag teilnehmen.

Zwei Wochen vergingen. Als wir wieder auf den Kaffeenachmittag zu sprechen kamen und ich Mahdere fragte, ob er sich vorstellen könnte den Gästen ein wenig über seine Heimat zu erzählen, sagte er mir, dass er nun doch nicht dabei sein konnte. Er würde nach Schweden reisen; dort lebte seine Schwester, die er seit 10 Jahren nicht mehr gesehen hatte. Sie waren alle zu einer Familienfeier eingeladen. Der Anlass war die Taufe ihres Kindes.

Ganz erstaunt fragte ich Samrawit: „Und du, fährst du nicht mit?“

Da sagte sie mir: „Nein, ich habe dir versprochen Kaffee zu kochen.“

Diese Antwort vermochte ich kaum zu glauben. Tränen stiegen in mir auf. Was erlebte ich da gerade?

Dieser jungen Frau war ihr Versprechen, ihre Zusage so wesentlich, so bedeutsam, dass sie auf die Reise mit ihrem Mann verzichtete. Es ehrte sie. Und zugleich berührte sie mein Herz in seiner Tiefe.

Ich kenne sie so gut, dass ich weiß, wie sehr sie gerne reisen würde, dazu noch zu Familienangehörigen, die sie lange nicht gesehen hatte und zum Teil auch noch nicht kannte. Afrikanische Familienzugehörigkeit ist stark und bedeutet den Menschen sehr sehr viel.

Das ein gegebenes Versprechen stärker ist, hätte ich nicht für möglich gehalten. Es beschämte mich sehr, als ich spürte, dass ich in ihrer Situation zumindest versucht hätte eine alternative Lösung zu finden.

Nein, das war nicht ihre Art. Sie sagte: „Versprochen ist versprochen“

Ich konnte nicht anders und habe für den Kaffeenachmittag einen anderen Termin gesucht und gefunden.

Ihre Freude nach Stockholm reisen zu können ließ auch diesmal ihr Gesicht erstrahlen. Dankbar umarmte sie mich.

Beim Abschied flüsterte sie mir noch einmal leise und gerührt ins Ohr: DANKE, danke!

Und wieder stiegen die Tränen in mir auf. Danke, Samrawit

22. Oktober 2018                                                                                                                                                            Sr. M. Josefa op

 

Herdfeuer auf dem Ritten

Herdfeuer 2018 auf dem Ritten

Unsere Herdfeuer-Kurswoche im Haus der Familie in Südtirol stand unter dem Thema

»Das ungelebte Leben: Geschichten des Verkleidens und Versteckens«.

In einer Welt, die uns die Schöpfung näher bringt, ganz im Sinne der keltischen Erzähler, wurde uns die Möglichkeit geschenkt, den dreifachen Segen eines Herdfeuers zu entdecken und zu genießen.

Setz Dich, wärm dich, bleib bei uns, nimm teil

Ein Ort, an dem große Unterhaltungen Raum und Zeit bekommen

Ein Ort, an dem unser Geist gehegt und gepflegt wird

Die  große Befürchtung der Kelten war es, das Menschen nicht gesehen werden und nicht wahrgenommen werden. Die Bibel und die Kelten warnen uns, das Täuschen und Verstecken nicht zu Heil und Leben führen, sondern uns daran hindern, das zu leben, was wir von Gott her sind.

Wir versammelten uns in diesen Tagen um die biblischen Geschichten des Buches Genesis, sie halfen uns dem ungelebten Leben – dem verkleiden und verstecken auf die Spur zu kommen.

Dazu stiegen wir in die große Genesis-Erzählung ein, von Isaak und Rebekka, Esau und Jakob. Eine typische Verkleidungs-Geschichte: Jakob gibt sich als sein älterer Bruder Esau aus, um den Erstgeburtssegen zu erhalten. Intensiv stiegen wir ein in die vier Charaktere, um schließlich zu erkennen: Niemand hat am Ende Heil gefunden nach dieser Täuschung.

Die zweite Geschichte  erzählt von der Flucht Jakobs vor seinem Bruder Esau. Jakob flieht zu dem Bruder seiner Mutter Rebekka nach Paddan- Aram. Dort wird er um seine große Liebe Rahel betrogen. Jakob, Rahel, Lea und ihr Vater Laban zeigten uns in ihrer großen Täuschungsgeschichte, dass jedes Verkleiden und Täuschen auch eine allmähliche, nicht vorherzusehende Wirkung hat. Und wir machten die Erfahrung, dass viele Dinge des alltäglichen Lebens über Verträge geregelt werden. Aber Herzensanliegen können nie über Verträge geregelt werden. Herzensanliegen werden in einem Bund geschlossen. Das tiefste Anliegen eines Bundes ist es, Menschen zusammenzuführen und zusammen zu halten. Im Bund will ich den geliebten Menschen nicht verlieren und im Bund geht es um vergeben und verzeihen.

Eine weniger bekannte Geschichte der Täuschung ist die Erzählung von Tamar und ihrem Schwiegervater Juda. Juda gab Tamar seinem Ältesten Sohn zur Frau, der starb und der zweite Sohn Judas wurde mit Tamar vermählt, aber auch dieser starb. Um seinen jüngsten Sohn zu retten schickte Juda Tamar zu ihrem Vater zurück, mit dem Versprechen wenn der Jüngste alt genug ist wird er ihr Mann. Dieses Versprechen wurde nicht eingehalten. Jahre später bekommt Tamar durch verstecken, von ihrem Schwiegervater die Nachkommen, die ihre Zukunft sichern. Ihr Leben führt jedoch nicht ins Leben. Wir entdeckten in dieser Geschichte vielfältige Formen des Versteckens und der Täuschung. Es gab aber eine große Erkenntnis: Juda der große Stammvater bekennt seine Schuld. Er steht klar und explizit zu seiner Schuld und übernimmt die Verantwortung.

All diese Täuschungsgeschichten kommen zusammen in der Geschichte von Josef und seinen Brüdern. Sie zeigen eindeutig das sie  in der Geschichte von Josef verortet sind. Hier ging es darum, wie man wieder in einen Bund eintreten kann. Was allmählich auseinanderging, durch Rivalität und Täuschen, durch Verstecken und Verbergen, kann auch allmählich wieder in Heil verwandelt werden.

Und ohne Umkehr gibt es keine echte Versöhnung.

Am Ende dieser Tage suchten wir die Verbindung zu den Kelten und dem Thema: Das ungelebte Leben – Geschichten des Versteckens und Verkleidens

Die Kelten fragen: Was passiert wenn verstecken und verkleiden das Thema eines Menschen sind?

  • Er entfremdet sich von Gott wenn er kein Lied singen kann: Singer of the First Song
  • Er erzählt keine Geschichte: Teller oft he First Tale
  • Er hat keine Worte um Welten zu erzeugen: Weaver of Words

und dies lässt Leben ungelebt sein.

Am Abend hörten wir die große Sage »König Laurin und sein Rosengarten« von Karl Felix Wolff, die uns tief mit der Welt vertraut machte, in der wir in diesen Tagen lebten.

5. Oktober 2018                                                                                                                                                            Sr. M. Andrea op

 

Vom Geheimnis des Schweigens

Vom Geheimnis des Schweigens

Kennen Sie das: Sie befinden sich zusammen mit anderen Personen in einem Raum und niemand spricht ein Wort? Sie sitzen zu Hause am Esstisch und alle schweigen? Wir kennen vermutlich alle Situationen unangenehmen Schweigens, die wir tunlichst vermeiden, wenn es eben möglich ist.

Und da gibt es Menschen, die sich bewusst für das Schweigen entscheiden, so wie die kleine Gruppe von 7 Personen die wir in der vergangenen Woche kontemplative Exerzitien gemacht haben.

Wir kannten uns nicht und haben uns doch alle für diese gemeinsame Zeit entschieden. Wir haben uns für eine Schweigewoche entschieden – aus den unterschiedlichsten Gründen. Wir waren Menschen mit langjähriger Erfahrung im kontemplativen Gebet, Teilnehmer mit wenig Erfahrung und Hunger nach mehr… und zwei ganz unerfahrene Frauen – die eine jung und die andere bereits betagt – mit einer großen Sehnsucht im Herzen.

Wir alle wollten Schweigen und der Stille in uns Raum geben. Warum?

Als junge Ordensfrau wurde mir bewusst, das ich zwar viel mit Gott sprach, aber Gott keine Chance gab mit mir zu sprechen.  Meine Sehnsucht Gott zu hören machte mich unruhig und wuchs mehr und mehr. So fand ich den Weg zum kontemplativen Gebet, dem Herzensgebet oder auch Jesusgebt genannt. Es basiert auf den Erzählungen des russischen Pilgers und hat eine jahrhundertalte Tradition.

Nicht reden ist noch nicht schweigen. Wenn wir nicht reden machen wir vielleicht die Erfahrung, wie laut es in uns ist. Wir nehmen war, wie vielfältig und ungefragt uns unsere Gedanken beschäftigen.

In den Exerzitien (im exzertieren) üben wir, unsere Gedanken loszulassen, sie „ziehen“ zu lassen wie Wolken die am Himmel vorüberziehen. Das ist nicht so einfach wie es sich hier liest, denn viel lieber als ziehen zu lassen, wollen wir mit unseren Gedanken mitziehen, uns vielleicht sogar mal in Ruhe mit ihnen beschäftigen. Das mag sinnvoll sein, jedoch nicht wenn wir das kontemplative Gebet suchen. Im ruhigen Nachdenken werden wir das Geheimnis des Schweigens nicht erfahren.

Ganz tief darunter, so scheint es mir, ganz tief unter den vielen Gedanken beginnt das Schweigen, beginnt das Hören und das Geschehen-lassen. Dort erst wird eine Ahnung in uns wach, die an unser „Allerheiligstes“ rührt, die uns in Berührung bringt mit dem Göttlichen in uns.

Manchmal scheint es, als ob der Weg dahin verschüttet sei, als ob jede Menge „Zeug“ herumliege, das uns den Weg und den Blick versperre zum dem, was Gott in uns grund gelegt habe. Das mag so sein. Wir haben jedoch die Wahl, es dabei zu belassen oder aber uns aufzumachen um die Erfahrung zu machen, wie der Weg nach Innen mehr und mehr frei wird. Das geschieht vor allem im Schweigen, im Wahrnehmen und Zulassen dessen was da ist.

Wir hören auf das, was lautlos daher kommt: auf den nächtlichen Traum, auf das unverhoffte Berührt-sein der Natur, auf Regungen des Körpers und auf all die kleinen, unscheinbaren wortlosen Botschaften, die wir im Alltäglichen kaum beachten, weil sie unserer Aufmerksamkeit entgehen, weil es vielleicht zu laut in uns und um uns herum ist.

Eine besonders stärkende Erfahrung ist es, gemeinsam mit anderen zu schweigen. Die Gemeinschaft stützt dort, wo der Weg alleine mühsam ist, selbst dann, oder gerade weil wir schweigend miteinander unterwegs sind. Es hat mich von je her erstaunt, wie sehr im einvernehmlichen Schweigen Gemeinschaft entsteht und die Aufmerksamkeit füreinander zunimmt. Das eine verbindende Ziel macht den Weg frei für jede persönliche Erfahrung, für jeden individuellen Weg nach innen.

So waren wir eine Woche lang gemeinsam schweigend unterwegs mit unseren je eigenen Themen und unterschiedlichen Befindlichkeiten, um zu hören, wie es unserer Seele geht, um zu hören, was Gott uns in der Stille sagen wollte und um dem göttlichen Grund in uns näher zu kommen.

27. August 2018                                                                                                                                                                    Sr. M. Josefa op

 

Vom Wunder des Lebens

Vom Wunder des Lebens

… können wir Geschichten erzählen. Da hören und erleben wir in diesen Tagen über die Medien von der Rettung der 13 thailändischen Jungs, die zwei Wochen in einer Höhle eingeschlossen waren. Alle konnten befreit werden und leben! Dass dies keine Selbstverständlichkeit ist, zeigt der große Einsatz von speziell ausgebildeten Rettungskräften. Und der Tot eines ausgebildeten Spezialisten zeigt uns einmal mehr, wie es hätte für alle enden können.

Natürlich kann man mit Sachlichkeit argumentieren, natürlich lassen sich mögliche Probleme berechnen, einkalkulieren und auch verhindern und ja, vielleicht kann man in Krisensituationen sogar Unvorhersehbares mit bedenken und zu vermeiden suchen. Dort wo LEBEN gefährdet ist, besonders das menschliche Leben, werden oft ungeahnte Kräfte in uns frei.

Und da ist die junge schwer erkrankte Mutter, um deren Leben viele bangen. Eine Geschichte, die nicht an die große Öffentlichkeit gelangt. Eine Geschichte, die jedoch für die Familie und für die Freunde von unermesslicher Bedeutung ist.

Auch dort, wo Ärzte alles geben bleiben ihnen nicht selten die Hände gebunden. Sie haben keine Macht über Leben und Tod.

Und dort wo die Verbundenheit in der Familie alle gegenseitig trägt, wo der Schmerz und das Leid schier ins unerträgliche anwachsen, dort wo Menschen sich einem Schöpfergott anvertrauen, werden Kräfte frei, die LEBEN bewirken können. So habe ich es in diesen Tagen erfahren!

Ich glaube an Gott, der uns, seine Menschen, geschaffen hat, weil er unsere Lebendigkeit will, weil er will, dass wir uns immer und zu jeder Zeit für das LEBEN entscheiden. Ich glaube an den Gott des Lebens.

Als Kind habe ich ihn leichten Herzens um Dinge gebeten, die mir wichtig waren und oft kam mir die Erfüllung meiner Bitten wie ein Wunder vor. Um ein Wunder zu bitten kam mir allerdings nicht in den Sinn.

In den vergangenen Wochen war das anders. Da habe ich ihn – den Gott des LEBENS – direkt um das Wunder des Lebens für jene totkranke junge Mutter gebeten. Das mag vielleicht für manchen „unverschämt“ klingen oder gar naiv; für mich war es in dieser Situation die einzige Bitte die mir noch blieb. Und ich wusste mich mit meiner Bitte nicht allein vor Gott.

Und ich bin sehr sehr dankbar, dass unser Gott dieser jungen Frau das Leben neu geschenkt hat. JA, ich glaube an das Wunder des LEBENS.

Sr. M. Josefa

Öffne mir die Augen für das wunderbare deiner Weisung

Loslassen und Hinschauen

Vor sechs Wochen haben wir Ostern gefeiert – das Aufstehen zum Leben. In diesem Jahr habe ich mich mit der österliche Zeit schwer getan. Ich fühlte mich selber schwer. Da war wenig Leichtigkeit, wenig „barfüßige“ Freude und viel Mühe im Alltag.

Da war ich versucht, wie Maria Magdalena Jesu festzuhalten, jenen Jesus, den ich zu kennen meinte und der meinem Leben Kraft und Sinn zu geben vermag. Und es ging mir in den letzten Wochen oft so, dass ich mich schwer tat mit dem Alltag, mit der Wirklichkeit, die mich umgibt. Da waren Enttäuschungen, vergebliche Anstrengungen, unendlich viel Kleinkram und auch Ängste. Da waren körperliche und seelische Schmerzen und Grenz-Erfahrungen von Kraftlosigkeit und Unvermögen.

Solche Erfahrungen halten sich nicht an den liturgischen Kalender und so können sie uns mitten in der Osterzeit heimsuchen, wo unsere Erwartungen auf Freude und ein leichtes Herz gerichtet sind. Und in diesem Kontext, wiegen sie scheinbar noch schwerer als sie ohnehin schon sind.

Und erst als wir das Fest der Aufnahme Jesu in den Himmel feierten wurde mir bewusst, was gerade meine Herausforderung, meine Aufgabe ist: Loslassen und Hinschauen!

Die Jünger mussten jenen Jesus, den sie zu kennen meinten, der mit ihnen durch das Land zog und die Menschen heilte, endgültig loslassen. Er entschwand ihren Blicken. Er wurde vor ihren Augen emporgehoben. Eine Wolke entzog ihn ihren Blicken. Und sie starren ihm nach, richten ihren Blick unverwandt zum Himmel – ohne ihn zu sehen. Es war nichts mehr so, wie vorher. Jesu Tod und seine Auferstehung hatte alles verändert, hat ihr Leben total verändert.

Und was ist mit meinem Leben? Da muss ich meinen Blick ebenfalls wieder wenden, muss mich von meinem Wunschdenken und von meiner inneren Schwere abwenden und hinschauen auf das, was außerdem noch da ist.

Wenn ich meinen starren Blick von dem abwende, was mich lähmt und schwerfällig macht, wenn ich mich umwende und hinschaue kann ich ermutigende Lebens-Zeichen sehen. Ich spüre, wie sie mein Herz berühren und mich erfreuen. Ich spüre, dass Dankbarkeit in mir ist für das Geschenk der Freundschaft, ich nehme wahr, dass ich in diesen Tagen getragen bin von Weggefährten, die mich wohlwollend begleiten.

Es gibt Menschen, die mich erzürnen, enttäuschen, deren Verhalten mich erbost und mein Herz traurig macht. Sie lehren mich loszulassen! Es gibt Menschen, die mich sehen, mich ermutigen, mir zuhören und mir Freude und Kraft schenken, …. Sie lehren mich hinzuschauen!

Und ich entdecke wieder einmal mehr, dass unser Gott unwiderruflich DA ist, ganz gleich, wie ich „drauf“ bin, und wie andere „drauf“ sind.

Ein Gebet von Huub Oosterhuis hat mich berührt und mich ermutigt loszulassen, was mich gerade am Leben hindert:

„Ich lasse euch als Waisen nicht zurück,

versprach er, ich schicke euch den Helfer,

der euch erleuchtet, das ihr euch erinnert,

der die vergessnen Worte in euch weckt.

Komm, du Versproch´ner, tauf uns mit dem Feuer,

das in ihm aufgelodert ist, sä uns

in diese harte, hoffnungslose Welt.

Du Licht der Herzen, Vater aller Armen.

Komm, Geist, mach neu das Antlitz dieser Erde.So haben wir den Helfer angefleht.“

 

11. Mai 2018

Sr. M. Josefa op

 

 

Loslassen und Hinschauen

Loslassen und Hinschauen

Vor sechs Wochen haben wir Ostern gefeiert – das Aufstehen zum Leben. In diesem Jahr habe ich mich mit der österliche Zeit schwer getan. Ich fühlte mich selber schwer. Da war wenig Leichtigkeit, wenig „barfüßige“ Freude und viel Mühe im Alltag.

Da war ich versucht, wie Maria Magdalena Jesu festzuhalten, jenen Jesus, den ich zu kennen meinte und der meinem Leben Kraft und Sinn zu geben vermag. Und es ging mir in den letzten Wochen oft so, dass ich mich schwer tat mit dem Alltag, mit der Wirklichkeit, die mich umgibt. Da waren Enttäuschungen, vergebliche Anstrengungen, unendlich viel Kleinkram und auch Ängste. Da waren körperliche und seelische Schmerzen und Grenz-Erfahrungen von Kraftlosigkeit und Unvermögen.

Solche Erfahrungen halten sich nicht an den liturgischen Kalender und so können sie uns mitten in der Osterzeit heimsuchen, wo unsere Erwartungen auf Freude und ein leichtes Herz gerichtet sind. Und in diesem Kontext, wiegen sie scheinbar noch schwerer als sie ohnehin schon sind.

Und erst als wir das Fest der Aufnahme Jesu in den Himmel feierten wurde mir bewusst, was gerade meine Herausforderung, meine Aufgabe ist: Loslassen und Hinschauen!

Die Jünger mussten jenen Jesus, den sie zu kennen meinten, der mit ihnen durch das Land zog und die Menschen heilte, endgültig loslassen. Er entschwand ihren Blicken. Er wurde vor ihren Augen emporgehoben. Eine Wolke entzog ihn ihren Blicken. Und sie starren ihm nach, richten ihren Blick unverwandt zum Himmel – ohne ihn zu sehen. Es war nichts mehr so, wie vorher. Jesu Tod und seine Auferstehung hatte alles verändert, hat ihr Leben total verändert.

Und was ist mit meinem Leben? Da muss ich meinen Blick ebenfalls wieder wenden, muss mich von meinem Wunschdenken und von meiner inneren Schwere abwenden und hinschauen auf das, was außerdem noch da ist.

Wenn ich meinen starren Blick von dem abwende, was mich lähmt und schwerfällig macht, wenn ich mich umwende und hinschaue kann ich ermutigende Lebens-Zeichen sehen. Ich spüre, wie sie mein Herz berühren und mich erfreuen. Ich spüre, dass Dankbarkeit in mir ist für das Geschenk der Freundschaft, ich nehme wahr, dass ich in diesen Tagen getragen bin von Weggefährten, die mich wohlwollend begleiten.

Es gibt Menschen, die mich erzürnen, enttäuschen, deren Verhalten mich erbost und mein Herz traurig macht. Sie lehren mich loszulassen! Es gibt Menschen, die mich sehen, mich ermutigen, mir zuhören und mir Freude und Kraft schenken, …. Sie lehren mich hinzuschauen!

Und ich entdecke wieder einmal mehr, dass unser Gott unwiderruflich DA ist, ganz gleich, wie ich „drauf“ bin, und wie andere „drauf“ sind.

Ein Gebet von Huub Oosterhuis hat mich berührt und mich ermutigt loszulassen, was mich gerade am Leben hindert:

„Ich lasse euch als Waisen nicht zurück,

versprach er, ich schicke euch den Helfer,

der euch erleuchtet, das ihr euch erinnert,

der die vergessnen Worte in euch weckt.

Komm, du Versproch´ner, tauf uns mit dem Feuer,

das in ihm aufgelodert ist, sä uns

in diese harte, hoffnungslose Welt.

Du Licht der Herzen, Vater aller Armen.

Komm, Geist, mach neu das Antlitz dieser Erde.So haben wir den Helfer angefleht.“

 

11. Mai 2018

Sr. M. Josefa op

 

 

Oster bedeutet nicht aufgeben...

OSTERN!

Ostern bedeutet nicht aufgeben, nicht resignieren, sondern aufstehen.

Da gehen zwei der engsten Freunde Jesu enttäuscht von Jerusalem wieder nach Hause – nach Emmaus. Sie gehen weg vom Ort der Täuschung. Sie möchten mit der Vergangenheit nichts mehr zu tun haben.  Doch so ganz können sie innerlich noch keinen Abstand gewinnen, denn sie sprechen noch miteinander überall das was in den letzten Tagen geschehen war. Der Einzug Jesu in Jerusalem, das letzte Abendmahl, der Verrat, die Verurteilung und der Tod Jesu am Kreuz.

Sie teilen ihre Erfahrungen, ihre Gefühle und sie teilen die Täuschung, die Enttäuschung. Sie würden gerne verstehen, was da passiert ist und warum es passiert ist. Sie hatten doch gehofft dass ER es ist. Aber alles was sie spüren sind ihre enttäuschten Erwartungen. Darüber sprechen sie als ein Fremder sich zu ihnen gesellt. Dieser Unbekannte greift in ihr Gespräch ein und  führt das Gespräch in eine andere Richtung. Aber er hat es nicht leicht mit den beiden. Denn ihr Herz ist blind, sie erkennen nicht und verstehen nicht, was dieser Fremde ihnen erklärt. Die Trauer, die Enttäuschung sitzt sehr tief.

Doch der Fremde gibt nicht so schnell auf, er wirft ihnen vor sie wären unverständig und trägherzig. Ihr Herz ist langsam, zu träge um sich andere Möglichkeiten vorzustellen, als die gewohnten. Sie haben keine Vorstellung, dass etwas Neues, Ungewöhnliches geschieht.

Wer kann es ihnen verdenken.  Könnten wir, wenn wir das erlebt hätten, was in Jerusalem mit Jesus passiert ist, glauben dass nicht alles vorbei ist?  Das da noch was kommt?

Der Fremde ist sehr geduldig. Erst dürfen die beiden sich alles von der Seele reden, ungeschminkt, ungefiltert. Und sie beginnen mit einem Vorwurf: Bist du der Einzige der nicht weiß, was in Jerusalem passiert ist?“ Und dann erzählen sie, es sprudelt nur so aus ihnen heraus. Und dann ist die Enttäuschung wieder da, sie hatten doch alle Hoffnung auf diesen Jesus gesetzt…  er war doch ein Prophet…  sie hatten gehofft, dass er Israel erlösen wird… und jetzt ist schon der dritte Tag…

Was kann da noch kommen?

Kennen wir nicht auch solche Gefühle in unserem Leben?

Wenn alles schief läuft in meinem Leben, wenn nichts gelingt von dem was ich mir erhoffte? Oder wo ich gescheitert bin, wo alles zerbrochen ist. Diese Enttäuschung.

Der Fremde lässt die beiden Jünger reden, er nimmt sie ernst, er lässt ihre Gefühle von Hoffnungslosigkeit und Resignation zu. Aber dann konfrontiert er sie mit den Schriften, erklärt ihnen das WARUM. All das musste geschehen, weil es der Durchgang zum Leben ist. Diese Worte berühren ihr Herz, sie tun ihnen gut.

Da es Abend geworden ist, bitten sie den Fremden bei ihnen zu bleiben. Beim gemeinsamen Mahl gehen ihnen die Augen auf und sie erkennen den Auferstandenen. Sie sehen ihn mit dem inneren Auge.

Beim brechen des Brotes erkennen sie ihn und das Herz beginnt zu brennen.

„Ging er denn nicht, allmählich unser Herz erwärmend mit uns, während er zu uns sprach und uns die Schrift erschloss?

Innere Prozesse gehen nicht schnell, es geht nur allmählich. Der Glaube lebt dort weiter, wo Menschen einander erzählen, was sie erlebt haben, was sie gesehen haben und was sie erkannt haben. Auf unserem Lebensweg machen wir unsere je eigenen Erfahrungen, wenn uns die Augen auf gehen und das Herz sich allmählich erwärmt, dann begegnet uns der Auferstandene.

Und das ist Ostern,  das ist Auferstehung – wenn einer mitten im Dunkel dem Leben traut und den Schritt wagt, den Grenzübergang riskiert. Manchmal ganz allein, manchmal zu zweit, wenn ein Fremder das Herz allmählich erwärmt.

Und das ist Ostern- wenn im Dunkel der Nacht plötzlich ein Funke aufglimmt, wenn Menschen sich frierend und ein wenig verloren an einem Feuer in der Nacht treffen, wenn Worte erinnern und berühren, wenn man sich hineinnehmen lässt in das Geheimnis von Verwandlung.

Ostern geschieht immer dann, wenn ein Mensch es wagt, die Hoffnungslosigkeit und Enttäuschung auszusprechen, aus der Resignation auszusteigen, der Versuchung zu widerstehen liegen zu bleiben.

Und das geschieht oft mitten in der Nacht, ganz allein, mit viel Mut. Und es geschieht ohne öffentliches Halleluja, ohne Kirchenchor und ohne Festpredigt.

Ostern muss in mir geschehen – oder es wird nichts geschehen.

Das ist Ostern. Leise, allmählich, aber mit Herzen die brennen im Feuer unsterblicher Liebe.

Gesegnete Ostern!

Sr. M. Andrea op

01. April 2018

 

 

 

 

Mehr als alles behüte dein Herz
„Mehr als alles behüte dein Herz; denn von ihm geht das Leben aus“  (Buch der Sprüche 4,23)

Wir haben die Fastenzeit begonnen und ich gestehe, sie fordert mich jedes Jahr neu heraus. Es ist die Zeit, in der wir uns auf das Osterfest, auf das bedeutendste christliche Fest vorbereiten. Aber wie tun wir das? Mich beschäftigt häufig die Frage: Was ist für die Vorbereitung WESENTLICH? Wie kann ich mich INNERLICH vorbereiten?

An Ostern feiern wir das LEBEN! Wir feiern das Leben, das stärker ist als der Tod. Wir feiern AUF-ER-STEHUNG. Die Auferstehung JESU, ja und wir feiern, das Jesus es uns vorgelebt hat, das LEBEN.

So sehe ich die 40 Tage vor dem Osterfest als eine willkommene Einladung, mich an das LEBEN zu erinnern und mich auch in diesem Jahr wieder einzulassen, in den kommenden Wochen mein Leben in den Blick zu nehmen, wohlwollend und liebevoll.

Gerade in diesen Tagen ist mir ein erhellendes Wort aus dem Buch der Sprichwörter begegnet. Dort heißt es: „Mehr als alles behüte dein Herz; denn von ihm geht das Leben aus.“, so spricht ein Vater zu seinem Sohn. Und weiter heißt es dort: „Vermeide alle Falschheit des Mundes, und Verkehrtheit der Lippen halt von dir fern!

Mein Herz behüten, ja, diese Wort berührt mich, das ist wie Balsam für meine Seele. Hier wird mit warmen Worten von Achtsamkeit gesprochen und von Behutsamkeit. Von meinem Herzen geht das Leben aus; welch ein wunderbarer Gedanke! Und ich fühle mich eingeladen diesem Leben zu dienen, es zu schätzen und es zu schützen. Es ist nicht so, dass ich das für eine leichte Übung halte, weiß Gott nicht, jedoch für eine lohnende Aufgabe, der ich mich immer wieder stellen will.

Alles Leben ist kostbar und wertvoll. Gott hat sich sehr viel Zeit gelassen, als er Tag für Tag, eines nach dem anderen erschuf. Ich stelle mir vor, mit wieviel Bedacht er dies getan hat, mit wieviel Feingefühl er handelte und mit wieviel Liebe er das Leben betrachtet, auch heute noch.

Dem gegenüber steht der Schmerz, der entsteht, wo LEBEN zerstört wird, sowohl im Großen als auch im ganz Kleinen. Oft fügen wir uns auch selbst Schmerz zu, weil wir nicht auf unser Herz hören. Und es gibt durchaus Momente, in denen wir dies wahrnehmen und doch dabei bleiben. Was bleibt ist aber auch die Wahl und die Möglichkeit anders zu handeln.

Von unserem Herzen geht das Leben aus! Da ist mir Jesus ein guter Freund und Lehrer. Was er sagt und tut, wie er mit sich, seinen Freunden und wie er mit den Menschen umgeht die ihm begegnen, rührt mich an. Leben ist ihm nicht nur wichtig, es ist ihm offensichtlich außerordentlich kostbar.

Das bedeutet doch auch, dass mein Leben in den Augen Gott kostbar ist und es bedeutet, dass Gott mir alles ins Herz gelegt hat, damit ich daraus Leben gestalten kann.

Welch ein Geschenk?

15.02. 2018

Sr. M. Josefa op

 

 

 

 

 

Leben in Fülle

Leben in Fülle

Gib jedem Tag die Chance, der schönste deines Lebens zu sein. Diese Aufforderung des berühmten Schriftstellers Mark Twain steht – etwas anders formuliert, aber doch ähnlich – in der Bibel. Dort heißt es im Johannes Evangelium: Ich bin gekommen, damit sie das Leben haben und es in Fülle haben. Wer das Leben in Fülle hat, der hat  „schönste Tage“.

Was aber heißt Leben in Fülle?

Leben in Fülle, für mich geht es dabei um lebendigwerden.

Dankbarkeit kann in Lebendigkeit gipfeln und diese Lebendigkeit wird im Symbol des Herzens zusammengefasst. Herz bedeutet jene Mitte unseres Seins, in der Intellekt, Wille, Gefühle, Geist und Körper, Vergangenheit und Zukunft eins werden.

Momente uneingeschränkter Aufmerksamkeit, sind Augenblicke in denen wir mit Herz, Seele und Leib da sind. Ein Gefühl von Ganzheit, in denen wir uns mit allem eins fühlen.

In der Regel ist das, was uns zutiefst berührt, eine überraschend kleine Angelegenheit, ein alltägliches Ereignis, etwas das wir schon oft gemacht haben. Es scheint keinen Grund zu geben, warum es mich plötzlich so berührt, aber es geschieht.

Ja, das Alltägliche dieses Moments berührt mit außerordentlicher Macht mein Herz.

Die erstaunlichste Entdeckung ist dabei, dass in der Tiefe meines Herzens, um es mit Augustinus zu sagen: „Gott mir näher ist als ich mir selbst“.

Es ist das Herz, wo wir Gott treffen. Gott zu treffen bedeutet Leben.

Sobald ich entdecke, dass in meinem Herzen, in meiner Tiefe – meinem Seelengrund, Gott mir näher ist als ich selbst mir bin, dann bin ich in mir angekommen, Wenn das dürstende Herz den Brunnquell des Lebens in seiner Tiefe entdeckt, dann kommen wir zum Ausgangspunkt, zum Quell aller Lebendigkeit.

Es ist fast unmöglich, solche Momente an Lebendigkeit in Worte zu fassen. Aber Worte können Hinweise geben und Erinnerungen auslösen. Woran man sich zuerst erinnert ist ein tiefes Gefühl von Dankbarkeit für einen geschenkhaft gegebenen Augenblick. Wenn unser dankendes empfangen sich öffnet, dann sind wir eins. Wir antworten vom Herzen her, von jener Mitte, wo Leben und Lebendigkeit walten.

23.01. 2018

Schw. M. Andrea

 

 

 

Wenn Gott zu Besuch kommt

Wenn Gott zu Besuch kommt

meldet sie sich nicht

beim Einwohnermeldeamt an

füllt er keinen Fragebogen aus

zeigt sie keinen Ausweis

er bleibt a-nonym

damit wir vor ihm

nicht erschrecken oder

in die Knie gehen

sondern bei der Arbeit bleiben

der täglichen

uns nicht stören lassen

beim Betten der Kranken

beim Füttern der Gelähmten

dem Herzen der Kinder

wenn Gott zu Besuch kommt

kniet sie vor uns nieder

in hilfloser Gestalt

w. bruners

30.12.2017

 

 

 

Dem Göttlichen begegnen

Dem Göttlichen begegnen

Zu meinem 60. Geburtstag habe ich ein ganz besonderes Geschenk empfangen. Dieses besondere Geschenk besteht aus vielen ungezählten Geschenken.

Es begann damit, dass Menschen aus unserer Pfarrgemeinde sich darauf freuten mir bei der Ausrichtung meiner Feier zu helfen und das sehr engagiert taten. Manche waren rund um die Uhr präsent und bewirteten die Gäste vom Sektempfang bis zum Abend und übernahmen viele Aufgaben im Hintergrund.

Ich habe mir ein Fest der Begegnung gewünscht, an einer langen Tafel, mit einem Tag der offenen Tür und mit vielen lieben Menschen. Genauso ein Fest wurde mir geschenkt – und weit mehr als ich hätte träumen können.

Verschiedene erlesene Weine hatte mein Bruder mir zum Fest geschenkt. Einige Frauen haben mir tolle Suppen gekocht und feinen Nachtisch zubereitet, andere brachten wunderbare selbstgebackene Kuchen mit und am Abend genossen wir frische hausgemachte Salate. Es fehlte uns an nichts. Eine reiche Auswahl an liebevoll zubereiteten Speisen und Getränken bot sich unseren Augen. Wir saßen an einem großen Tisch und genossen die persönlichen Gaben, die viele zum Fest mitgebracht hatten, die Gespräche und die wohltuende Atmosphäre.

Etwas Besonderes an diesem Tag waren für mich all die warmen Worte, die an mein Ohr drangen und mein Herz mit Freude und Dank erfüllten.

In einer heiteren Atmosphäre saßen Menschen aus verschiedenen Orten zusammen, mit denen mich unterschiedliche Beziehungen verbinden. Allein ihr Anblick erfüllte mich mit Dankbarkeit und tief empfundener Freude.

Erst am Abend des nächsten Tages fand ich die Muße mich den vielen schriftlichen Glückwünschen und persönlichen Geschenken zu widmen. Mir strömte eine Fülle von guten Wünschen, warmen Worten und Herzenswärme entgegen. Dabei konnte ich die Tränen der Dankbarkeit und Freude nicht zurückhalten.

Was ich hier spürte, war die Summe vieler kleiner und oft alltäglicher Begegnungen der vergangenen Jahre. Diese Gesamtheit machte hörbar und sichtbar, wie kostbar jede einzelne Begegnung, jedes Gespräch und jedes noch so kleine gute Wort ist.

Mein Fest hatte nicht nur einen 2. Feiertag, wie wir es von Ostern und Weihnachten kennen, es kam einer Festwoche gleich. Jeden darauffolgenden Tag erwartete mich eine Überraschung. Von Herzen kommende Segenswünsche, Begegnungen voller Freude und liebevolle Geschenke. Ich habe so viel Wertschätzung erfahren und so viel Liebe empfangen, wie ich es mir nie hätte vorstellen können.

Ganz besonders liebevoll und wohltuend habe ich in diesen Wochen der Vorbereitung die Achsamkeit und Zuwendung meiner Mitschwester Andrea empfunden. Es gab Heimlichkeiten zwischen ihr und meiner Familie, sie strahlte eine stille Freude aus und schenkte dem Fest auf ihre Weise einen Überraschungscharakter. Ihrer Anteilnahme und ihrem unermüdlichen Engagement verdanke ich die schönsten Stunden der Vorfreude, meine Leichtigkeit beim Feiern und den wohltuenden Nachklang…

In all diesen Menschen

begegnete mir

das Göttliche

und berührte

zutiefst

mein Herz!

Welch ein Geschenk!

 

14. Dezember 2017                                                                                                                                           Sr. M. Josefa op

 

 

Abendteuer Advent

Abenteuer Advent

Wer Geheimnisse im Leben zulässt, der kann und wird was erleben.

Und so kommt es wohl auch nicht von ungefähr, dass das ursprünglich lateinische Wort „Advent“ und das englische Wort „adventure“,  auf Deutsch „Abenteuer“, auf die gleiche Sprachwurzel zurückgehen. Wer sich auf das Geheimnis der Menschwerdung Gottes einlässt, wer dem Geheimnis der Weihnacht offen gegenübersteht – der kann und wird was erleben: Abenteuer Advent.

Andererseits: Wer das Geheimnis von Weihnachten verstehen will, der braucht Advent – der braucht die Zeit, in der wir eingeladen sind, neu auf das eigene Leben zu schauen, uns neu auf das Abenteuer Leben einzulassen. Wer Weihnachten feiern will, der braucht diese Wochen, die uns daran erinnern und darauf vorbereiten wollen, was Weihnachten eigentlich für uns bedeutet. Wer Weihnachten feiern will, der braucht das Abenteuer Advent, damit Weihnachten werden kann.

Advent lässt sich nur verstehen und entsprechend gestalten, wenn man diese Zeit von hinten her buchstabiert, wenn man von Weihnachten her denkt. Und so wenig, wie Weihnachten nur ein Datum in unserem Terminkalender sein will, so wenig sind diese Wochen vor Heiligabend lediglich die Zeit vom 1. Adventsonntag bis zum 24. Dezember, so wenig sind diese Wochen nur eine Zeit der Plätzchen und des Einkaufs, von Stress und Weihnachtspost und Adventskranz und „Wir sagen euch an“ und und und….

Abenteuer Advent:

das ist warten und lauschen, ob sich in mir etwas tut,

das ist suchen und sich auf den Weg machen,

das ist mitten im Dunkel den Stern sehen und ihm trauen,

das ist träumen und wünschen, hoffen und ersehnen,

das ist sich nicht zufrieden geben mit dem, was ist,

das ist sich ausstrecken nach dem, was noch nicht ist, aber was sein könnte

das ist sehnsüchtig sein nach mehr Leben und Lebendigkeit,

das ist Ausschau halten nach Gott in meinem Leben,

das ist staunen können, wach sein, hellwach und hinschauen, hinschauen auf mein Leben, auf diese Welt, auf Gott.

Und damit fängt das Abenteuer schon an: Das Unsagbare hören, dem Unglaublichen trauen, sich aufmachen, sich auf den Weg machen.

Wer sich dem Geheimnis der Weihnacht nähert, der lässt sich ein auf das Abenteuer, auf das Abenteuer Advent….

Eine spannende und gesegnete Adventszeit

Text von: ANDREA SCHWARZ, eigentlich ist Weihnachten ganz anders – Hoffnungstexte, Verlag Herder, Freiburg 2014

03. Dezember 2017                                                                                                                                               

 

 

 

 

Von der Schale bis zum Kern

Von der Schale bis zum Kern,

so war der Brunnentag überschrieben, den wir bei Siebenquell besucht haben. Dabei ging es darum, das wahrhaft Schöne zu entdecken.

Ein ganzes Jahr lang haben wir uns fast jeden Monat getroffen, um über die SCHÖNHEIT nachzusinnen. Wir haben

die Schönheit und die Sorge um die Schöpfung angeschaut,

die Schönheit der Lebensunterweisung Gottes betrachtet,

die Schönheit von Schalom auf uns wirken lassen,

die heilende Wirkung von Schönheit erfahren,

unerwartete Orte der Schönheit gefunden,

die Schönheit der Heiligkeit und die Heiligkeit der Schönheit erlebt und

das wahrhaft Schöne entdeckt.

Zu Beginn des Jahres habe ich mich sehr gefreut, dass gerade der  SCHÖNHEIT einen so großen Raum geschenkt wurde und so viele Brunnentage Thema sein würde. Ich ahnte am Anfang noch nicht wie vielfältig die Schönheit ist.                                                              Gerade am Ende dieser Brunnentage über Schönheit steht diese markante Überschrift: Von der Schale bis zum Kern.

Für mich fast diese Formulierung zusammen, was wir über Monate hin gehört haben. Schönheit bewegt sich von außen nach innen und entfaltet sich von innen nach außen. Besonders unsere Innerlichkeit lässt uns die Schönheit erkennen, ruft sie selbst hervor und vermag Schönheit zu bewirken.

Die biblischen Erzählungen sind gefüllt mit Schönheit. Wir erkennen sie in der Schöpfung der Natur und in dem, was der Schöpfer in unser Herz gelegt hat; wir entdecken sie neu in den Lebensunterweisungen, die Gott uns, seinen geliebten Menschen ans Herz gelegt hat, damit wir das Leben in seiner ganzen Fülle wahrnehmen; und wer von uns kennt nicht die Schönheit des Friedens im eigenen Herzen, in der Familie, der Gemeinschaft, unter Freunden und im Land und der Welt in der wir leben? Schönheit vermag zu heilen was verletzt wurde, wenn wir das Schöne wie Salböl auftragen und in den unsichtbaren Bereich unseres Körpers eindringen lassen. Schönheit können wir auch dort finden, wo Schmerz, Hässlichkeit und sogar der Tod zu finden ist, weil auch an solchen Orten sich noch das Schöne zeigt in einer Geste, einem Wort, einem Blick, einer Berührung Jesu. Und die Schönheit der Heiligkeit? Sie lässt uns die Nähe Gottes im Hören erfahren. Im Hören können wir Gott in uns bewahren. Das wahrhaft Schöne, es findet sich im Innersten, im Kern eines Jeden. Dort, wo das äußere Auge nichts Schönes mehr sehen kann, vermag unsere Innerlichkeit Schönheit zu entdecken. Dort, wo wir die Stimme Gottes vernehmen: „Du bist mein geliebter Sohn, du bist meine geliebte Tochter“, dort ist die wahre Schönheit zu Hause.

Von der Schale bis zum Kern – so viel Schönheit!

Entdecken wir wieder das Schöne in unserem Leben, suchen wir, erspüren wir, trinken wir, halten wir Ausschau und lauschen wir…    Sie lässt sich überall finden, die Schönheit!

Ich bin Rosemarie Monnerjahn und Erik Riechers sehr dankbar, dass sie unsere Herzen für die Vielfalt und die Tiefe der Schönheit in den biblischen Geschichten und vielen Lebensgeschichten geöffnet haben.

15.11.2017

Sr. M. Josefa

 

 

 

Angekommen! Anegkommen?

Angekommen! Angekommen?

Es war die erfreuliche Nachricht, dass wir unser Ziel erreicht haben, als ich in Santiago etliche WhatsApps an Familienangehörige und an Freunde absetzte mit den Worten: „Wir sind angekommen!“ Das war die vielfache Botschaft. Ich habe sie so oft geschrieben, dass ich letztendlich über das Wort ANGEKOMMEN „gestolpert“ bin.

War ich wirklich angekommen?

Ja, wir hatten die Stadt erreicht, die wir erreichen wollten.

Aber was bedeutete das?

Wir waren unterwegs und sind jeden Tag an einem anderen Ort angekommen? Dann ging es am nächsten Tag wieder weiter. Und hier – am Ziel unserer Reise – war ich angekommen, wo ich hin wollte?

Schon sehr oft bin ich in meinem Leben irgendwo angekommen wo ich hin wollte, habe Ziele erreicht, die ich erreichen wollte. Orte, die auf der Landkarte festgehalten sind, lassen sich heute leicht erreichen, seien sie auch noch so weit entfernt.

Und wie ist das mit den Orten unserer Sehnsucht?

Kenne ich ihn, den Ort meiner Sehnsucht?

Wo will ich denn hin?

Auch so manchen „Sehnsuchtsort“ habe ich in meinen Leben schon erreicht. Und wenn ich eine lange oder eine kurze Weile dort gelebt habe, spürte ich in mir, dass der Weg mich weiter führte, spürte ich, dass ich noch nicht am Ziel meiner Reise angekommen war.

„Sehnsuchtsorte“ sind keine geographischen Orte, lassen sich nicht einfach bereisen um dann wieder zurückzukehren, dorthin, wo wir herkamen…

„Sehnsuchtsorte“ suche ich mir nicht einfach aus, sowie ein Urlaubsziel auf das ich Lust habe es kennenzulernen.

Sehnsucht regt sich in uns, macht uns innerlich unruhig, kommt ungefragt und verweilt oft mit großer Ausdauer und Geduld. Sie will mit den Ohren unseres Herzens gehört werden, will wahrgenommen, aufgenommen und mitgenommen werden.

Unsere Sehnsucht will uns dorthin führen, wo mehr Leben für uns ist.

Will ich dort ankommen?

24.10.2017                                                                                                                                                                    Sr.M.Josefa op

 

 

||Unterwegs mit einer Sehnsucht im Herzen||

„Unterwegs mit einer Sehnsucht im Herzen“

Es geht ums Pilgern, aber nicht im eigentlichen Sinn. Pilgern ist eben mehr als „Ich bin dann mal weg“. Menschen brechen auf, machen sich auf die Suche nach dem, was Spuren von Sinn erkennen lässt, ein Ziel für das eigene Leben, das erklären kann, warum das Leben so und nicht anders ist.

Vielleicht spüren Sie, dass es für Sie Zeit ist, aufzubrechen

Die Pilgerreise beginnt man, in dem man die Wegstrecke plant, sich vorbereitet, den Rucksack packt und los geht es. Das ist die eine  Art des Pilgerns. Die andere Art sind die Reisen, die uns das Leben selbst von Zeit zu Zeit schenkt oder aufdrängt – je nachdem, wie wir es empfinden.

Der Mensch ist ein Pilger – ob auf Jakobswegen oder auf dem Weg des Lebens. Der Weg ist ein altes Symbol menschlichen Lebens, dem wir in vielen Religionen begegnen. Soweit diese sich auf den Stifter berufen, erweist er sich als Lehrer des Weges. Buddha zum Beispiel lehrt den „achtfachen Weg“. Jesus von Nazareth bezeichnet sich selbst als Weg.

Der Weg als Metapher für mein Leben umfasst alles, was mich bewegt und bedrängt, wer mir begegnet und was mir geschieht, was ich erkunde und erleide, anstrebe und erreiche, festhalte und loslasse, zulasse und verändere. Das Leben beruht im Wesentlichen auf Erfahrungen, die ich unterwegs sammle. Im Wort „Weg“ steckt  „bewegen“. Ständig bin ich zeitlich und räumlich, äußerlich und innerlich in Bewegung. Ich sammle vielfältige körperliche, geistige und seelische Erfahrungen, während ich aufbreche, unterwegs bin, Irr- und Umwege gehe, anderen begegne, auf mein Ziel  zugehe, ankomme oder heimkehre.

Das Wort „Weg“ ist sprachlich auch mit „Sinn“ verwandt. Sich auf den Weg machen heißt: auf etwas sinnen, seinen Sinn erfahren wollen. Das Leben selbst ist ein Weg: Das Bild lädt mich als Pilger ein, mich aus erstarrtem Denken und Verhalten zu befreien, mich bewegen zu lassen von meiner Sehnsucht nach den Dingen im Leben, die für mich wesentlich sind. Auf dem Weg sein – das ist die Grunderfahrung menschlichen Lebens. Hier begegne ich Konstantem, Traditionen und Erstarrtem, aber auch Offenheit und Aufbrüchen, Veränderungen und Wandel. Letztlich kommt es auf mich an, mich zu öffnen, meinen Weg zu suchen und zu gehen.

Dem Weg als Symbol und der menschlichen Grunderfahrung des Unterwegsseins begegnen wir auch in den Erzählungen des Alten und Neuen Testaments. Für das Volk Israel war Jahwe ein „Gott des Weges“, der es begleitet (vgl. Müller, Die Seele laufen lassen). Jesus von Nazareth wurde nach langer Wanderung seiner Eltern in Bethlehem geboren. Sein öffentliches Auftreten war ein Pilgern mit seinen Freunden durch Galiläa und nach Jerusalem. Pilgernd verkündete und lebte er seine „frohe Botschaft“ vom barmherzigen und liebenden Gott. Die ersten Christen nannten sich „Menschen des Neuen Weges“. „Der Neue Weg“ – das war ihr Glaube und die Art und Weise, wie sie ihn lebten. Sie wollten damit sagen: Unsere Erfahrungen kann man nur verstehen, wenn man sich auf einen Weg begibt, sich ihm anvertraut und eigene Erfahrungen sammelt in der Gewissheit „Ich bist auf diesem Weg nicht allein, viele gehen ihn mit mir“. „Einer geht voraus: Jesus Christus…das Kennzeichen des Christusglaube ist nicht, das er ein Glaube, sondern ein Weg ist. Du kannst ihn nicht lernen und auswendig hersagen, du musst ihn gehen. Du selbst.“(J. Zink, Die goldene Schnur).

Pilgern auf Jakobswegen und Pilgern im Alltag des Lebens erfordert Mut, aufzubrechen und zu gehen. Wichtig dabei ist,  die Bereitschaft, der Natur, kulturellen Schöpfungen, anderen Menschen, mir selbst und Gott begegnen zu wollen. Die Bereitschaft, offen zu sein für diese sehr unterschiedlichen Begegnungen und all die darin enthaltenen Überraschungen, Erkenntnisse und Erfahrungen. Und die Bereitschaft, mich durch das, was in diesen Begegnungen geschieht, verwandeln zu lassen.  (vgl. Peter Müller, Komm wir pilgern)

Ich wünsche Ihnen dazu Mut, Bereitschaft, Vertrauen in sich und in Gott, Gottes Segen und einen „buen camino“ auf dem Weg des Lebens.

05. September 2017                                                                                                                                                    Sr. M. Andrea op

 

Wohn hier unter meinem Wort

Wohn hier unter meinem Wort:

eine Liedauslegung von Huub Oosterhuis

Auf der Erde soll ich wohnen,

nicht mit Schwingen wie in ein Adler

nicht im Dämmern wie die Eule,

nicht als Blume, die rasch welkt,

nicht mit Flossen unter Wasser,

nicht gejagt und nicht als Jäger,

nicht mit Hufen, nicht mit Klauen,

doch auf Füßen zwei,

um die Ferne zu erreichen,

um den Horizont zu holen –

und mit Händen, die was können:

fällen, räumen, säen, ernten;

Nase voller Lebensatem,

und ein Bauch voll mit Begehren,

mit dem Kopf nicht in den Wolken,

doch der Sonne zugewandt,

um zu übersehen die Erde,

sie zu hüten wie ein Hirte,

fürsorglich wie einen Acker,

sie bei ihrem Namen nennen.

Das ich Mensch bin auf der Erde

und nicht mehr, ein Kind von Menschen,

eins davon und eins mit allen,

groß und nichtig, wehrlos, frei –

um zum Segen füreinander

da zu sein, den Weg zu gehen,

Weg der Liebe, wo am Ende

Leben menschenwürdig ist.

08. August 2017                                                                                                                                                          Sr. M. Josefa op

||Möge deine Seele voll sein von LEBEN||

„Möge deine Seele voll sein von LEBEN“

Es war vor etlichen Jahren, als mir ein Vortrag über die keltische Spiritualität die Augen und das Herz öffneten für eine Wirklichkeit, die ich schon lange in mir spürte, jedoch nicht hätte benennen können. In diesem Vortrag erzählte der Pallottiner P. Erik Riechers von den „dünnen Stellen“ in der keltischen Spiritualität.

Die „dünnen Stellen“ sind jene Augenblicke in denen wir spüren, wie wir mit dem Himmel, mit einer größeren, einer heiligeren Welt verbunden sind. Die Kelten nennen diese Welt die „Anderswelt“. Jene Welt, zu der wir nicht so ohne weiteres einen Zugang haben und von der wir doch ahnen und auch die Erfahrung machen, dass es sie gibt.

Wenn wir beten, wenn wir segnen und wenn wir um einen Segen bitten, dann drücken wir damit aus, dass diese „Anderswelt“ für uns Wirklichkeit ist, dass wir an mehr glauben als an das, was wir mit unseren irdischen Augen sehen können.

Die Kelten glaubten, dass die Art unseres Gebets uns verändern wird. Ihre Segenssprüche sind im Volk entstanden, sie kommen von den einfachen Menschen und aus ihrem alltäglichen Leben.

„Mögest du schon am Morgen der Hilfe des Himmels gewiss sein und über den Tag in der Sicherheit leben, den rechten Weg zu gehen.“

Was mich bei den Kelten beeindruckt ist ihre Natürlichkeit mit der sie ihren Glauben zum Ausdruck bringen, dass diese Welt und die für uns unsichtbare Welt zusammengehören und wir darin leben. Sie scheuen sich nicht offen zu benennen was sie im Herzen bewegt. Nichts scheint zu banal, zu alltäglich. Im Gegenteil, sie finden wunderbare Worte für ihre Herzensanliegen, für ihre Sehnsucht und ihre Verbundenheit mit Gott.

Die keltischen Segensgebete sind entstanden, weil die Menschen glaubten, dass es eine Art des Gebetes gibt, durch die wir zum Herzen Jesu gelangen und ihm ähnlich werden.

Für uns römisch geprägte Christen ist diese Form des Segnens eher ungewohnt. Wir haben Bittgebete gelernt und auch Dankgebete. Die Bitten richten wir an Gott, an Jesus oder an die Heiligen verbunden mit der Hoffnung, dass sie erfüllt werden.

Sie Segensgebete der Kelten hören sich vielleicht an wie gute Wünsche, die wir einander sagen, jedoch gehen sie in Wirklichkeit weit darüber hinaus. Das Wort „möge“ meint nicht ein äußerliches: möge sich erfüllen was ich dir wünsche. Es ist vielmehr die Bitte, die jemand für mich an Gott richtet und die zugleich schon den Segen enthält, den dieses Worten ausdrückt. Dieser Segen birgt eine Kraft, ja eine Macht in sich, damit geschieht, damit Wirklichkeit wird, was wir segnend aussprechen. Diese Worte, geformt im eigenen Herzen, wollen ins Leben holen, was Heil bringt.

Bei den irischen Schriftsteller John O`Donohue habe ich nachstehende Gedanken gelesen:

Freundlichkeit ist eine Form von Segen Irgendetwas, tief in der menschlichen Seele scheint auf Freundlichkeit angewiesen zu sein. Sobald wir sie spüren, können wir vertrauen und uns öffnen. Wenn jemand freundlich zu einem ist, fühlt man sich verstanden und wahrgenommen. Freundlichkeit hat milde Augen; sie ist nicht kleinlich und nicht auf ihren Vorteil bedacht; sie fordert keine Gegenleistung. Freundlichkeit ist das Herz des Segens. An Segen zu glauben, bedeutet zu glauben, dass unser Hiersein in der Welt in sich schon das erste Geschenk, sozusagen der Ur-Segen, ist. Geboren zu werden bedeutet auserwählt zu sein, gesegnet zu sein. Wir werden geboren mit einer Sehnsucht nach Schönheit, Sinn, Ordnung, Kreativität, Mitgefühl und Liebe. Wir begegnen der Welt mit diesen Sehnsüchten und erwarten von ihr auf irgendeine Weise unserem Verlangen zu entsprechen. Unsere Sehnsucht weiß, dass sie ihre Erfüllung nicht erzwingen kann, dennoch erwartet sie instinktiv, dass das Ur-Wohlwollen ihr antworten wird. Dies ist die Schwelle, an der das Segnen zum Leben erwacht.

Ein Segen ist ein schützender Kreis aus Licht  Ein Segen ist ein Kreis aus Licht, der um einen Menschen gezogen wird, um ihn zu schützen, zu heilen und zu stärken. In der Welt zu sein bedeutet, fern der Ganzheit unserer Heimat zu sein. Wir sind durch Begrenztheit und Widrigkeit gefesselt. Wenn wir segnen, gelingt es uns in gewisser Weise, unsere gegenwärtigen Grenzen zu überschreiten und aus unserem Ursprung zu schöpfen. Ein Segen erweckt künftige Ganzheit. Wenn ein Segen ausgesprochen wird, öffnet sich ein Fenster in die ewige Zeit.

Das Wort „segnen“ bedeutet „mit einem Zeichen versehen“, „auszeichnen“. In dem wir etwas segnen statten wir es mit dem Zeichen des Göttlichen aus und heben es dadurch aus der Anonymität des Alltäglichen heraus. In unserer christlichen Tradition verwenden wir zum Auszeichen das Kreuzzeichen.

Unsere Sehnsucht nach dem Ewigen beflügelt unsere Vorstellungskraft zum Segnen. Unser menschliches Herz träumt von einem Zustand der Ganzheit und Unversehrtheit – von jenem Ort, wo alles zusammenkommt, wo Verlust wiedergutgemacht, Blindheit in Sehvermögen verwandelt und Schaden geheilt werden wird und wo die Mühsal unserer Lebensreise zu einer Heimkehr finden soll.

Einen Segen auszusprechen bedeutet, schon im Diesseits etwas von dieser Ganzheit auf einen Menschen herabzurufen.

20. Juli 2017

Sr. M. Josefa op

 

Die Kraft des Wortes

Die Kraft des Wortes

Wir haben sie erfahren, diese Kraft des Wortes, insbesondere des Wortes Gottes.

Vom Freitagabend bis zum Samstagnachmittag haben wir Herz und Sinne auf Erzählungen aus der Apostelgeschichte gerichtet. Dabei standen die Taufe des Äthiopiers (Apg 8), die Berufung des Paulus (Apg 9) und die Befreiung des Petrus aus dem Kerker (Apg 12) im Mittelpunkt. Sie gehören zu den Menschen des Neuen Weges, wie die ersten Christen sich nannten.

Eindrucksvoll haben wir im Bibliodrama erfahren, wie die Stimme des Boten und die Worte Jesu uns in Bewegung gebracht haben. Und auch wir selbst konnten im Bibliolog unsere Stimme dem Hofbeamten der äthiopischen Königin „leihen“

Diese Erfahrungen bleiben nicht ohne Wirkung auf unser Leben. Im Austausch hat sich gezeigt, dass unsere Erfahrungen in den biblischen Erzählungen und unser alltäglichen Leben keine getrennten Erfahrungen sind, dass wir das, was die Bibel erzählt, durchaus auch in unserem Leben kennen. Die Kraft des Wortes wird erfahrbar, dort, wo Menschen sich auf sie einlassen, dort, wo Menschen mit dem Wort Gottes ringen, suchend und fragend auf dem Weg sind.

In unserer Gruppe hat niemand gesagt, dass es leicht ist, aber es sagte auch niemand, dass es sich nicht lohnen würde sich auf das Wort Gottes einzulassen.

Im Gespräch begegnete uns noch ein anderes Wort. Es steht im Buch Deuteronomium: „Leben und Tod lege ich dir vor, Segen und Fluch. Wähle also das Leben damit du lebst!“ Dtn 30,19

Mit diesem Wort verbinde ich eine starke persönliche Erfahrung, die sich meinem Gedächtnis eingebrannt hat. Sie liegt mittlerweile fast 3 Jahrzehnte zurück. Ich war in Exerzitien und dort traf mich dieses Wort vollkommen unerwartet und schlug ein wie ein Blitz. Das Wort hat mein Leben verändert, hat ihm eine Richtung gegeben, die ich so nie gewählt hätte, nicht hätte wählen können.

Damals habe ich hautnah erfahren, was wir beim Propheten Jesaja lesen können:

„Denn wie der Regen und der Schnee vom Himmel fällt und nicht dorthin zurückkehrt, sondern die Erde tränkt und sie zum Keimen und Sprossen bringt, wie er dem Sämann Samen gibt und Brot zum Essen, so ist es auch mit dem Wort, das meinen Mund verlässt: Es kehrt nicht leer zu mir zurück, sondern bewirkt, was ich will, und erreicht all das, wozu ich es ausgesandt habe.“ Jes 55, 10-11

Gott hat auch uns die Kraft des Wortes anvertraut. Das Wort ist uns gegeben um Leben zu gestalten und dem Leben zu dienen. Auch unsere Worte bringen Wirkungen hervor. Ein gutes Wort baut auf, stärkt, ermutigt und vermag sogar unserem Leben eine andere Richtung zu geben. Menschen vermögen einander mit Worten zu trösten. Liebende werden nicht müde ihre Liebe in kreativen und erfinderischen Worten auszudrücken.

Wir kennen auch das Gegenteil: Beleidigungen, verleumderische Worte, verletzende und zerstörerische Worte bis hin zum Rufmord.

Das ist nicht Gottes Wort, nicht seine Sprache. ER steht für all das, was dem Leben dient. ER steht für das Leben! Tun wir es ihm gleich. Wählen wir Worte die lebendig machen, die stärken, ermutigen und dem Leben dienen. Wählen wir das Leben!

2. Juli 2017

Sr. M. Josefa op

 

Das Angebot des neuen Lebens annehmen

Das Angebot des neuen Lebens annehmen

Die Zeit von der Karwoche, bzw. von Ostern bis zum Pfingstfest ist eine besondere Zeit für uns Christen. Immer wieder wird in mir die Frage wach, was die kirchlich geprägten Feste mit unserem „normalen“ Leben zu tun haben. Was feiern wir, wenn wir nicht nur traditionell wiederholen wollen, was wir früher gelernt haben? Ist es nur eine Erinnerung an das was mal war oder gibt es etwas, was für mein Leben heute von Bedeutung ist?

Von Erik Riechers SAC habe ich einmal gehört, was der Rhythmus von Ostern ist:

  • Da ist der Tod, der uns lehrt, dass etwas stirbt, sterben muss
  • Ostern bedeutet nicht aufgeben, nicht resignieren, sondern aufstehen
  • Das Fest der Himmelfahrt Christi ist das Angebot des neuen Lebens und
  • Pfingsten bedeutet: Ich nehme das Angebot an.

Die Feste haben wohl sehr viel mit unserem „normalen“ Leben zu tun, denn diese vier Bewegungen kennen wir vermutlich alle in der einen oder anderen Weise.

Mit dem Sterben werden wir immer wieder konfrontiert, beim Verlust eines lieben Menschen, wenn Träume sterben, wenn Zukunftspläne zerschlagen werden oder sich Wünsche nicht erfüllen. Immer dann stirbt „etwas“ in uns.

Nicht selten fühlt sich das an wie das Ende eines Weges, oder gar eines Lebens. Die Freunde und Freundinnen Jesu mögen nach dem Tod ihres Freund und Lehrers auch so empfunden haben. Dann hörten sie, dass Jesus lebt, dass das Leben stärker ist als der Tod. Ihre Reaktionen sind so menschlich und gut nachzuvollziehen: Angst, Entsetzen, Weglaufen, sich einschließen, in den Alltag und die Arbeit flüchten.

Kennen Sie das?

In einer solch schmerzlichen Situation nicht aufgeben, nicht resignieren, sondern aufstehen, nach vorne schauen, den (Lebens-)Weg nicht aus dem Blick verlieren, das erfordert unsere ganze Kraft, dazu brauchen wir Mut. Dazu brauchen wir jene Liebe zu uns selbst, mit der wir von Gott geliebt werden, jene Liebe mit der Gott mein Leben liebt.

Auch das Fest der Himmelfahrt Christi hat eine Bedeutung für unser Leben. Jesus ließ die Freunde und Freundinnen nicht zurück, weil er sie aufgegeben hat, sondern weil er sie befähigt hatte, ihren Weg ohne ihn weiterzugehen. Doch er lässt sie nicht mittellos, nicht verwaist zurück. Er macht ihnen ein Angebot, sie sollen seinen Geist empfangen, ihn lebendig halten und daraus neues Leben gestalten.

„Wenn ich nicht fortgehe, wird der Beistand nicht zu euch kommen;

gehe ich aber, so werde ich ihn euch senden“ (Joh 16,7).

Vielleicht kenne Sie das auch: Nach dem Schmerz, der Trauer, der Resignation regt sich eine leise Stimme weiterzugehen, einen anderen Blick auf das Leben zu werfen, wird eine Kraft wach, die wir zuvor nicht kannten, regt sich neues Leben in uns. Das ist das Angebot des neuen Lebens. Trauen wir dieser inneren Stimme? Gibt es ein Leben nach dem Schmerz, dem Verlust, der Enttäuschung, den Verletzungen? Lassen wir uns auf etwas Neues ein? Lassen wir uns neu auf das Leben ein?

Pfingsten bedeutet, das Angebot des neuen Lebens anzunehmen. JA zu sagen zu dem, was ich noch nicht kenne, von dem ich (noch) nicht weiß, wie es mein Leben verändern wird. Pfingsten feiern wir unsere Offenheit, unsere Bereitschaft, unser JA zum LEBEN! Was dies für die Freunde und Freundinnen Jesu damals bedeutete lesen wir in der Apostelgeschichte und den folgenden Briefen des Neuen Testamentes. Und die Auswirkungen waren groß, sehr groß und für jeden anders. Für Petrus anders als für Paulus und für die Frauen anders als für die Männer. Jedoch: Ohne ihr persönliches JA gäbe es uns Christen heute nicht.

Was unser JA zum Angebot des neuen Lebens bedeutet, können wir nicht wissen, aber es wird dem LEBEN dienen, wie auch immer, wo auch immer, für wen auch immer. Dem LEBEN dienen lohnt sich immer!

4. Juni 2017

Sr. M. Josefa op

 

Einwärts reisen zu den ||wilden Stätten|| in uns

Einwärts reisen zu den „wilden Stätten“ in uns

Warum eine solche Reise?

Weil ich die Sehnsucht in mir spüre auf dem Weg der Innerlichkeit weiter zu wachsen, ja zu reifen, damit die Innerlichkeit Früchte trägt.

Dabei haben die „wilden Stätten“ in mir eine erstaunliche Anziehungskraft. Sie sind wie unentdecktes Land das Schätze in sich birgt.

Dorthin wollte ich reisen in den Tagen im Kloster Benediktbeuern.  Wir waren als Gruppe „auf dem Weg“. Gemeinsam traten wir diese Reise nach Innen an und zugleich „reiste“ jede und jeder für sich zu seinen persönlichen „wilden Stätten“.

Diese Reise war – wie viele Reisen – verbunden mit der Entdeckung von Schönheit der Erde und des Himmels, aber auch mit Anstrengungen und immer wieder mit großen und kleinen Entscheidungen.

  • Wollte ich mir die Mühe machen auf dem Weg zu bleiben, obwohl mir manchmal das Verstehen schwer fiel und ich die Zusammenhänge zeitweise aus dem Blick verloren hatte?
  • Konnte ich es wagen mich bis zum Ende auf den Weg einzulassen, nicht wissend was dies für meine Zukunft bedeuten würde?

Ja, ich wollte und ich konnte Schritt für Schritt auf dem gewählten Weg weitergehen und mich dem Unbekannten in mir nähern.

Es waren die Erzählungen der biblischen Menschen, Elia und sein Diener, Jakob und seine Familie, die Jünger und Jesus, die uns in diesen Tagen den Weg bahnten und uns begleiteten.

Wie den Jüngern auf dem Weg nach Emmaus geht es auch für jede/jeden von uns darum Neues zuzulassen – mich ansprechen zu lassen – stehen zu bleiben – nach und nach offen zu legen was mich bewegt und empfänglich zu sein für das Wort des anderen – den Fremden nicht einfach vorbeigehen zu lassen, sondern ihn zum Bleiben einzuladen und ihm das Brot in die Hände zu legen.

Das waren wichtige Schritte verbunden mit der Frage: Wo, wie und wann werde ich einen Schritt nach dem andern üben? Denn nur das Tun, das Üben führt mich in die Innerlichkeit. Das zumindest habe ich mit Gewissheit verstanden.

Rosemarie Monnerjahn und Erik Riechers, die Gründer von Siebenquell, dem Zentrum der narrativen Theologie und Leiter dieser Tage, legten uns noch eine weitere Möglichkeit an Herz:

Im Buch Deuteronomium (6,4-9) heißt es:

„Höre, Israel! Jahwe, unser Gott, Jahwe ist einzig.

Darum sollst du den Herrn, deinen Gott, lieben

mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit ganzer Kraft.

Diese Worte, auf die ich dich heute verpflichte,

sollen auf deinem Herzen geschrieben stehen.

Du sollst sie deinen Söhnen wiederholen.

Du sollst von ihnen reden, wenn du zu Hause sitzt und

wenn du auf der Straße gehst,

wenn du dich schlafen legst und wenn du aufstehst.

Du sollst sie als Zeichen um das Handgelenk binden.

Sie sollen zum Schmuck auf deiner Stirn werden.

Du sollst sie auf die Türpfosten deines Hauses und

in deine Stadttore schreiben.“

Das sind fünf konkrete Empfehlungen um ins Leben zu holen und lebendig werden zu lassen was in mir – in uns –  ist.

  • Das, was mir ins Herz geschrieben ist, was tief in mir verwurzelt ist, was Gott in mich hineingelegt hat, das soll ich nicht ignorieren, nicht totschweigen, nicht verheimlichen.
  • Darüber soll ich reden, es ins Wort bringen, es mit anderen teilen und es so in die Zukunft tragen.
  • Das, was mit ins Herz geschrieben ist, soll mich handlungsfähig machen, daraus darf und soll ich Leben gestalten.
  • Und mehr noch: ich darf es offen zeigen, es soll gesehen werden, wie ein Schmuckstück an meinem Körper.
  • Auf die „Türpfosten“ meines Hauses, dort wo ich ein- und ausgehe, wo ich wohne, soll es geschrieben stehen, damit ich mich daran erinnere was Gott mir ins Herz geschrieben hat,

damit ich nicht vergesse, was ich erfahren habe,

damit ich mich immer wieder daran erinnere,

damit ich ins Leben hole, was in mir ist,

damit ich integriere was meine Natur ist.

21. Mai 2017

Sr. M. Josefa op

 

 

 

Spuren von Gott - Mit Jesus in einem Boot

Spuren von Gott – Mit Jesus in einem Boot

Das war das Thema, mit dem Sr. Andrea in den vergangenen sechs Monaten 23 Kinder aus unserer Gemeinde auf ihre Erstkommunion vorbereitet hat.

Mit Staunen habe ich wahrgenommen, was in einem Boot – zusammen mit Jesus – alles passieren kann. So wie einst die Jünger, mussten auch unsere Kinder Jesus erst einmal kennen lernen und Erfahrungen sammeln um eine Ahnung zu bekommen von Gott, von dem die Menschen in der Bibel und auch Jesus immer wieder erzählte.

Und nicht anders als zur Zeit Jesu gibt es auch heute unter uns Menschen, die diese Geschichten nicht interessieren, die mit anderen Dingen beschäftigt sind und solche, die neugierig geworden sind, die mehr hören und mehr erfahren wollen von Gott und von Jesus und wie wir Freundschaft mit ihm leben können. Um mit Jesus in einem Boot zu sitzen, braucht es diese Neugier, braucht es Mut und braucht es Sehnsucht im Herzen.

Diese Vorbereitungszeit, mit ihren Höhen und Tiefen, mit ihren schmerzlichen und traurigen Erfahrungen, mit ihren berührenden und bewegenden Momenten kam mir vor, wie ein Spiegel unseres Menschseins.

Manchmal wollen wir mit Gott und der Kirche nichts zu tun haben, vielleicht weil sie uns fern unserer Lebenswirklichkeit scheinen. Manchmal werden wir berührt von einem Wort, einer Erfahrung oder einem Satz eines Kindes. Manchmal fällt es uns leicht an das Gute im Menschen und an Gott zu glauben und zu vertrauen. Ein andermal werden wir enttäuscht und fühlen uns ohnmächtig, hilflos und allein gelassen, vielleicht so sehr, dass wir mit Gott und den Menschen die an ihn glauben nichts mehr zu tun haben wollen.

So oder so ähnlich mag es auch den Jüngern ergangen sein, als sie mit Jesus im Boot auf dem See Genesareth unterwegs waren und ein heftiger Sturm aufzog. Sie kannten gute Stunden und ermutigende Erfahrungen mit Jesus. Sie hatten bereits erstaunliche und bewegende Erfahrungen mit ihm gemacht. Hier auf dem See überkamen sie Zweifel, Misstrauen, Unglauben und Todesangst.

All das gehört zu unserem Leben. All das darf sein – auch die schmerzlichen Erfahrungen. Ohne sie wären wir weniger reich, weniger reich an Erfahrungen. Und wenn wir sie vermeiden wollen – die schmerzlichen Momente – entgehen uns vermutlich ermutigende und beglückende Erfahrungen.

In der Vorbereitungszeit auf das Fest der Erstkommunion fehlte es auch an ihnen nicht. Da wurde der Vater eines Kindes schwer krank und diese Krankheit gab ihm den Anstoß wieder in die Kirche einzutreten. Die Mutter eines anderen Kindes entschied sich die Konfession ihres Mannes und der Kinder anzunehmen, weil sie sich diesem Glauben mehr verbunden fühlte. Die Eltern eines Mädchens entschieden sich zur kirchlichen Trauung und zur Taufe ihrer Kinder. eine andere Mutter stand Sr. Andrea immer wieder hilfreich zur Seite, wenn sie Hilfe brauchte. Kinder lernten beten und ihr Vertrauen in Gott veränderte sie positiv. In diesen Monaten mit Jesus in einem Boot sind Kinder innerlich gestärkt worden und gewachsen, weil Gott sich ihrer angenommen hat und weil sie sich von ihm haben berühren lassen.

Ohne die Erfahrung des Sturmes auf dem See und die damit verbundenen Ängste und Zweifel hätten die Jünger nicht die Kraft Jesu erfahren können, der den Sturm mit einem Wort zum Schweigen gebracht hat.

Ohne den Mut, vor allem die Tiefen dieser Vorbereitungszeit durchzustehen, hätte Sr. Andrea nicht die beglückenden Erfahrungen machen können, die sich vor allem am Ende dieser Vorbereitungszeit gezeigt haben. Ich bin sehr froh darüber, dass sie nicht aufgegeben hat und sehr glücklich, das sich am Ende der Sturm gelegt hat und eine ermutigende und bewegende Erfahrung zurück bleibt.

Mit Jesus im Boot zu sein bedeutet nicht, vor allem Unangenehmen und aller Not verschont zu bleiben. Es bedeutet: niemals alleine zu sein, immer einen Stärkeren an seiner Seite zu haben, einen, der uns im Blick hat, der uns ernst nimmt, der uns ermutigt, uns beisteht…

…weil er uns LIEBT!

7. Mai 2017

Sr. M. Josefa op

 

 

Wenn Jesus ein Fest feiert

Wenn Jesus ein Fest feiert

Über dem See, über seinen Wellen,

sitzt er mitten unter Menschen,

ein Bruder unter Schwestern und

Brüdern, aber auch ganz Lehrer.

Die Landschaft ist der Festsaal,

groß genug für die Feier des Lebens,

hoch genug für eine Atmosphäre,

in der alle frei atmen und

alles gesagt werden kann,

ohne Zensur und heilige Vorbehalte.

Sein Tisch ist die bloße Erde,

die ihm den Buckel hinhält,

vielleicht ein kleiner Fels,

noch kalt von der blinden Nacht,

aber breit genug und tragfähig

für ein überraschendes Menü

aus Brot und Fisch und

was sonst noch alles auf ihm liegt.

Seine Festrede hat es in sich.

Er legt den Finger in offene Wunden

ohne große Rücksicht auf Redezeit

oder spottverzerrte Gesichter

kontrollierender Theologen,

die allein zu wissen glauben

was gilt und was nicht.

Er redet dem Volk nicht

nach dem schnell urteilenden Mund.

Er überrascht mit unfrisiertem Denken,

das in den theologischen Schulen

nicht besonders gepflegt wird.

Aber die Menschen hören ihm zu,

weil sie nichts zu verlieren haben

und die Elite sich nicht für sie interessiert –

diese dumme Masse vom Land.

Er hält sich in seiner Tischrede

nicht zu lang an Versäumnissen auf.

Er braucht keine Feindbilder und Hassgegner.

Er kommt zum Kern der Sache,

zum Zentrum der Gottesrede,

die für ihn auch Menschenrede ist.

Aber das haben die Gottleute vergessen,

oder scheinen es nicht mehr zu wissen,

und so haben sie Gott, oder den Himmel,

oder seine Umschreibung,

zwar ständig im Mund, bis das Wort

nicht mehr hergibt, was es verspricht.

Alt-neu ist gott im Mund

des Propheten aus Kafarnaum,

der überzeugt davon redet,

dass es höchste Zeit ist, aufzuhören

mit dem für ihn überholten Streit,

wie sich auf den Tag des Herrn

vorzubereiten sein. Denn der Tag

so sagt er, steht vor der Türe

und lässt nicht mehr auf sich warten.

In seiner Tischrede, mitten im Grünen,

erklärt er das Gott-Fest für begonnen

und lädt alle ein, mit zu feiern

und miteinander zu teilen.

Ziemlich verrückt das Ganze

und auch nicht ungefährlich,

denn ganz koscher ist die Sache nicht,

die er da veranstaltet mit dem

Anspruch eines Gott-Gesalbten.

Für ihn haben alle einen Platz

am runden Tisch unten auf der Erde,

die keine Ehrenplätze kennt,

höchstens für die Kleinen und

Mühseligen, die an den Tischen

der Großen keinen Platz haben.

Sie sitzen alle auf Augenhöhe,

Arme und Reiche, ganz Reine und

Gesetzlose, Behinderte und Verstoßene,

Frauen und Männer, Kinder gar,

die er nicht wegschickt. Er umarmt sie,

den Staub nicht achtend, der ihnen anklebt.

Er duldet auch keine Diskussion darüber,

wer denn dazu gehört.

Diese Zeiten sind endgültig vorbei.

Das genau aber nehmen ihm die

Verantwortlichen übel und sagen:

Wir sind noch nicht soweit!

Da müssen vorher noch

einige Bedingungen erfüllt werden.

Und außerdem: Wer gibt die das Recht,

so etwas zu sagen und – schlimmer –

solche Zeichen zu setzen und zu feiern?

Ihn kümmert das nicht; er will nicht

länger warten und fängt an zu segnen:

Das Brot, den Fisch, die Kinder, Menschen.

Denn sie haben Hunger

und Durst nach einem guten Wort,

das ihre Sehnsucht nach erfülltem

Leben stärkt und sie ernst nimmt.

Am Ende bleiben – wie in den Tagen

der Wüste – zwölf Körbe übrig,

so dass am folgenden Tag,

dem Sabbat, nichts zu besorgen ist,

und das Mahl weitergehen kann,

oder überhaupt erst richtig anfängt …

Unser Brot für morgen gib uns heute,

lehrt er Menschen den Vater in den

Himmeln zu bitten, denn das Fest

Auf dem grünen Rasen soll keine

Eintagsfliege bleiben. Es ist der

Hoffnungsvolle Ernstfall und

der Beginn einer erfüllten Zeit.

Er braucht einen starken Glauben,

an dieser Vision festzuhalten,

denn hinter seinem Rücken

legen die Seinen schon Posten fest

und verteilen Plätze, die er gar nicht

zu vergeben hat …

Er hätte jetzt allen Grund,

die meisten von ihnen zu entlassen

und in die Wüste zu schicken.

Aber er ist entschlossen, mit ihnen

Den langen Weg weiter zu gehen

und mühsam zu lernen, dass auch

das Königtum Gottes aus einem kleinen,

senfkorngroßen Anfang wächst.

Dass es viel Zeit in dieser Welt

der bezahlten und erstrittenen

Ehrenplätze braucht, um seine Kraft

zu entfalten.

In Jerusalem will er den Tempel

öffnen zu einem

Haus des Gebetes für alle Völker

ohne Schlachten, ohne Blut.

Das Opfer der Lippen ist seinem Gott

Ein würdiges und angemessenes,

von allen auch bezahlbar.

Vor seinem Tod feiert er

mit den Seinen, den ängstlichen,

ein österliches Abschiedsmahl,

als die Würfel schon gefallen

und das Urteil der Priester feststeht.

Später erfahren sie seine Gegenwart

sehenden Auges und mit offenen Ohren

und glauben, dass sie selbst Leib Christi,

wenn sie tun, wie er getan, barmherzig

und reich an Vergebung.

Das Brotbrechen hat die Kirche

nicht verlernt, auch das Feiern nicht.

Aber sie tut es heute in alten,

heiligen Riten und Gewändern

und kultisch vorgeschriebenen Worten.

Prälaten haben entgegen seiner Vision

Ehrenplätze wieder eingeführt.

Am Tisch herrscht eine strenge

Ordnung, die trennt nach Tradition

und Bekenntnis, nach Priestern

und Laien. Das ist zwar nicht

in seinem Sinn, weil er für das Fest

andere Spielregeln aufgestellt,

die kein Oben und Unten kennen.

Das wissen alle. Aber noch sind es

nur Kundschafter, die über Grenzen

gehen, alte Vorurteile überwinden

und üblen Nachreden Einhalt gebieten.

Stärker wird mehr und mehr

das Hohe Lied der Einheit,

das alle Angst und Scham

vor Heimkehr in das eine Haus

des barmherzigen Vaters überwindet.

In ihm erkennen Jesus-Menschen

Einander als Schwestern, als Brüder,

auch wenn sie in vielen Sprachen reden.

Wilhelm Bruners aus seinen Buch: Zuhause in zwei Zelten

13. April 2016

 

 

Sehnsucht nach LEBEN

Sehnsucht nach LEBEN

Im Johannesevangelium (Joh 4, 1-26) finden wir die Erzählung einer Frau, die in der glühenden Mittagshitze zum Brunnen kommt um Wasser zu holen. Womit sie nicht rechnet ist, dort um diese Uhrzeit jemandem zu begegnen. Genau das will sie vermeiden.

Am Brunnen sitzt Jesus. Die beiden kommen ins Gespräch und die Fragen und Antworten, die hin und her gehen, verändern das Leben der Frau, weil Jesus ihre Sehnsucht nach LEBEN berührt. Und sie lässt sich berühren.

Jesus will die Frau nicht beschämen. Vielmehr liegt ihm daran, dass sie ihre Möglichkeiten entdeckt. Er will nicht, dass sie an der Oberfläche stehen bleibt, will nicht, dass sie hinter ihren Möglichkeiten zurückbleibt. Er gönnt ihr – und uns allen – viel mehr Leben, als wir uns selbst gönnen.

Die Themen, um die es hier geht sind

Berührungsangst – Pragmatismus – Schnelle Befriedigung – Religiöser Streit und Zank um Äußerlichkeiten – Gleichgültigkeit und Resignation

Und die Fragen, denen wir uns stellen, wollen uns von der Oberfläche in die Tiefe führen:

  • Ist mein Weg lebensspendend? Schenkt er mir Fülle? Will ich wirklich lebendiges Wasser finden? Sehne ich mich danach?
  • Suche ich Sinnfülle über das Hier und Jetzt hinaus oder begnüge ich mich mit dem Machbaren, dem Sichtbaren, dem Äußeren?
  • Bin ich bereit, mich auf Wachstum, auf Entwicklung und Veränderung einzulassen oder bin ich mit dem zufrieden, was ich sofort erreichen kann?
  • Bin ich bereit mich von äußeren Streitigkeiten zu verabschieden und für meinen Glauben, meine Beziehungen neue Möglichkeiten zu suchen. Will ich ein tiefes, inneres Leben formen und fördern?
  • Schiebe ich meine Sehnsucht nach Innerlichkeit hinaus und verschiebe ich sie auf später oder drängt es mich, in der gegenwärtigen Stunde konkret zu werden?

Lassen wir die Frau am Brunnen zu Wort kommen:

„Ich wollte nicht gesehen werden, wollte niemandem begegnen. Mein Leben war so anders verlaufen, als ich es mir gewünscht hatte. Mein Ansehen in der Dorfgemeinschaft war dahin und ich litt unter den Vorwürfen, Urteilen, dem Spott und den schrägen Blicken der anderen und noch mehr an meinen Selbstzweifeln, an der Nichterfüllung meiner Sehnsucht. Ich vermied die Begegnung mit den Andern. Und dann begegnete ich Ihm, am Brunnen, dort, wo ich mich täglich hinbegab um Wasser zu holen. Wasser ohne dass ich verdursten würde, ohne dass ich auch äußerlich unrein sein würde. Das, was dann geschah, hätte ich mir in meinen kühnsten Träumen nicht ausmalen können. Jedes Wort überschritt die Grenze des Erlaubten. Er hätte mich nicht ansprechen dürfen, mir war es verboten mit ihm zu reden. Dennoch geschah es.

Ich hatte Fragen, verstand aber seine Antworten nicht.

Und dann konnte ich es spüren, tief in meinem Herzen.

Ich kam in Berührung mit meiner Sehnsucht, a t m e t e mein Leben.

Das war mehr, als alle Antworten vermochten.

Das war wie der erste Atemzug neuen LEBENS.“

28. März 2017                                                                                                                                   Sr. M. Josefa op

 

 

 

 

Leg mein Gesicht frei - mach mich schön (2)

Leg mein Gesicht frei – mach mich schön!

Von Jahr zu Jahr stelle ich mir in der Fastenzeit die Frage: Wie will ich mich auf das große Fest, auf das Fest der Auferstehung vorbereiten? Was ist in diesem Jahr mein Anliegen?

In diesem Jahr kommt mir immer wieder dieser Vers von Huub Oosterhuis in den Sinn: „Leg mein Gesicht frei, mach mich schön….“ Er begleitet mich schon seit einigen Wochen.

„Leg mein Gesicht frei, mach mich schön“

ist meine Bitte an Gott. Es ist meine Bitte, dass Gott mir helfen möge, die zu sein, die ich von ihm her bin.

Und dann musste ich an Jesu Worte im Matthäusevangelium denken:

„Wenn ihr fastet, macht kein finsteres Gesicht wie die Heuchler… Du aber salbe dein Haar, wenn du fastest, und wasche dein Gesicht, damit die Leute nicht merken, dass du fastest…“(Mt 6,16-18)

Das Haar salben, das Gesicht reinigen, das hat etwas mit Wohltat und Wohlgeruch zu tun. Das Gesicht zu reinigen bringt Erfrischung für den Körper und auch für unsere Seele. Bei uns ist es nicht üblich, dass wir uns das Haar mit Öl schön machen. In den orientalischen Ländern ist das anders. Die Salbung mit Öl war zunächst den Königen vorbehalten. Öl ist kostbar – auch heute noch – und der Gebrauch von Öl bei den Sakramenten weist auch heute noch auf unsere Königswürde hin (Taufe, Firmung, Krankensalbung).

Wenn Jesus uns auffordert, das wir unser Gesicht reinigen und unser Haar mit Öl salben sollen, dann höre ich die Einladung, dass wir den Mut haben sollen, die zu sein, die wir von Gott her sind: seine geliebten Töchter, seine geliebten Söhne.

Als Tochter, als Sohn Gottes hat er uns mit Königswürde ausgestattet und lädt uns sein, die zu sein, die wir von ihm her sind: lebendig, kreativ, liebevoll, lebensbejahend, menschlich, zugetan, gemeinschaftsfähig, wohlwollend, wertschätzend, friedliebend…, Salz der Erde und Licht der Welt (Mt 5,13-16)!

„Macht es nicht wie die Heuchler…“, tut nicht so, als ob. Seit echt, seid ihr selbst, traut euch, wagt es! Das ist eine andere Botschaft, als die, die wir als Christen oft gelehrt wurden: Unser Licht unter den Scheffel zu stellen und uns nicht einzubilden als wären wir wer, als könnten wir in der Welt viel bewegen.

Ja, wir können viel bewegen, denn wir sind Salz und Licht. Und jede und jeder von uns kann unsere Welt heller und geschmackvoller machen, wenn wir sind, wie wir von Gott her gedacht sind. Trauen wir uns!!!

„Leg mein Gesicht frei, mach mich schön,

wer lässt die Maske, wird mich finden, ich habe Gesichter mehr als zwei.

Augen, die tasten sich durchs Blinde,Herzen aus Angst vor Angst gelähmt.

Leg mein Gesicht frei, mach mich schön, mach mich schön.

Leg mein Gesicht frei

Wer lässt die Maske, wird gefunden,

und wird sich selbst wie neu verstehn und leben,

nackt und unumwunden, von nichts und niemandem gelähmt.

Leg mein Gesicht frei, mach mich schön, mach mich schön.

16. März 2017                                                                                                                                           Sr. M. Josefa op

 

Leg mein Gesicht frei - mach mich schön

Leg mein Gesicht frei – mach mich schön!

So beginnt ein Lied von Huub Oosterhuis, dem niederländischen Theologen und Dichter. Er ist Autor zeitgenössischer geistlicher und liturgischer Texte und Lieder.

„Leg mein Gesicht frei, mach mich schön. Leg mein Gesicht frei, mach mich schön,

wer löst die Maske, wird mich finden,  ich habe Gesichter mehr als zwei.

Augen, die tasten sich durchs Blinde, Herzen aus Angst vor Angst gelähmt.

Leg mein Gesicht frei, leg mein Gesicht frei, mach mich schön, mach mich schön.

Leg mein Gesicht frei, mach mich schön. Wer lässt die Maske, wird gefunden,  und wird sich selbst wie neu verstehn und leben,

nackt und unumwunden, von nichts und niemandem gelähmt. Leg mein Gesicht frei, mach mich schön, mach mich schön.

In den Tagen der Karnevalszeit machen wir ganz bewusst das Gegenteil, wir verkleiden uns, wir schlüpfen in Rollen, die uns gefallen…

„Leg mein Gesicht frei, mach mich schön“  ist eine Bitte an Gott. Es ist die Bitte, dass Gott uns helfen möge, die zu sein, die wir von ihm her sind. Vermutlich kennen Sie das: In manchen Situationen passen wir uns an, handeln wir, wie es von uns erwartet wird. Bei bestimmten Personen wissen wir durchaus, was wir sagen können und was wir besser nicht sagen um keinen Ärger zu bekommen. Wir legen eine „Maske“ an, damit dass Gegenüber nicht erkennen kann, was wir wirklich denken oder fühlen.

Manchmal ist das durchaus in Ordnung. Es gibt jedoch auch Situationen, da fühlen wir uns dabei nicht wirklich wohl in unserer Haut.

Wenn ich meine Tränen nicht zeigen will, obwohl mir „das Wasser bis zum Hals steht“, weil ich Angst habe, das mein Ansehen darunter leidet, oder ich schweige zu ausländerfeindlichen Reden weil ich mich nicht traue öffentlich meine gegenteilige Meinung zu vertreten, aus Furcht vor vermeintlich starken Gegnern.

Wollen wir, will ich gesehen werden? Manchmal ja, manchmal nein! Es ist nicht selbstverständlich, dass wir gesehen werden wollen.

Werde ich noch geliebt, wenn ich mich zeige wie ich bin? Das ist unsere große Angst. Sie kommt durchaus von den menschlichen Erfahrungen, die wir gemacht haben, nicht gut genug zu sein.

Unsere Ängste sind keine Aussagen. Wir sagen zwar: ich bin ängstlich, aber wir sind nicht die Angst, sondern wir haben Angst. Mit der Angst ist eine Aufgabe verbunden. Wie gehe ich mit meiner Angst um? Lasse ich mich von ihr bestimmen oder suche ich Wege aus ihr heraus?

Mit wem kann ich darüber reden? Wo kann ich davon erzählen, was mich bewegt?

„Leg mein Gesicht frei, mach mich schön…“

Fortsetzung folgt

25. Februar 2017

Sr. M. Josefa op

L´Chaim

L`Chaim

Zum ersten Mal hörte ich dieses Wort in Jerusalem, als ein israelischer Bekannter mit mir anstoßen wollte. Damals hat mich dieses Wort sehr berührt und mich nicht mehr losgelassen.

Vor einiger Zeit hörte ich L`Chaim als Lied von Siegfried Fietz; im Refrain dieses Liedes heißt es:

Ich singe, ich singe, ich singe für das das Leben. Im Lied aller Lieder wird Gott sich erheben. L`Chaim, für das Leben.

Ich singe ein Lied auf das Leben, weil wir einen Gott des Lebens haben. Einen lebendigen Gott, der mir persönlich begegnen möchte, dem ich am Herzen liege. Einen Gott, der uns in Jesus sein Gesicht und sein Herz offenbart hat; ein Gott, mit dem ich reden, lachen und weinen kann; ein Gott, mit dem man leben und sterben und auferstehen kann. Dieser Gott ruft uns zu: L`Chaim- auf das Leben!

Wir alle müssen für dieses Leben einstehen und dürfen nicht Mauern und Wälle errichten. Und dieses Leben braucht eine menschliche Sprache.

Wir, Sr. Josefa und ich möchten gerne P. Erik Riechers und Rosemarie Monnerjahn von Siebenquell in Ihrem Anliegen unterstützen, L`Chaim als Leitlinie zu wählen, weil die Welt und die Kirche die besten Worte braucht. Worte, die das Leben stärken, die das Leben wertschätzen, die es inspirieren und heilen.

L`Chaim – auf das Leben!

25. Januar 2017

Sr. M. Andrea

Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne

Für mich ist der erste Januar immer ein besonderer Tag, es ist wie ein Neuanfang und der hat für mich immer etwas mit Zauber zu tun. So wie Hermann Hesse es beschreibt:

„Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, der uns beschützt und uns hilft zu leben“.

So wohnt eben auch jedem Neuen Jahr ein Zauber inne und wir dürfen der Botschaft Jesu trauen, der uns immer wieder daran erinnert, dass es die Möglichkeit gibt in all unseren Lebenssituatioes immer wieder neu anzufangen und nicht nur neu anzufangen, auch unserer Sehnsucht und unseren Träumen, Raum und Zeit zu schenken.

Das erste Wort der Bibel lautet „bereschit“ am Anfang, nicht wie wir es oft hören, im Anfang, dieser kleine Unterschied ist wesentlich. Es sagt uns, dass Gott nicht ein für alle Mal die Schöpfung erschaffen hat und gut ist, sondern ER ist weiterhin mit uns schöpferisch wirksam und jeden Tag dürfen wir dieses Urgeschenk des Lebens feiern und mitgestalten.

Denn am Anfang war nicht die Ursünde, sondern der Ursegen, der uns durch die Schöpfung in einer wunderbaren Schönheit entgegenkommt. Dieser göttliche Ursegen ist jedem von uns „am Anfang“ unseres Lebens ins Herz gelegt worden, damit wir nicht auf unsere Schwächen und Mängel reduziert werden, sondern darauf vertrauen, dass wir wachsen dürfen und dass wir das ein Leben lang entfalten können. Jetzt suche ich mein Glück; Jetzt kann und darf ich ohne Angst leben, weil ich vor Gott so sein darf wie ich bin, ich bin ihm wichtig, ER schenkt mir Wert, Würde, gibt meinem Leben Sinn und er hat mich gewollt und er liebt mich!

Gott schuf den Menschen weil er ihn träumt. (Friedrich Kittler).

Wovon träumen wir?

Einer der diese Frage für sich beantwortet hat ist im vergangenen Jahr verstorben, Schimon Peres:

„Die Menschen fürchten sich vor irgendwas… Nur Gott weiß, was mit uns allen wird. Manchmal werde ich gefragt: Wenn Sie zurückschauen, was waren Ihre größten Fehler? Und ich antworte: Wir dachten, dass wir große Träume haben. Und nun verstehen wir, dass sie gar nicht mal so groß waren. Träumt von mehr. Je grösser Euer Traum ist, desto mehr werdet Ihr erreichen.“

So liegen 365 ungeschriebene Blätter des Neuen Jahres vor mir, ein neuer Anfang. Das vergangene Jahr ist zu Ende, darunter ist ein Schlussstrich gezogen. Es beginnt etwas Neues. Das kann mit Lust und Freude verbunden sein, vielleicht auch mit Angst und Sorgen. Wie ich das neue Jahr gestalte, hängt wohl davon ab, wie ich das Leben träume. Träumen wir groß!

„Freedom is just another word for nothing left to loose…“ Es gibt viel zu gewinnen, wenn ich offen bin für diese 365 leeren Blätter des neuen Jahres.

Träumen wir groß, dann gibt es viel zu gewinnen!

Ein glückliches, gesundes, friedvolles und segensreiches Neues Jahr 2017!

01.Januar 2017

Sr. M. Andrea

Aus dem Himmel

Aus dem Himmel

Aus dem Himmel ohne Grenzen trittst du tastend an das Licht, du hast Namen und Gesicht, du bist wehrlos wie wir Menschen.

Als ein KIND bist du gekommen – noch dein Schatten macht uns blind -, unnachspürbar wie der Wind, der vorbeiweht in den Bäumen.

Wie ein FEUER vorgefunden, wie ein Stern zu uns gesandt, Spur, die weist in fremdes Land, in den Tod bist du verschwunden.

Wie ein QUELL bist du begraben, nur noch Wüste hüllt dich ein. Wird da je ein Andrer sein, wird die Erde Frieden finden?

Als ein WORT bist du gegeben, Furcht und Hoffnung in der Nacht, wie ein Schmerz, der heil uns macht, wie ein Neubeginn des Lebens.

Huub Oosterhuis

Tröstet, tröstet mein Volk, spricht euer Gott

Tröstet, tröstet mein Volk, spricht euer Gott.

Redet Jerusalem zu Herzen und verkündet der Stadt, dass ihr Frondienst zu Ende geht, dass ihre Schuld beglichen ist; denn sie hat die volle Strafe erlitten von der Hand des Herrn für all ihre Sünden.

Eine Stimme ruft: Bahnt für den Herrn einen Weg durch die Wüste! Baut in der Steppe eine ebene Straße für unseren Gott!

Jedes Tal soll sich heben, jeder Berg und Hügel sich senken. Was krumm ist, soll gerade werden, und was hügelig ist, werde eben. Dann offenbart sich die Herrlichkeit des Herrn, alle Sterblichen werden sie sehen. Ja, der Mund des Herrn hat gesprochen.

Eine Stimme sagt: Verkünde! Ich fragte: Was soll ich verkünden? Alles Sterbliche ist wie das Gras, und all seine Schönheit ist wie die Blume auf dem Feld. Das Gras verdorrt, die Blume verwelkt, wenn der Atem des Herrn darüber weht. Wahrhaftig, Gras ist das Volk. Das Gras verdorrt, die Blume verwelkt, doch das Wort unseres Gottes bleibt in Ewigkeit.

Steig auf einen hohen Berg, Zion, du Botin der Freude! Erheb deine Stimme mit Macht, Jerusalem, du Botin der Freude! Erheb deine Stimme, fürchte dich nicht! Sag den Städten in Juda: Seht, da ist euer Gott. Seht, Gott, der Herr, kommt mit Macht, er herrscht mit starkem Arm. Seht, er bringt seinen Siegespreis mit; Alle, die er gewonnen hat, gehen vor ihm her.

Wie ein Hirt führt er seine Herde zur Weide, er sammelt sie mit starker Hand. Die Lämmer trägt er auf seinem Arm, die Mutterschafe führt er behutsam. (Jesaja 40, 1-11)

Zu diesen Worten der Heiligen Schrift haben wir heute eine außergewöhnliche Predigt von unserem Freund und Bruder Erik Riechers SAC gehört.

Anlässlich einer Krankensalbung von vier lieben Menschen sind wir in unserem Kloster zusammengekommen und haben miteinander Gottesdienst gefeiert.

Dabei hat Erik Riechers uns die 12 Bilder des Trostes, die in diesem Text genannt werden, ausgelegt.

Es ist eine Botschaft Gottes an uns, seine geliebten Menschen, die mit der Aufforderung beginnt: „Redet Jerusalem zu Herzen!“ Und dann folgen die Bilder:

  • Der Frondienst ist zu Ende, das bedeutet, dass wir unsere Kraft nicht mehr in fremde Dienste und Aufgaben stecken müssen, dass wir nicht mehr für fremde Herrscher arbeiten müssen, sondern dass wir nun endlich das tun können, wonach unser Herz sich sehnt
  • Die Schuld ist beglichen, darum sind wir frei und können unsere Ressourcen für anderes gebrauchen und einsetzen
  • Wege werden bereitet, das heißt, dass es Möglichkeiten gibt Leben zu gestalten und zu werden, was wir von Gott her schon sind
  • Ein Weg durch die Wüste will uns auch in dürren, trockenen Lebensphasen Zugang zum Leben ermöglichen
  • Täler werden erhöht, will uns sagen, das die „Schlaglöscher“, die Stolperstellen unseres Lebens zugeschüttet sind und wir ungehindert auf unserem Weg weiter gehen können
  • Berge werden gesenkt, und damit die massiven Blockaden in uns beseitigt
  • Was krumm ist, soll gerade werden, damit wir den Durchblick haben und mit Klarheit und Gewissheit unseren Weg fortsetzen können ohne ängstlich bedenken zu müssen, was hinter der nächsten Kurve auf uns wartet.
  • Seht, er bringt seinen Siegespreis mit: Alle, die er gewonnen hat, gehen vor ihm her. Wären wir die Beute, würden wir hinter dem Sieger hergehen. Den Siegespreis trägt der Sieger vor sich her. Damit sagt Gott, dass wir ein Gewinn sind und dass es sich lohnt um uns zu kämpfen
  • Wie ein Hirt, führt er uns zur Weide, weil er uns stärken will und weil er uns das Beste anbietet
  • Er sammelt mit starker Hand, damit wertvolles nicht verloren geht
  • Die Lämmer trägt er auf seinem Arm, damit junges, unerfahrenes Leben nicht im Stich gelassen wird
  • Die Mutterschafe führt er behutsam, will uns sagen, was Leben trägt, hegt und pflegt wird selbst behütet und geführt

Diese Bilder zeigen Gottes außergewöhnliche Angebote an uns, seine Menschen. Wie sehr erfreut sich Gott wohl an Menschen, deren Sehnsucht, deren Hunger und Durst, so groß sind, dass sie zusammenkommen um mit ihrem Gott dieses Leben, in all seiner Gebrechlichkeit und Krankheit, zu feiern?!

Das Sakrament der Krankensalbung wurde begleitet von einer großen Vorfreude auf diesen Tag hin und von einer tiefen Freude an diesem Geschehen. Wenn es allen andern so ergeht wie mir, dann ist diese Freude, heute, am Abend dieses Tages, noch immer deutlich spürbar in ihren Herzen. Ich wünsche uns allen, dass wir das Geschenk dieses Tages in uns bewahren und davon erzählen…

Wir haben ein Geheimnis gefeiert, das Geheimnis der Begegnung zwischen Gott und seinen Menschen

08. Dezember 2016

Sr. M. Josefa op

Adventlich leben

Adventlich leben

Adventlich leben, um bereit zu sein für das, was manchmal so überraschend in unser Leben tritt, was uns anrührt und bewegt, was uns angeht und persönlich meint.

Adventlich leben, um hellwach zu sein für das, was es neu zu erkennen gilt in dieser Zeit der seltenen oder verlorengegangenen Visionen, die aber Gottes Zeit mit uns und für uns ist.

Adventlich leben, um ganz Ohr zu sein für jene, die uns von ihren Kummer und ihrer Mühsal, ihrer Hoffnung und ihren Nöten, ihrer Sehnsucht und ihrer Enttäuschung erzählen wollen.

Adventlich leben, um ganz da zu sein für den, der neu ankommen will in mir persönlich als menschenfreundlicher Gott, als vertrauenwürdiger und liebevoller Freund.

Adventlich leben, um wartend zu wachen und wachsam zu warten auf den, der sich mir neu zuwenden will im Geheimnis seiner Menschwerdung.

von Paul Weismantel

 
27.11.2016   Sr. M. Josefa op
Barmherzigkeit

Barmherzigkeit als das pulsierende Herz des Evangeliums will Wärme in unsere Welt bringen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Vor einem Jahr eröffnete Papst Franziskus das Jahr der Barmherzigkeit, nun ist es zu Ende. Ich weiß nicht wie Sie, liebe Leserinnen und Leser dieses Jahr erlebt haben, ob Sie durch eine der vielen „Heiligen Pforten“ gegangen sind, ob Sie diesem Jahr einen besonderen Akzent gegeben haben oder ob dieses Jahr – wie viele andere vor ihm – ganz „normal“ war.

Sr. M. Andrea und ich haben 9 x an einem Brunnentag von Siebenquell  teilgenommen, von dem jeder einen besonderen Aspekt der Barmherzigkeit beleuchtete.  9 x haben wir aus der Tiefe eines Brunnens Wasser des Lebens geschöpft und uns nach einem anstrengenden Tag dennoch erfrischt gefühlt. 9 x haben wir gespürt, dass Barmherzigkeit nichts mit „weichspülen“ zu tun hat, sondern eher „Knochenarbeit“ bedeutet – die nicht mit dem Jahr der Barmherzigkeit zu Ende ist.  9 x sind wir auf den Grund eines Brunnens hinabgestiegen und sind unseren Vorurteilen, unseren Ängsten, unseren Ausreden, unseren Anteilen an Gleichgültigkeit, unseren Abwertungen begegnet, nicht nur dem Nächsten gegenüber, sondern auch oft uns selbst gegenüber. Wir sind dem Leben begegnet, so wie es sich uns so oft zeigt.

Diese Themen haben wir an den 9 Brunnentagen angeschaut:

Der zweite Name der Liebe: Barmherzigkeit als das pulsierende Herz des Evangeliums

Du gehörst dazu: Die Kälte der Ablehnung auftauen

Ich höre dir zu: Die Eiszeit der Unachtsamkeit erwärmen

Ich rede gut über dich: Die Frostigkeit der üblen Nachrede abtauen lassen

Ich geh ein Stück mit dir: Die vereiste Isolation wegschmelzen

Ich teile mit dir: Die eisige Gier zum Schmelzen bringen

Ich besuche dich: Den Frost der Einsamkeit enteisen

Ich bete für dich: Die eingefrorene Vergesslichkeit entfrosten

Geh mit uns auf diesem Weg: Vinzenz Pallotti als Patron der Barmherzigkeit

Wenn das Gegenteil von Barmherzigkeit Gleichgültigkeit ist, und dass erleben wir auf der nördlichen Halbkugel immer mehr, dann ist es gut, diese Kälte und Härte zum Schmelzen zu bringen und zu erweichen.

Das Besondere an diesen Brunnentagen war für mich, immer wieder zu hören und zu erleben, wie sehr wir den Menschen von denen die Bibel erzählt, ähnlich sind. Und zugleich habe ich entdeckt, wie so ganz anders unser Gott ist. Nicht nur so ganz anders als wir Menschen, sondern auch so ganz anders als das Bild, das die Kirche von ihm zeichnet. Unser Gott sehnt sich nach uns, sucht uns, sucht das Gespräch mit uns. Wir – seine Menschen – sind für ihn das einzig Wichtige im Leben. So sehr wie Er unser LEBEN will, wie er unser Leben schützt und nährt, wie er unser Leben liebt und es uns ermöglicht, genauso sollen auch wir unser Leben und das der anderen lieben, nähren, schützen und Leben ermöglichen.

Die vielen Erzählungen der Bibel haben die Brunnentage zu einer Begegnung mit Mensch und Gott werden lassen die nachklingt und mich in meinem Alltag herausfordert. Die Geschichte Gottes mit seinen Menschen ist nicht zu Ende. Wir sind die Menschen die sie weiterleben und weitererzählen.

21.11.2016   Sr. M. Josefa op
Zeit Abschied zu nehmen

Es ist Sonntagmorgen und wir haben zurückbekommen, was man uns im März genommen hat – eine Stunde unserer Zeit. Nun haben wir sie wieder und doch heißt es Abschiednehmen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Seit einigen Wochen ist es sichtbar und deutlich spürbar geworden: Der Sommer hat sich verabschiedet. Ob wir es mögen oder auch nicht, jeden Morgen wird es jetzt ein bisschen später hell und jeden Abend ein bisschen früher dunkel. Daran ändert sich auch nichts, wenn wir die Uhr vor oder zurück drehen.

Die Jahreszeiten haben ihren eigenen Rhythmus. Er lässt sich von uns Menschen nicht beeinflussen.

Und im Herbst heißt es Abschiednehmen von den langen, hellen und warmen Tagen. Wer gerne in einem Garten arbeitet, so wie ich, der ist jetzt dabei ihn „winterfest“ zu machen. Die Ernte ist eingebracht, die meisten Blumen sind verblüht und haben ihre Samen fallen lassen. Jetzt ist die Zeit, in der die Tiere ihre Wintervorräte sammeln.

Zurückschneiden, zusammenrechen, einpacken und vor dem Frost schützen, das sind die Aufgaben, die es jetzt zu tun gilt und: immer wieder Abschied nehmen.

Ich liebe den dicken Nebel am Morgen und freue mich wie ein Kind, wenn es der Sonne gelingt durch ihn hindurch zu dringen und mein Herz mit ihren warmen Strahlen zu wärmen. Jeden Herbst spüre ich dann auch Wehmut, weil mich diese Erfahrung der Natur daran erinnert, dass etwas unwiderruflich vorbei ist. Die Zeit lässt sich nicht aufhalten, von nichts und von niemandem.

Je älter ich werde, desto mehr spüre ich, dass es mir gut tut, wenn ich bewusst Abschied nehme. Nicht das mir das leicht fallen würde, nein, ich spüre jedoch, dass ich dadurch mehr wahrnehme was gerade ist. Und ich nehme wahr, was im Abschied bleibt, was ich sozusagen als „Ernte“ mitnehme.

Was bleibt? Es ist die Dankbarkeit für jeden Tag der gewesen ist. Es bleibt die Erinnerung an leuchtende Farben, an Samen die Früchte hervorgebracht haben, an den Gesang der Vögel am Morgen und am Abend. Es bleibt die Erinnerung an die vielen Menschen, denen ich im Garten begegnet bin und die mein Herz mit Freude erfüllt haben. Es bleibt die Wärme des Herzens und die Erfahrung all dessen, was wir gelebt haben.

Und da ist noch ein ambivalentes Gefühl, wenn ich an die wilden Kaninchen denke, die so viele Pflanzen (ohne meine Einwilligung) abgefressen haben. War die Arbeit an diesen Pflanzen vergeblich?

Der Herbst erinnert mich daran, dass auch unser menschliches Leben, wie die Natur, seinem eigenen Rhythmus folgt. Wir werden geboren, wir leben eine kurze oder lange Zeit auf dieser Erde und dann müssen auch wir Abschied nehmen. Nicht weil das Leben zu Ende ist, sondern weil wir in ein anderes Leben „hineingeboren“ werden. Der Abschied von geliebten Menschen ist schmerzlich, das haben viele von uns in diesem Jahr erfahren. Und das Herz hat seinen eigenen Rhythmus des Trauerns und abschiedlich zu leben.

Die Natur lehrt uns, dass nach dem Winter ein neuer Frühling erwacht, dass die Erde neues Leben hervorbringt, immer wieder neu.

Nehmen wir Abschied in dem Bewusstsein, das Neues auf uns wartet.

Sr. M. Josefa op
Erntedank

In vielen Regionen wurden in den letzten Wochen Oktoberfeste gefeiert. Vermutlich wurde fröhlich gefeiert mit Bier und gutem Essen. Auch wir Christen feiern in diesen Tagen ein Fest, Erntedank. Wir bedanken uns beim Schöpfer der Welt für die Ernte des Jahres, für die Früchte der Erde, für alles, was uns die Natur so reichlich bietet an Nahrung aller Art; danken für die Schönheit der Schöpfung, für die Schönheit der Pflanzen, Bäume und Landschaften.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Das Erntedankfest ist ein Zeichen gegen die Gedankenlosigkeit, mit der der moderne Mensch in die vollen Regale der Supermärkte greift in der Meinung, das alles sei selbstverständlich. Gleichzeitig sehen wir in den Medien, wie viele Millionen Menschen auf unserem Globus hungern, kaum das Nötigste zum Leben haben, von Katastrophen heimgesucht werden, die ihnen die Lebensgrundlage nehmen.

Unser Gemeindeteam hat in diesem Jahr auf eine dieser Krisen, eine wie ich finde, wunderbare Antwort gegeben. Sie haben aus aktuellem Anlass der Flüchtlingskrise das Erntedankfest in diesem Jahr anders gestaltet. Sie verkauften keine Erntegaben, wie in den vergangenen Jahren, um den Erlös dann zu spenden, sondern sammelten für die Dattelner Tafel. Gesammelt wurden lang haltbare Lebensmittel wie Nudeln, Reis, Zucker, Mehl oder Konserven. Aber auch Süßigkeiten für die Kinder waren gerne gesehen. Und es war Ihnen eine Freude den Flüchtlingen und den Bedürftigen unserer Gesellschaft zu helfen.

Wir feiern Erntedank und viele Kirchen erstrahlen im bunten Schmuck: Korngarben, Weintrauben, Obst, Brot und Gemüse stehen im Altarraum. Es zeigt uns dass wir von Gott beschenkte Menschen sind. Und wir danken nicht für das „tägliche Brot“, das in unserer Kultur sowohl den Hunger als auch den Appetit auf so vielfältige Weise stillt, sondern auch für Alles, womit Gott unser Leben bereichert

Das Erntedankfest kann aber auch zu einem Tag werden, an dem der Mensch innehält und ein besonderes Augenmerk auf das legen kann, was ihm – einfach so und ohne eigenen Verdienst – geschenkt wird: von anderen Menschen und von Gott oder was ich mir auch selber schenke: ein Gebet, ein Loblied, oder einen Brief…

Erntedank, dieses Fest wurde erfunden, weil Menschen gesagt haben, “unser Leben verdanken wir Gott”. Und dass nach einer langen Zeit des Pflanzens, Wachsens und Hegens, vor dem Altar Obst und Gemüse liegen, ist das nicht ein Zeichen? Ein Zeichen an die Seele: du sollst es gut haben. Ein Zeichen von Gott: Ich will doch, dass du lebst. Und damit gebe ich Dir lieber Mensch, auch Verantwortung für die Erde in die Hand, für die Erde und für die Menschen. Du kannst diese Erde, diese Welt mit all Deinen Gaben und Talenten so vielfach gestalten, mit Deinem politischen Wissen, mit Deiner finanziellen Spende, mit Deiner Mitarbeit in der Flüchtlingshilfe, mit Deiner Kreativität, mit Deinem Rat. Meine Liebe und Großzügigkeit sollst Du weiter schenken, es bleibt Dir noch genug. Denn es ist genug für alle da!

Wir könnten Erntedank auch noch anders verstehen: den Dank für die bisherige Ernte unseres Lebens zu feiern.

Dieser Gott ist und bleibt ein großzügiger Gott, der jedoch nicht mit erhobenem Zeigefinger selbstherrlich regiert und uns ständig drangsaliert.

Auf einer Karte, die ich einmal gelesen habe, ist zum Erntedankfest ein Gedanke in Gedichtform festgehalten, der mich sehr angesprochen hat: da ist unter der Überschrift „Erntedank“ die Frage gestellt, ob wir einmal die Rechnung bezahlen müssen?

Einmal wird uns gewiss die Rechnung präsentiert
für den Sonnenschein und das Rauschen der Blätter,
die sanften Maiglöckchen und die dunklen Tannen,
für den Schnee und den Wind,
den Vogelflug, das Gras und die Schmetterlinge,
für die Luft, die wir geatmet haben und den Blick auf die Sterne,
und für all die Tage, die Abende und Nächte.

Einmal wird es Zeit, dass wir aufbrechen und bezahlen:
„die Rechnung bitte…”

Und Gott schaut und wird lachen soweit die Erde reicht und sagen:
„Ich habe euch doch eingeladen….es war mir ein Vergnügen…”

Das ist die Großzügigkeit Gottes, einer der nicht “abrechnet”, sondern schenkt. Der seine Menschen gerne zu Gast hat und der nicht müde wird uns einzuladen.

Oktober 2016
Sr. M. Andrea op
Die Wünsche des Bauern

Es war einmal ein armer chinesischer Reisbauer, der trotz all seines Fleißes in seinem Leben nicht vorwärts kam. Eines Abends begegnete ihm eine gute Fee, von dem jedes Kind weiß, dass sie den Menschen jeden Wunsch erfüllen kann. „Ich bin gekommen“, sagte die Fee, „um dir zu helfen. Ich werde dich auf den Wunschberg bringen, wo du dir aussuchen kannst, was immer du willst.“

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Und ehe er sich versah, fand sich der Reisbauer vor einem prächtigen Tor wieder. Über dem Tor stand geschrieben:  „Jeder Wunsch wird Wirklichkeit“. „Schön“, dachte der Bauer und rieb sich die Hände, „mein armseliges Leben hat nun endlich ein Ende.“ Und erwartungsvoll trat er durch das Tor. Ein weißhaariger, alter Mann stand am Tor und begrüßte den Bauern mit den Worten: „Was immer du dir wünschst, wird sich erfüllen. Aber zuerst musst du ja wissen, was man sich überhaupt alles wünschen kann. Daher folge mir!“

Der alte Mann führte den Bauern durch mehrere Säle, einer schöner als der andere. „Hier“, sprach der Weise, „im ersten Saal siehst du das Schwert des Ruhms. Wer sich das wünscht, wird ein gewaltiger General; er eilt von Sieg zu Sieg und sein Name wird auch noch in den fernsten Zeiten genannt. Willst du das?“

„Nicht schlecht“, dachte sich der Bauer, „Ruhm ist ein schöne Sache und ich  möchte zu gerne die Gesichter der Leute im Dorf sehen, wenn ich General werden würde. Aber ich will es mir noch einmal überlegen.“ Also sagte er: „Gehen wir erst einmal weiter.“ „Gut, gehen wir weiter“, sagte lächelnd der Weise. Im zweiten Saal zeigte er dem Bauern das Buch der Weisheit. „Wer sich das wünscht, dem werden alle Geheimnisse des Himmels und der Erde offenbar.“ sagte er. Der Bauer meinte: „Ich habe mir schon immer gewünscht, viel zu wissen. Das wäre vielleicht das Rechte. Aber ich will es mir noch einmal überlegen.“

Im dritten Saale befand sich ein Kästchen aus purem Gold. „Das ist die Truhe des Reichtums. Wer sich die wünscht, dem fliegt das Gold zu, ob er nun arbeitet oder nicht.“ waren die Worte des alten Mannes. „Ha!“, lachte der Bauer, „Das wird das Richtige sein. Wer reich ist, der ist der glücklichste Mensch der Welt. Aber Moment – Glück und Reichtum sind ja zwei verschiedene Dinge. Ich weiß nicht recht. Gehen wir noch weiter.“

Und so ging der Bauer von Saal zu Saal, ohne sich für etwas zu entscheiden. Als sie den letzten Saal gesehen hatten, sagte der alte Mann zum Bauern: „Nun wähle. Was immer du dir wünschst, wird erfüllt werden!“ „Du musst mir noch ein wenig Zeit lassen“, sagte der Bauer, „Ich muss mir die Sache noch etwas überlegen.“ In diesem Augenblick aber  ging das Tor hinter ihm zu und der Weise war verschwunden.

Der Bauer fand sich zu Hause wieder. Die Fee saß wieder vor ihm und sprach: „Armer Bauer, wie du sind die meisten Menschen. Sie wissen nicht, was sie sich wünschen sollen, sie wünschen sich alles und bekommen nichts. Was immer sich einer wünscht, das schenken ihm die Götter – aber der Mensch muss wissen, was er will …“ (Quelle unbekannt)

Wer hätte sich das nicht schon manchmal gewünscht: Den Besuch der guten Fee, die zu mir hereinkommt und sagt: »Drei Wünsche hast du frei. Du kannst wählen: Was wünschst du dir«? Mir ist sie leider noch nicht begegnet. Schade. Dabei ist es manchmal gar nicht so einfach und man muss sehr sorgfältig umgehen mit den Wünschen, sonst kann es einem so gehen wie dem Mann, in der Geschichte. Haben Sie auch so etwas, wie einen Wunschzettel? Was steht da drauf? Gibt es da Wünsche, die schon in Erfüllung gegangen sind, oder auch Wünsche, die sich bisher nicht erfüllt haben? Vielleicht von jedem etwas?

Dietrich Bonhoeffer behauptet einmal: »Gott erfüllt nicht alle unsere Wünsche, aber alle seine Verheißungen«. Gott erfüllt nicht alle unsere Wünsche. Vielleicht hilft uns da ein zweites Wort von Bonhoeffer. Denn für ihn ist klar: „Es gibt ein erfülltes Leben – auch mit unerfüllten Wünschen.“

„Wie viele Wünsche, die sich nicht erfüllen, wie viele Träume klanglos untergehn. Du sagts: du musst das leben vorwärts leben und rückwärts vielleicht irgendwann verstehn. wie viele Wünsche, die sich nicht erfüllen, wie viele Träume klanglos untergehn, vielleicht wird Gott einst unsre Sehnsucht stillen – bis dahin soll sein segen mit dir gehn. Das wünsch ich dir, das wünsch ich dir, das wünsch ich dir.“ Lied von R. Böhner

Von Herzen wünsche ich Ihnen, liebe Leser, ein erfülltes Leben – auch mit unerfüllten Wünschen.

Sr. M. Andrea op
im September 2016
Unterwegs

In den Sommermonaten sind wir Menschen besonders gerne und viel unterwegs. Wir genießen es mit dem Auto oder Flugzeug in andere Länder zu reisen, mit dem Rad oder zu Fuß neue Gegenden zu erwandern oder vertraute Orte aufzusuchen, mit denen wir schöne Erinnerungen verbinden.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ich war in den letzten Wochen viel mit dem Fahrrad unterwegs. Es tat gut kräftig in die Pedale zu treten und den Wind und die Sonne auf der Haut zu spüren. Am liebsten sind mir die flachen Wege, das gleichmäßige Dahinrollen. Dabei kann ich die Landschaft, die grünen Wiesen und Felder wunderbar genießen. Anstiege kosten mich viel Kraft und Mühe, sie erfordern meine Konzentration und meinen körperlichen Einsatz. Jedoch haben sie auch eine extrem schöne Seite, nämlich dann, wenn ich auf der anderen Seite des Anstiegs den Berg wieder heruntersausen kann. Da brauche ich nur lenken und vielleicht ein wenig bremsen und dabei „fliege“ ich dahin.

Ich war in den Ferien für ein paar Stunden mit dem Schiff auf einem schönen See. Sonne und Wind hatten sich wunderbar aufeinander abgestimmt und schenkten uns eine herrliche Fahrt. Ohne jede Anstrengung, ohne körperlichen Einsatz glitten wir über das Wasser und der Wind und die Sonne umgaben uns ebenso kräftig wie bei den Radtouren.

Jedoch: Wir wurden gefahren, wir fuhren nicht selbst.

Diese Erfahrung ist mit mir gegangen und hat diesen Impuls hervorgebracht.

Manchmal empfinden wir unseren Alltag auch wie etwas, das wir nicht selbst bestimmen und gestalten, als etwas, das einfach an uns geschieht. Manchmal sagen wir: Wir funktionieren. Aber hat der Alltag nicht auch die schöne Seite, das wir im „ruhigen Wasser“ dahin fahren und nicht immer und nicht alles selber steuern müssen? Wir werden gefahren, ein anderer lenkt das Schiff und sorgt dafür, dass wir sicher ans Ufer kommen.

Sehr oft habe ich in meinem Leben schon gedacht: „Dieses oder jenes Geschehen hat Gott gelenkt“ und die „Landung“ war vollkommen. Sie war nicht immer das, was ich mir gewünscht und erhofft hatte, aber sie war immer gelungen.

Liebe Leserinnen und Leser,

das Unterwegssein hilft uns, Abstand vom Alltag, vom Alltäglichen zu bekommen. Es ist mehr als dem Alltag zu entfliehen. Es ist die gesunde Distanz zu dem hin, was uns jeden Tag umgibt. Dieser Abstand kann uns helfen aus der Entfernung wahrzunehmen, was unser Leben ausmacht, womit wir uns beschäftigen und zu erspüren, ob es gut so ist, wie wir leben. In der Distanz liegt die Chance mit einem klareren Blick auf das Alltägliche zu schauen.

Und vielleicht entdecken Sie dann auch wie ich in diesen Ferien, das Geschenk des Alltags, der in seinem eigenen Rhythmus gleichmäßig dahinfließt, wie ein Schiff auf ruhiger See.

 

Sr. M. Josefa, August 2016
Der allein Gott ist

Ich beug mein Knie, mein Haupt,
ich beug mein Herz
vor ihm, der unser Vater ist,
unser Erfinder, unser Geliebter,
unser Schöpfer –

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

nach dem sich richten,
an dem sich volltrinken muss:
jeder Mensch,
der Vater, Quelle, Anfang sein will
in dieser Welt –

jeder, der barmherzig,
mitteilsam und gut
sein will.

Weil er es ist,
wird er / möge er
uns geben:

eine unzerstörbare Seele,
einen Innenraum aus Lebensatem,
Keime der Kraft zu überleben –

und das der Zukunftsmensch
das Herz uns durch und durch
bewohnen soll,
der Menschensohn, der Morgenstern,
Jesus Messias.

Dass wir beständig
und verlässig seinen,
verwurzelt in der Liebe,
unterfangen von Liebe.

Wären wir doch imstande
zu verstehen,
mit all den andern,
die von ihm
betroffen sind,
wo immer auf der Welt,
wie lang und breit die Liebe ist,
wie hoch die Liebe reicht,
wie tief ihr Abgrund ist.

Möchten wir doch begreifen,
wer er ist,
der unser Begreifen übersteigt:
der Zukunftsmensch,
dann wären wir
von Gott erfüllt.
Der in uns wirkt und gärt,
Beseeler unserer Seele,
der unvorstellbar mehr
aus uns machen kann,
unmöglich
viel mehr, als wir
erwarten und auch nur
fragen können:

der allein Gott ist,
der Felsen, der uns trägt,
das Licht, das uns durchscheint,
die Luft, in der wir atmen.

nach Epheser 3, 14-21
von Huub Oosterhuis